Bürokratie Wir verwalten uns zu Tode

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat angekündigt, sie wolle die Unternehmen von Berichtspflichten entlasten. Doch es passiert das Gegenteil. Quelle: imago images

Berlin und Brüssel versprechen Bürokratieabbau, tatsächlich passiert das Gegenteil. Jüngstes Beispiel: Die Berichtspflicht zur Work-Life-Balance. Wie viel Zeit bleibt uns noch für produktive Arbeit? Ein Kommentar.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Wird in Ihrem Unternehmen noch gearbeitet? So richtig gearbeitet, im Sinne von: etwas produziert? Wie viel Prozent unserer Zeit bleibt dafür noch? Wir sammeln Daten, wir füllen Fragebögen aus, verfolgen Lieferketten, erfassen Arbeitszeiten, studieren Normen und lassen uns schulen in Cybersecurity, in Gesundheit im Betrieb, Feuerbekämpfung und Diversity, Umweltschutz und Whistleblowing, in Sicherheit am Arbeitsplatz (die Programme des TÜV dazu sind der reine Hohn: Wozu muss ich als Büromensch ankreuzen, dass ich unter keiner Leiter durchgehen darf?).

Wir definieren Performanceindikatoren (KPIs), Ziele und Schlüsselergebnisse (OKRs), wir melden an Handelskammern und Statistikämter, wir ordnen zu, sammeln, verteilen – und stellen Meetings in Outlook ein. Alles für sich genommen Dinge, deren Sinn sich hervorragend begründen lässt, die aber in Summe die Wirtschaft killen. Zum Teil sind die Unternehmen selbst schuld daran, zu einem guten Teil aber kommt der Bullshit vom Staat, aus Berlin und Brüssel. Politiker geben vor, das Problem erkannt zu haben, Bürokratieabbau ist das Thema der Stunde.

Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, hat gerade angekündigt, sie wolle die Unternehmen von Berichtspflichten entlasten, um ein Viertel, mindestens. Ihre Beamten wussten davon nur leider noch nichts. Jetzt müssen sie hektisch nach lästigen Pflichten suchen, denen Unternehmen dann künftig nicht mehr nachkommen sollen. Das riecht nach purer Verzweiflung, sind diese doch eher gewohnt, neue Vorschriften zu erfinden. Und kommen dabei gut voran.

Lesen Sie auch: Staatliche Gängelung – nieder mit der Bürokratie!

Das neueste Bürokratie-Baby ist die Verordnung für Nachhaltigkeitsstandards, mit der die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung konkretisiert wird. Berichten sollen Unternehmen unter anderem über die Work-Life-Balance ihrer eigenen Mitarbeiter und später auch der Mitarbeiter ihrer Lieferanten, zu „angemessener“ Entlohnung und dem Alter ihrer Beschäftigten.

Exklusive BCG-Analyse Die 10 besten Aktien der Welt

Die politische Weltlage und Sorgen vor weiter hohen Zinsen verunsichern die Börse. Das exklusive Ranking der besten Aktien der Welt – und zehn Titel, die jetzt kaufenswert sind.

Passives Einkommen aufbauen Ihr Weg zur finanziellen Unabhängigkeit

Finanzielle Unabhängigkeit muss kein Traum bleiben. Mit dem richtigen Wissen und passenden Strategien kommen auch Sie auf die Erfolgsspur. Wir zeigen, wie es geht.

Finanzielle Freiheit Von Kapitalerträgen leben – wie schaffe ich das?

Ein Leser will seinen Lebensunterhalt mit aktivem Börsenhandel bestreiten. WiWo Coach Michael Huber erklärt, worauf man bei diesem Plan achten sollte, und rechnet vor, wie viel Grundkapital dafür nötig ist.

 Weitere Plus-Artikel lesen Sie hier

Geht Sie nichts an? Von wegen. In der Pflicht stehen alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern. Sie sollen jeweils künftig rund 1000 Informationen nach Brüssel liefern. Bei 15.000 Unternehmen sind das 15 Millionen Datensätze allein aus Deutschland. Um die alle auszuwerten, muss Brüssel vermutlich viele weitere Stellen schaffen. Und auch in den Unternehmen werden sich wieder ein paar mehr Menschen mit Dingen beschäftigen müssen, die so gar nichts zu tun haben mit der Produktion von Autos, Software oder Zeitungsartikeln.

Lesen Sie auch: Können wir den Niedergang unseres Landes noch stoppen?

Dieser Beitrag entstammt unserem Newsletter Weekender. In ihm gibt die WiWo-Chefredaktion jeden Freitagmittag einen Überblick über die wichtigsten Geschichten und spannendsten Themen der aktuellen Woche – und einen Ausblick auf das, was in der Wirtschaft wichtig wird. Hier können Sie den Newsletter abonnieren.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%