Ärger um E-Auto-Prämie Berlin stoppt zusätzliche E-Auto-Förderprogramme

Seit die Fördersumme erhöht wurde, wollen Autokäufer beim Umweltbonus zugreifen. Rund ein Viertel der Anträge ist bisher nicht bewilligt. Quelle: dpa

Um zu hohe Kaufprämien zu verhindern, stoppt die Bundesregierung einen Teil ihrer E-Auto-Förderprogramme. Damit werden die Bedingungen, um den sogenannten Umweltbonus zu bekommen, ab sofort strenger.

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Die Bundesregierung stoppt ihre zusätzlichen E-Auto-Förderprogramme und will damit zu hohe Kaufprämien verhindern. Eine Kombination der allgemeinen Kaufprämie mit anderen Zuschüssen für Fahrzeuge dürfe es nicht mehr geben, bestätigte das Wirtschaftsministerium eine Recherche der Nachrichtenagentur Reuters. „Dadurch soll eine Überförderung vermieden werden.“ Ein Antrag auf den sogenannten Umweltbonus dürfe nur gestellt werden, wenn der Kauf nicht zugleich durch andere öffentliche Mittel gefördert werde.

Damit bremst die Regierung eine Reihe von eigenen und von Länder-Projekten über mehrere Hundert Millionen Euro aus. So hatte der Bund im Rahmen des Konjunkturprogramms parallel zur erhöhten Prämie etwa auch das Programm „Sozial & Mobil“ angekündigt. Damit sollten die Flotten von gemeinnützigen Sozialdiensten schneller auf E-Antrieb umgestellt werden.

Betroffen ist auch das Sofortprogramm „Saubere Luft“ des Verkehrsministeriums, mit dem unter anderem Taxis, Mietwagen und Carsharing-Autos schneller elektrifiziert werden sollten. Dazu kommen mehr als ein halbes Dutzend Projekte der Länder oder der Kommunen, die zielgerichtet die Elektrifizierung bestimmter Fahrzeuggruppen fördern wollen. Vertreter verschiedener Ministerien der Bundesregierung zeigten sich überrascht über die neue Maßgabe des Wirtschaftsressorts. In der Vergangenheit sei eine Kombination der allgemeinen Kaufprämie mit einer zielgerichteten Prämie möglich gewesen. Gerade deshalb seien diese Programm aufgelegt worden.

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von Martin Seiwert

Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums, das für Teile der Bundesprojekte verantwortlich ist, wollte sich nicht äußern und verwies auf das Wirtschaftsministerium. Auch das Umweltressort, unter dessen Regie das Programm „Sozial und Mobil“ mit einem geplanten Volumen von 200 Millionen Euro steht, äußerte sich nicht.

Erst vergangene Woche hatte die Bundesregierung auf Nachfrage der FDP-Fraktion bekannt gegeben, dass bisher 174.023 Anträge auf die Kaufprämie für Autos mit Elektro-Antrieb bis Ende Juli genehmigt wurden. Das entspricht etwa drei Viertel aller Anträge. Bei den bisher nicht bewilligten Fällen handele es sich häufig um Anträge, die aktuell noch bearbeitet würden, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums am Freitag: „Nicht bewilligte Anträge sind nicht automatisch abgelehnte Anträge.“ Tatsächlich abgelehnt wurden bislang – Stand Freitag – rund 22.800 Anträge – die meisten davon in der Zeit vor Februar und damit vor Einführung eines einfacheren Antragsverfahrens.

Seit dem 18. Februar können Anträge in einem einstufigen, weniger bürokratischen Verfahren gestellt werden. „Die Ablehnungsquote geht seitdem auch zurück und liegt aktuell bei circa fünf Prozent“, sagte die Ministeriumssprecherin. Stand Freitag seien seit dem 18. Februar 63 914 Anträge eingereicht worden. 23.957 davon seien bisher bearbeitet, 1225 davon abgelehnt. Zuvor – im zweistufigen Verfahren – sei der Anteil der abgelehnten oder aufgehobenen Anträge mit rund zwölf Prozent noch höher gewesen.

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Der sogenannte Umweltbonus soll seit 2016 den Verkauf von E-Autos und Plug-in-Hybriden in Deutschland ankurbeln. Seit die Bundesregierung ihn im Zuge des Corona-Konjunkturpakets kräftig erhöht hat, ist die Zahl der Förderanträge auf ein Rekordhoch geklettert. Laut Bundeswirtschaftsministerium wurden im Juli 19.993 Anträge für die sogenannte Innovationsprämie gestellt – so heißt der erhöhte Umweltbonus. Seit Jahresbeginn seien 69.606 Anträge gestellt worden, 78,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Bisher hatten Staat und Autobauer die Prämie zu gleichen Teilen übernommen, nun hat der Staat seinen Anteil verdoppelt, um die angeschlagene Autobranche zu fördern. Die erhöhte Prämie gilt bis Ende 2021. Reine E-Autos werden mit bis zu 9000 Euro gefördert. Umweltschützer kritisieren, dass auch Plug-in-Hybride – mit bis zu 6750 Euro – gefördert werden, da bei diesen der Elektroantrieb nicht genutzt werden muss.

Laut einer Umfrage, die die Unternehmensberatung A.T. Kearney am Freitag veröffentlichte, wollen sich 21 Prozent der Befragten, die sich bis Ende 2021 einen neuen Wagen anschaffen wollen, ein Hybrid- (sieben Prozent) oder Elektroauto (14 Prozent) wählen. Gerade bei den rein batteriebetriebenen Autos scheint der Umweltbonus demnach zu wirken: Rund die Hälfte der Befragten gab an, sich aufgrund solcher Kaufanreize für ein E-Auto entscheiden zu wollen.

Einen großen Einfluss auf die Entscheidung zum Kauf hat der Umweltbonus der Umfrage zufolge in der Kompakt- (bis 40.000 Euro) und Luxusklasse (ab 65.000 Euro). „Fahrzeuge im Mittelklasse-Segment können hingegen kaum von der Konjunkturspritze profitieren“, sagte Marcus Weber, Experte für E-Mobilität bei Kearney. „Das ist kritisch, weil der Erfolg der deutschen Autobauer stark auch von diesem Segment abhängig ist.“

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