Für die Weltwirtschaft wäre ein protektionistischer Kurs Amerikas fatal. Ohnehin läuft die globale Konjunktur nur noch stockend. Die Welthandelsorganisation WTO revidierte Ende September ihre Wachstumsprognose für 2016 von 2,8 auf 1,7 Prozent nach unten. Dies wäre der niedrigste Wert seit der Finanzkrise 2009.
Bremst Trump die Importe durch Zölle oder Importkontingente, kommt die weltweite Arbeitsteilung, ein Motor des globalen Wohlstands, weiter ins Stocken. Als größte Volkswirtschaft der Welt sind die USA ein wichtiger Absatzmarkt für Unternehmen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus Lateinamerika, Kanada und Asien. Bei einer Abschottung leiden zudem nicht nur die direkten Exporte, sondern auch die Lieferungen von Maschinen und Vorleistungsgüter an Drittstaaten, die damit Exportgüter für die USA produzieren.
Gerade für eine Exportnation wie Deutschland steht daher viel auf dem Spiel, wenn Trump in den nächsten Monaten eine härtere Gangart gegenüber ausländischen Produzenten einschlägt. Deutschland erwirtschaftet rund 45 Prozent seiner Wirtschaftsleistung durch die Ausfuhr von Waren und Diensten – und die USA sind mittlerweile der wichtigste Auslandsmarkt. In den vergangenen sechs Jahren legten unsere Ausfuhren nach Amerika um 73 Prozent zu, fast dreimal so kräftig wie die gesamten Exporte. Allein 2015 gingen Güter für knapp 114 Milliarden Euro über den Atlantik (siehe Grafik), das sind zehn Prozent der Gesamtexporte.
Treibstoffs des Handelsbooms war vor allem der schwache Euro. Seit der Euro-Krise hat er rund ein Viertel seines Wertes gegenüber dem US-Dollar verloren. Produkte made in Germany wurden so für Amerikaner erschwinglicher. Davon haben vor allem die Hersteller von Autos und Autoteilen profitiert, auf die knapp ein Drittel der deutschen US-Exporte entfallen, gefolgt von Maschinen (15,5 Prozent) und Pharmaprodukten (11,8 Prozent). Bei einigen kleineren Branchen sind die US-Exportanteile noch höher, etwa bei den Hersteller von Wasserfahrzeugen (29 Prozent) oder der Waffenindustrie (27 Prozent) leiden.
Doch auch an der Währungsfront droht nun Gegenwind: Zur neo-merkantilistischen Wirtschaftspolitik Trumps gehört nicht zuletzt ein schwacher Dollar. Der aber verteuert deutsche Waren in den USA und senkt die Nachfrage. Ein „Double Whammy“ aus schwachem Dollar und mehr Protektionismus dürfte mithin hässliche Spuren in den deutsch-amerikanischen Handelsstatistiken hinterlassen – und könnte am Ende sogar deutsche Arbeitsplätze bedrohen. „Am US-Export hängen in Deutschland mehr als eine Million Jobs. Weitere 630.000 deutsche Arbeitsplätze befinden sich in Betrieben, die von US-Firmen kontrolliert werden“, sagt Gabriel Felbermayr, Außenwirtschaftsexperte des Münchner ifo Instituts.
Trumps wirtschaftspolitische Pläne
Trump will für mehr Wachstum in der US-Wirtschaft sorgen. „Bessere Jobs und höhere Löhne“, lautet eines seiner Kernziele. Der Immobilien-Unternehmer will die Staatsschuldenlast der USA von fast 19 Billionen Dollar abbauen. Er bezeichnet die Schuldenlast als unfair gegenüber der jungen Generation und verspricht: „Wir werden Euch nicht damit alleine lassen“. Defiziten im Staatshaushalt will er ein Ende bereiten.
