Anis Amri Bund und NRW streiten weiter über den Fall Amri

Was hätten die Behörden tun können im Fall des Attentäters Amri? Der Bundesinnenminister meint, ein Antrag auf Abschiebehaft hätte Erfolg haben können. Sein NRW-Kollege wiederholt, die rechtlichen Hürden dafür seien hoch.

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Syrien und IrakIn den Konflikten in Syrien und im Irak gehört die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu den stärksten Kriegsparteien. Sie beherrscht in beiden Ländern große Gebiete, in denen sie ein „Kalifat“ errichtet hat. Im syrischen Bürgerkrieg bekämpfen sich zudem das Regime und seine Gegner. Die Armee ist mit starker Hilfe von Kämpfern aus dem Iran, von der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah sowie von der russischen Luftwaffe auf dem Vormarsch. Die moderate Opposition wird vom Westen unterstützt. Quelle: AP
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Im Streit über die politische Verantwortung im Fall des Terroristen Anis Amri beharren die Bundesregierung und das Land NRW auf unterschiedlichen Positionen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) warf den nordrhein-westfälischen Behörden Nachlässigkeit vor. Aus seiner Sicht wäre es keineswegs unmöglich gewesen, Amri in Abschiebehaft zu nehmen, sagte der CDU-Politiker dem „Spiegel“.

Dagegen verteidigte NRW-Innenminister Ralf Jäger erneut das Vorgehen der Landesbehörden. De Maizière argumentiere aus einer rechtstheoretischen Position heraus, die Länder aus einer rechtspraktischen, sagte der SPD-Politiker dem WDR. „Wir in den Ländern wissen, wie lange die Pass-Ersatzpapiere dauern.“ Haftrichter, die in einem solchen Verfahren Abschiebehaft anordnen, ließen sich nicht finden, sagte Jäger.

Der Tunesier Amri war am 19. Dezember mit einem Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt gerast. Bei dem islamistischen Anschlag wurden zwölf Menschen getötet, etwa 50 teils schwer verletzt. Laut Jäger haben die tunesischen Behörden erst am 21. Dezember 2016 bestätigt, dass Amri ihr Staatsangehöriger sei.

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Nach Informationen der „BamS“ waren die Pass-Ersatzdokumente für Amri zwei Tage vor dem Anschlag am 17. Dezember, einem Samstag, mit der Post im tunesischen Generalkonsulat in Bonn eingetroffen. Da die Vertretung montags geschlossen war, wurden die Papiere erst tags darauf bearbeitet und gingen am 21. Dezember per Post bei der Ausländerbehörde in Köln ein. Nach Information der Zeitung soll als Konsequenz aus der Verzögerung künftig in eiligen Fällen die tunesische Botschaft in Berlin eingeschaltet werden.

De Maizière hatte dem „Spiegel“ gesagt, im Oktober 2016 habe Tunesien einem Verbindungsbeamten des BKA mitgeteilt, dass Amri tunesischer Staatsbürger sei. „Spätestens da hätte auf Basis des geltenden Rechts ein Antrag auf Abschiebehaft gute Erfolgsaussichten gehabt.“ Dies wäre Aufgabe des „für den Vollzug des Ausländerrechts zuständigen Lands“ gewesen - in diesem Fall also Nordrhein-Westfalen.

Jäger hatte am Samstag deshalb mit de Maizière telefoniert. „Diese Einschätzung des Bundesinnenministers deckt sich nicht mit den praktischen Erfahrungen bei Abschiebungen in die Maghrebstaaten“, erklärte der SPD-Politiker danach. Er hatte mehrfach betont, die rechtlichen Möglichkeiten hätten nicht ausgereicht, um den ausreisepflichtigen Tunesier aus dem Verkehr zu ziehen.

Aus einer von den Bundesministerien des Innern und der Justiz kürzlich vorgelegten Chronologie geht hervor, dass sich die Behörden seit Ende 2015 nahezu wöchentlich mit dem Tunesier befassten. Amri wurde als islamistischer Gefährder eingestuft, fiel mehrfach als Krimineller auf, wurde als Asylbewerber abgelehnt und dennoch nicht in Abschiebehaft genommen.

De Maizière plädierte für verbindliche Regeln, wie intensiv Gefährder zu überwachen sind. „Es kann nicht sein, dass das eine Bundesland einen bestimmten Gefährder rund um die Uhr observiert und ein anderes bei derselben oder einer vergleichbar gefährlichen Person nur das Telefon überwacht“, sagte der Minister. Als Konsequenz aus dem Anschlag forderte Bayerns Ministerpräsident Host Seehofer (CSU) in der „Bild am Sonntag“ die Registrierung aller seit 2015 eingereisten Flüchtlinge per Fingerabdruck. Amri hatte 14 Identitäten genutzt.

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