USA Wagt Trump eine Steuerrevolution gegen den Rest der Welt?

Führende Republikaner wollen Unternehmen nach dem Bestimmungslandprinzip besteuern. US-Exporte würden billiger, Importe teuer. Es wäre ein massiver Verstoß gegen die Welthandelsregeln und würde Deutschland hart treffen.

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Die Wahlversprechen Donald Trumps
Arbeitsplätze Im Vergleich mit anderen, zum Beispiel südeuropäischen, Industrieländern ist die Arbeitslosenquote in den USA relativ niedrig - dennoch hat Trump versprochen 25 Millionen Jobs in der ersten Amtszeit neu zu schaffen. Quelle: REUTERS
Einwanderung und EinreiseSeine einwanderungspolitischen Versprechen sind zentral für den Wahlerfolg gewesen: - Bau einer Mauer auf der kompletten Grenze zu Mexiko, für die Mexiko bezahlt - Abschiebung von zwei Millionen illegalen Immigranten - „Extreme Überprüfung“ aller Einreisenden - Einstellung von Visa an Angehörige von Staaten, die „kriminelle illegale Einwanderer“ nicht „zurücknehmen“ - Verschärfung der Visa-Regeln Quelle: AP
GesundheitDer Widerstand gegen die obligatorische Gesundheitsversicherung "Obamacare" gehört seit Jahren zu den großen Aufregerthemen der Republikaner. Trump versprach, die Versicherung abzuschaffen. Quelle: REUTERS
HandelFür Wirtschaftsunternehmen und Regierungen außerhalb der USA machen sich vor allem Sorgen um seine protektionistische Handelspolitik. Trump hat angekündigt, das Handelsabkommen Nafta mit Mexiko und Kanada neu verhandeln zu wollen und sich aus dem transpazifischen Handelsabkommen TPP zurückzuziehen. Quelle: dpa
Oberstes GerichtDurch die Bestimmung der Nachfolger von verstorbenen Bundesrichtern können Präsidenten die US-Politik langfristig mitprägen - der Senat muss allerdings zustimmen. Quelle: REUTERS
RegulierungenTrump versprach, die Bürokratie für Unternehmen zu mindern. Für jede neue Regulierung sollen zwei alte abgeschafft werden Quelle: dpa
SteuernTrump verspricht, die Steuerlast insgesamt zu erleichtern (zum Beispiel soll die Unternehmenssteuer von 35 auf 15 Prozent gesenkt werden) und das System durch die Reduzierung der Steuerklassen von sieben auf drei zu vereinfachen. Quelle: dpa

„America first!“ lautet der Schlachtruf von Donald Trump, mit dem er das Weiße Haus erobert hat. Und mit nichts würde der neue US-Präsident dieses Versprechen mehr einlösen als durch eine Steuerreform, die führende Parteifreunde von Trump in Washington entworfen haben und die Trump in den nächsten Wochen sich zu eigen machen könnte.

Die Reform, in Wahrheit eine Revolution, trägt den sperrigen Namen „Destination-Based Taxation“, zu Deutsch: Besteuerung nach Bestimmungsland. US-Unternehmen sollen für ihre Produkte, die ins Ausland gehen, keine Unternehmensteuer zahlen, was ihre Waren auf dem Weltmarkt schlagartig billiger machen würde. Umgekehrt sollen Importeure nicht mehr nur ihren Gewinn, sondern ihren gesamten Umsatz in den USA versteuern müssen, was ihre Waren auf dem amerikanischen Markt drastisch verteuern würde.

Verstoß gegen internationales Recht

Der Plan wäre ein massiver Verstoß gegen geltendes internationales Recht, sagt der Direktor des Max-Planck-Instituts für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, Wolfgang Schön: „Die damit verbundenen ‚Border Adjustments‘ würden gleich in doppelter Hinsicht die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) brechen.“ Zum einen handele es sich um eine unerlaubte Exportsubvention, zum anderen um eine ebenso regelwidrige Diskriminierung von Importen in die USA.

Zwar gibt es in der Welt der indirekten Steuern genau dieses Bestimmungslandprinzip. Bei der Mehrwertsteuer agiert Deutschland zum Beispiel nach diesem Prinzip. Alle Verkäufe im Inland unterliegen der 19-prozentigen Mehrwertsteuer (ermäßigt 7 Prozent), unabhängig davon, ob sie im In- oder Ausland hergestellt worden sind. Importware wird an der Grenze mit einer adäquaten Einfuhrumsatzsteuer belastet, Exporte werden von der Umsatzsteuer befreit. Das ist WTO-Regelkonform, weil alle in- und ausländischen Waren  mit dem gleichen Verbrauchssteuersatz belastet werden.

Ganz anders wäre es dagegen bei einer Unternehmensteuer nach dem Bestimmungslandprinzip, mit der Trump liebäugelt. Diese wäre, es wird nun noch etwas komplizierter, eine Cash Flow orientierte Unternehmensteuer, bei der ein Unternehmen seine in den USA entstandenen Kosten vollständig und sofort von den Einnahmen abziehen könnte. Nur der Gewinn, der aus Verkaufspreis minus heimischer Kosten resultiert, müsste versteuert werden. Sämtliche Importe wären nicht abzugsfähig, so dass bei Importware Verkaufspreis gleich steuerlicher Gewinn wäre. Das, so sagt Steuerprofessor Schön, wäre eine Diskriminierung der Importe und damit ein klarer Verstoß gegen geltendes WTO-Recht.

Ebenfalls ein Verstoß gegen WTO-Recht wäre es, wenn der US-Fiskus den amerikanischen Exporteuren ihre Körperschaftsteuern an der Grenze komplett zurückgeben würde. Dann konkurrierten steuerbefreite US-Produkte zum Beispiel gegen Waren aus Deutschland, deren Hersteller hierzulande rund 30 Prozent Körperschaft- und Gewerbesteuer dem Fiskus zahlen und bei ihrer Preiskalkulation berücksichtigen müssen. Das wäre laut Professor Schön eine WTO-widrige Subventionierung der US-Produkte auf dem Weltmarkt.

Was das Ausland von Trump erhofft und erwartet

Im Ergebnis würde Trump mit einer Unternehmensbesteuerung nach dem Bestimmungslandprinzip vor allem  Deutschland schwer schaden. Denn Deutschland ist eine der größten Exportnationen mit einem mächtigen Handelsüberschuss. Deutsche Hersteller müssten gegen US-Mitbewerber antreten, die ihre Produkte dank Steuervorteil um rund 20 Prozent günstiger als bisher anbieten könnten. Deutschland hätte ein schweres Handicap, Amerika könnte seine chronisch defizitäre Handelsbilanz aufpolieren.

Allerdings hätte die Trump-Steuer auch eine Kehrseite: Die US-Verbraucher müssten entsprechend höhere Preise für Importwaren zahlen. Und nach einer möglichen Aufwertung des US-Dollars infolge gestiegener US-Exporte (und gesunkener Importe) würde sich der Steuervorteil entsprechend verringern.  Das wiederum sind Gründe, die selbst die Trump-Berater zweifeln lassen, ob sie wirklich die große Steuerrevolution anzetteln sollen. Zumindest würde dies Trump und sein Gefolge mehr beeindrucken als die vage Aussicht, in ein paar Jahren von der WTO in Genf des Regelverstoßes bezichtigt zu werden.

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