Trump hat umfangreiche Steuersenkungen sowohl für die Konzerne als auch für Familien und Normalverdiener angekündigt. Er spricht von der größten „Steuer-Revolution“ seit der Reform von Präsident Ronald Reagan in den 1980er Jahren. Wer weniger als 25.000 Dollar im Jahr verdient, soll dank eines Freibetrages künftig gar keine Einkommensteuer mehr zahlen. Den Höchstsatz in der Einkommensteuer will er von momentan 39,6 Prozent auf 33 Prozent kappen. Ursprünglich hatte er eine Absenkung auf 25 Prozent in Aussicht gestellt. Die steuerliche Belastung für Unternehmen will Trump auf 15 Prozent von bislang 35 Prozent vermindern. Das soll US-Firmen im internationalen Wettbewerb stärken. Firmen, die profitable Aktivitäten aus dem Ausland nach Amerika zurückholen, sollen darauf eine Steuerermäßigung erhalten. Die Erbschaftsteuer will der Republikaner ganz abschaffen. Eltern sollen in größerem Umfang Kinderbetreuungs-Ausgaben steuerlich absetzen können.
Trump verspricht, der „größte Job-produzierende Präsident“ der USA zu werden, „den Gott jemals geschaffen hat“. Bereits als Unternehmer habe er Zehntausende neue Stellen geschaffen.
Um amerikanische Arbeitsplätze zu sichern, will Trump die Zölle auf im Ausland hergestellte Produkte anheben und die US-Wirtschaft insgesamt stärker gegen Konkurrenz aus dem Ausland schützen. China, aber auch Mexiko, Japan, Vietnam und Indien wirft Trump beispielsweise vor, die Amerikaner „auszubeuten“, indem sie ihre Währungen zum Schaden von US-Exporten abwerten und manipulieren.
Das angestrebte transatlantische Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP) lehnt Trump ab. Für ihn schadet ein freierer Zugang der Europäer zum US-Markt – vor allem zum staatlichen Beschaffungsmarkt – den amerikanischen Firmen. Das geltende Nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta will er neu verhandeln, die TPP-Handelsvereinbarung mit asiatischen Staaten aufkündigen. Trump setzt generell anstatt auf multilaterale Handelsabkommen, etwa im Rahmen der Welthandelsorganisation, auf bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen Staaten und Wirtschaftsräumen.
Die Handelsbeziehungen zu China, der nach den USA zweitgrößten Wirtschaftsmacht weltweit, will Trump grundlegend überarbeiten. Er wirft der Volksrepublik vor, ihre Währung künstlich zu drücken, um im Handel Vorteile zu erlangen. Er will das Land daher in Verhandlungen zwingen, damit Schluss zu machen. Auch „illegale“ Exportsubventionen soll die Volksrepublik nicht mehr zahlen dürfen. Verstöße gegen internationale Standards in China sollen der Vergangenheit angehören. Mit all diesen Maßnahmen hofft er, Millionen von Arbeitsplätzen in der US-Industrie zurückzugewinnen.
In der Energie- und Klimapolitik hat Trump eine Kehrtwende angekündigt. Er will die USA von den ehrgeizigen Klimaschutzvereinbarungen von Paris abkoppeln, die Umwelt- und Emissionsvorschriften lockern und eine Rückbesinnung auf fossile Energieträger einläuten: „Wir werden die Kohle retten.“ Die umstrittene Fracking-Energiegewinnung sieht Trump positiv.
Trump verspricht der Wirtschaft eine umfassende Vereinfachung bei den staatlichen Vorschriften. Er werde ein Moratorium für jede weitere Regulierung durch die Behörden verhängen, kündigte er an. Trump will Milliarden in die Hand nehmen, um Straßen, Brücken, Flughäfen und Häfen zu bauen und zu modernisieren. Finanzieren will er das unter anderem dadurch, dass die US-Verbündeten einen größeren Teil an den Kosten für Sicherheit und Verteidigung in der Welt übernehmen sollen.
Weil sich die grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten in den vergangenen Jahrzehnten stark verästelt und ausdifferenziert haben, droht eine protektionistische Rolle rückwärts in Amerika auch Sand ins Getriebe der innerbetrieblichen Arbeitsteilung zu streuen. So gehen nach ifo-Berechnungen rund 70 Prozent der US-Exporte deutscher Unternehmen an verbundene Firmen jenseits des Atlantiks, zudem sind 30 Prozent der deutschen Importe aus den USA Intrafirmenhandel.