„America first!“ lautet der Schlachtruf von Donald Trump, mit dem er das Weiße Haus erobert hat. Und mit nichts würde der neue US-Präsident dieses Versprechen mehr einlösen als durch eine Steuerreform, die führende Parteifreunde von Trump in Washington entworfen haben und die Trump in den nächsten Wochen sich zu eigen machen könnte.
Die Reform, in Wahrheit eine Revolution, trägt den sperrigen Namen „Destination-Based Taxation“, zu Deutsch: Besteuerung nach Bestimmungsland. US-Unternehmen sollen für ihre Produkte, die ins Ausland gehen, keine Unternehmensteuer zahlen, was ihre Waren auf dem Weltmarkt schlagartig billiger machen würde. Umgekehrt sollen Importeure nicht mehr nur ihren Gewinn, sondern ihren gesamten Umsatz in den USA versteuern müssen, was ihre Waren auf dem amerikanischen Markt drastisch verteuern würde.
Verstoß gegen internationales Recht
Der Plan wäre ein massiver Verstoß gegen geltendes internationales Recht, sagt der Direktor des Max-Planck-Instituts für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, Wolfgang Schön: „Die damit verbundenen ‚Border Adjustments‘ würden gleich in doppelter Hinsicht die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) brechen.“ Zum einen handele es sich um eine unerlaubte Exportsubvention, zum anderen um eine ebenso regelwidrige Diskriminierung von Importen in die USA.
Zwar gibt es in der Welt der indirekten Steuern genau dieses Bestimmungslandprinzip. Bei der Mehrwertsteuer agiert Deutschland zum Beispiel nach diesem Prinzip. Alle Verkäufe im Inland unterliegen der 19-prozentigen Mehrwertsteuer (ermäßigt 7 Prozent), unabhängig davon, ob sie im In- oder Ausland hergestellt worden sind. Importware wird an der Grenze mit einer adäquaten Einfuhrumsatzsteuer belastet, Exporte werden von der Umsatzsteuer befreit. Das ist WTO-Regelkonform, weil alle in- und ausländischen Waren mit dem gleichen Verbrauchssteuersatz belastet werden.
Ganz anders wäre es dagegen bei einer Unternehmensteuer nach dem Bestimmungslandprinzip, mit der Trump liebäugelt. Diese wäre, es wird nun noch etwas komplizierter, eine Cash Flow orientierte Unternehmensteuer, bei der ein Unternehmen seine in den USA entstandenen Kosten vollständig und sofort von den Einnahmen abziehen könnte. Nur der Gewinn, der aus Verkaufspreis minus heimischer Kosten resultiert, müsste versteuert werden. Sämtliche Importe wären nicht abzugsfähig, so dass bei Importware Verkaufspreis gleich steuerlicher Gewinn wäre. Das, so sagt Steuerprofessor Schön, wäre eine Diskriminierung der Importe und damit ein klarer Verstoß gegen geltendes WTO-Recht.
Ebenfalls ein Verstoß gegen WTO-Recht wäre es, wenn der US-Fiskus den amerikanischen Exporteuren ihre Körperschaftsteuern an der Grenze komplett zurückgeben würde. Dann konkurrierten steuerbefreite US-Produkte zum Beispiel gegen Waren aus Deutschland, deren Hersteller hierzulande rund 30 Prozent Körperschaft- und Gewerbesteuer dem Fiskus zahlen und bei ihrer Preiskalkulation berücksichtigen müssen. Das wäre laut Professor Schön eine WTO-widrige Subventionierung der US-Produkte auf dem Weltmarkt.
Was das Ausland von Trump erhofft und erwartet
Am 20. Januar soll Donald Trump sein Amt als 45. Präsident der USA antreten. Das sind die damit verbundenen Hoffnungen, Erwartungen und Sorgen wichtiger Länder und Gemeinschaften.
Quelle: dpa
Eine enge Zusammenarbeit im Kampf gegen den Klimawandel und den islamistischen Terrorismus, ein gemeinsamer Kurs in der Sanktionspolitik gegenüber Russland sowie eine Fortsetzung der Verhandlungen über das Handelsabkommen TTIP: Was sich die Europäische Union vom neuen US-Präsidenten erhofft, bekam Trump bereits kurz nach seiner Wahl in einem Brief aus Brüssel übermittelt. Nicht offen wird dagegen über die Sorgen gesprochen. Hinter vorgehaltener Hand befürchten EU-Spitzenpolitiker, dass die Erwartungen Europas den neuen US-Präsidenten nicht wirklich interessieren. Folge könnte eine deutliche Verschlechterung der transatlantischen Beziehungen sein.
