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Unterschätzt? Altkanzler Gerhard Schröder. Quelle: Imago

Es war nicht alles schlecht bei Gerhard Schröder

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Pandemie, Inflation, Klimawandel und Kriegsgefahr verunsichern die Deutschen. Das Chaosmanagement gewisser Ampelminister verschärft das leider.

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Über Mister Basta wird in diesen Tagen wenig Positives erzählt. Viele sehen in Altkanzler Gerhard Schröder einen Politsöldner, der seine Dienste an Russlands Präsidenten Wladimir Putin verkauft. Zuerst macht er die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 möglich, dann wechselt er beinahe nahtlos vom Kanzleramt auf lukrative russische Aufsichtsratsposten. Dort sitzt er noch, während sein lupenreiner Demokrat und Freund Putin mit über 100.000 Soldaten die Ukraine bedroht.

Lesen Sie dazu auch die große WiWo-Titelgeschichte: Putin hat Deutschland im Griff wie der Dealer den Junkie

Doch vielleicht lässt sich Schröders Ehre zum Teil retten. Erstens gibt es dank ihm einen direkten Draht in den Kreml. Und zweitens gilt er als Erfinder der Politik der ruhigen Hand. Die Opposition verspottete das Konzept des Nichtreagierens auf kurzfristige Trends zwar als Untätigkeit, aber kleine Schritte können in Zeiten großer Verunsicherung den Anschein berechenbarer und damit beruhigender Politik erzeugen.

Otto von Bismarck, Willy Brandt und Angela Merkel wussten das auch. Nur für die Ampel scheint es Neuland zu sein. Es häufen sich die Fälle, in denen Regierungsvertreter eher mit einem erratischen Managementstil auffallen als mit durchdachten Konzepten. Allen voran wirkt Gesundheitsminister und Talkshow-Dauergast Karl Lauterbach mitunter überfordert. So verkürzt er den Genesenenstatus für Coronaerkrankte von sechs Monaten auf 90 Tage ohne die Ministerpräsidentenrunde vorab zu informieren. Dort schäumen die Gemüter parteiübergreifend. „Das ist nicht gut gelaufen“, gibt Lauterbach später kleinlaut zu.

Beinahe gleichzeitig wechselt auch Superminister Robert Habeck in den Lauterbach-Modus. Ohne Vorwarnung zieht er wegen einer Antragsflut der Förderung energieeffizienter Häuser den Stecker und lässt die Bauwilligen hängen. Wann eine neue, hoffentlich klimapolitisch bessere Regelung kommt, ist unklar. Und was macht der Kanzler so? Der behauptet seit Monaten Nord Stream 2 sei ein rein privatwirtschaftliches Projekt. Erst in dieser Woche spricht Olaf Scholz plötzlich von einer geopolitischen Bedeutung. Mancher munkelt, Angela Merkel würde ihn nun coachen.

Drei Pannen in einer Woche sind zu viel. Die Ampelmänner müssen mit ihren Aufgaben wachsen. Sonst wachsen sie ihnen über den Kopf und die Verunsicherung in der Bevölkerung nimmt weiter zu. Wer Pandemie, Klimawandel, Krieg und Inflation fürchtet, sehnt sich nach einer ruhigen Hand – oder zumindest einem guten Darsteller davon.

Mehr zum Thema: Nach dem KfW-Förderstopp sind Verwirrung und Verärgerung weiter groß. Der Wirtschaftsminister ist zerknirscht. Und die Bauindustrie warnt vor schmerzhaften Folgen.

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