Berlin intern

Politikerreisen: Erst zur Kuh, dann zum Kühlturm

Henning Krumrey Ehem. Redakteur

Reisen bildet – nicht nur den Reisenden, sondern auch das Ansehen. Deshalb sind in den Parlamentsferien besonders viele Minister auf Landestour anzutreffen.

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Foto von einem Reisekoffer Quelle: Fotolia

Sommerzeit ist Reisezeit – ganz besonders für politische Amtsträger. In den Parlamentsferien machen sich die Minister mit Journalisten im Schlepptau auf, das Land zu erkunden, das sie regieren. Politikern auf Tour geht es vor allem um die drei „B“: Botschaft, Bilder und Bekanntheit.

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Für Barbara Hendricks (SPD) haben ihre Fachleute ein Kaleidoskop aller Haus-Themen zusammengestellt. Die Klimaschutzministerin lässt sich auf dem Versuchsgut Haus Riswick in ihrer Heimatstadt Kleve erklären, wie die Milchviehhaltung weniger Treibhausgas freisetzt. Erstes Ergebnis: Die Gestaltung des Stalles hat nur geringen Einfluss, auch wenn die Gülle nur selten „aufgerührt“ werden sollte, wie die Fachleute sagen. (Journalisten sind es dagegen gewöhnt, Mist aufzurühren.)

80 Prozent der Umweltbelastung sind „unvermeidbare Methanbildung im Tierpansen“, erläutert Wolfgang Büscher, Professor an der Universität Bonn. Und da sich am Hinterteil der Rindviecher kein Kuhtalysator zur Abgasreinigung befestigen lässt, bleibt nur die klimafreundliche Optimierung des Futters. Gibt’s Akazientannine mit in den Trog, entweicht weniger Methan dem Darm. Die Versuche laufen noch. In einer Kläranlage lernt die SPD-Frau alles über „Pfropfenströmung“ und „maschinelle Überschussschlammeindickung“.

Abend endet in der Stammkneipe

Die Ministerin für Reaktorsicherheit Hendricks führt die Journalisten ins Wunderland Kalkar. An der Stelle des Schnellen Brüters floriert nun ein Freizeitpark. Der Geschäftsführer nötigt sie zur Fahrt im Kettenkarussell im Innern des ehemaligen Kühlturms, das die Ministerin bei voller Fahrt oben über den Rand und damit auch über die atomare Vergangenheit hinausschauen lässt. „Dieses Kernkraftwerk ist wieder und wieder und wieder geprüft worden, bis der Betreiber die Lust verloren hat“, freut sich Hendricks noch heute über die Killerstrategie der Landesregierung – „als die Grünen noch nicht beteiligt waren, also rein sozialdemokratisch“.

Klaus Hamann, einst Mitarbeiter der Betriebsmannschaft und heute Historienerklärer im Freizeitpark, amüsiert das nicht. „Wir legen unsere schönsten Anlagen still, und drumherum geht es weiter“, schimpft er mit Hendricks. „Gut überlegt war das nicht.“

Die Bauministerin Hendricks schließlich präsentiert in der Innovation City Bottrop den Umbau von herkömmlichen Sozialwohnungen zu Energieplus-Bleiben, die mehr Energie produzieren, als sie verbrauchen. Und appelliert an private Investoren: „Sozialwohnungsbau ist für die ganz normale Mitte der Gesellschaft.“ Abends erweist sie sich als versierte und amüsante Stadtführerin, der Abend endet in ihrer Klever Stammkneipe.

Besondere polit-touristische Zuwendung genießen in diesen Wochen die ostdeutschen Bundesländer. Hendricks war da vorvergangene Woche, etliche Kollegen folgten. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel tummelte sich erst privat auf Usedom, dann bereiste er Brandenburg, Sachsen und Thüringen. War da was? Ach ja: Am kommenden Sonntag wählen die Sachsen einen neuen Landtag, zwei Wochen später sind Brandenburger und Thüringer dran.

Da kann es schon mal Zufälle geben. Als Gabriel im High-Tech-Standort Jena Ergebnisse der Batterieforschung bestaunt, erscheint dazu nicht Wissenschaftsminister Christoph Matschie (SPD), sondern Sozialministerin Heike Taubert. Die ist zwar nicht zuständig, dafür aber Spitzenkandidatin der Genossen. Da bleiben von den drei „B“ immerhin zwei: Eine Botschaft hat sie nicht, aber der Besuch der Berliner Prominenz reicht für Bilder und Bekanntheit allemal.

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