Das Verhältnis zwischen Moskau und Washington ist so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Deshalb hofft Russland, dass Trump sein Versprechen wahr macht und die Beziehungen wieder verbessert. Die Zeichen stehen auf ein Treffen Trumps mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kurz nach Amtsantritt. Weil der Republikaner das Engagement der USA im Rest der Welt verringern will, geht Russland davon aus, mehr Spielraum zu bekommen. Trump sieht Nato und EU kritisch, er will den islamistischen Terror stärker bekämpfen - beides passt zur Moskauer Position. Allerdings haben die Russland zugeschriebenen Hackerangriffe massiv den Verdacht geschürt, dass Moskau sich in US-Politik einmischen könnte. Trump und Putin müssen bei jeder Annäherung mit großem öffentlichem Misstrauen rechnen.
Die Mexikaner machen sich für die Ära Trump auf das Schlimmste gefasst. Der künftige US-Präsident hatte die Nachbarn im Süden mehrfach als Drogenhändler und Vergewaltiger diffamiert. Um die illegale Einreise von Migranten zu verhindern, will Trump eine Mauer an der Grenze zu Mexiko errichten. Außerdem hat er angekündigt, das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) neu zu verhandeln oder sogar aufzukündigen. Die mexikanische Wirtschaft hängt stark vom Handel mit den USA ab. Der Autokonzern Ford beerdigte bereits Investitionspläne in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar in Mexiko - offenbar aus Angst vor Trump. US-Unternehmen, die billig im Nachbarland produzieren, hatte er mit hohen Strafzöllen gedroht.
Den ohnehin schwierigen Beziehungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften drohen unter Trump schwere Spannungen, die auch die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen könnten. Der neue US-Präsident holte China-Kritiker in sein Team, die eine härtere Gangart gegen Peking erwarten lassen. Die kommunistische Führung fürchtet eine Neuausrichtung der US-Beziehungen zu Taiwan, das Peking nur als abtrünnige Provinz behandelt. Mit einer Eskalation wird auch im Handel gerechnet, falls Trump seine Drohung mit Strafzöllen wahr machen sollte. Das Verhältnis wird zudem dadurch bestimmt, wie beide mit den Inselstreitigkeiten im Süd- und Ostchinesischen Meer umgehen.
Für den Iran ist es in erster Linie wichtig, was aus dem Atomabkommen wird. Obwohl auch die USA den Deal von 2015 mit ratifiziert hatten, drohte Trump bereits mehrmals mit einem Ausstieg. Präsident Hassan Ruhani bezeichnete das multilaterale Abkommen als unantastbar. Auch eine Nachverhandlung kommt für Teheran nicht infrage. Falls Trump sich nicht an den Deal halten sollte, werde auch Teheran angemessen reagieren, warnte Ruhani. Andererseits hofft der Iran auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen der neuen US-Regierung und Moskau. Als enger Verbündeter Russlands könnte davon auch Teheran, besonders im Syrien-Konflikt, außenpolitisch profitieren.
Israel zählt schon die Tage bis zum Amtsantritt von Trump. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erwartet nach dem eher schwierigen Verhältnis zu Präsident Barack Obama ein Umschwenken in der Israelpolitik der USA. Dazu gehört der Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Trump kündigte mehrfach an, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Beim Ausbau der Siedlungen im Westjordanland hoffen die ultrarechten Kräfte in der Regierung auf mehr Bewegungsfreiheit, nachdem die USA zuletzt eine siedlungskritische UN-Resolution passieren ließen. Einige fordern, das Westjordanland zumindest teilweise zu annektieren.
Im Ergebnis würde Trump mit einer Unternehmensbesteuerung nach dem Bestimmungslandprinzip vor allem Deutschland schwer schaden. Denn Deutschland ist eine der größten Exportnationen mit einem mächtigen Handelsüberschuss. Deutsche Hersteller müssten gegen US-Mitbewerber antreten, die ihre Produkte dank Steuervorteil um rund 20 Prozent günstiger als bisher anbieten könnten. Deutschland hätte ein schweres Handicap, Amerika könnte seine chronisch defizitäre Handelsbilanz aufpolieren.
Allerdings hätte die Trump-Steuer auch eine Kehrseite: Die US-Verbraucher müssten entsprechend höhere Preise für Importwaren zahlen. Und nach einer möglichen Aufwertung des US-Dollars infolge gestiegener US-Exporte (und gesunkener Importe) würde sich der Steuervorteil entsprechend verringern. Das wiederum sind Gründe, die selbst die Trump-Berater zweifeln lassen, ob sie wirklich die große Steuerrevolution anzetteln sollen. Zumindest würde dies Trump und sein Gefolge mehr beeindrucken als die vage Aussicht, in ein paar Jahren von der WTO in Genf des Regelverstoßes bezichtigt zu werden.