Dieselgipfel Dobrindts Diesel-Liste provoziert harsche Kritik

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Verbände rechnen mit Klagewelle wegen möglichem Auto-Kartell

Kritik äußerte auch der Vizepräsident des ADAC, Ulrich Klaus Becker. „Die Bundesregierung verliert die Interessen der Verbraucher aus den Augen, indem sie es versäumt, diese aktiv einzubeziehen“, sagte Becker. Anders seien fehlende Einladungen an das Verbraucherschutzministerium und Verbraucherverbände wie den ADAC nicht zu erklären.

Der Aufsichtsrat von Volkswagen wird angesichts der Kartellvorwürfe am Mittwoch zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenkommen. Derweil fordern Gewerkschafter, Politiker und Experten Aufklärung.

Das Unverständnis bei den Verbänden ist auch deshalb groß, weil das Thema durch das mutmaßliche Auto-Kartell noch brisanter geworden ist.  BUND und Greenpeace rechnen schon mit zahlreichen Klagen. „Die neuen Erkenntnisse zum Hersteller-Kartell lassen vermuten, dass vorsätzlich und gemeinschaftlich Gesetze gebrochen wurden, selbst bei den Pkw mit der besten Reinigungstechnik“, sagte BUND-Chef Weiger. „Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, hätten Diesel-Kunden eine gute Grundlage, Anzeige gegen die Hersteller ihrer Fahrzeuge zu erstatten, sofern diese am Diesel-Kartell beteiligt waren.“ Denn der Betrugsvorgang sei „anscheinend gut dokumentiert und wird durch die Selbstanzeigen von VW  und Daimler erhärtet“.

Der Greenpeace-Experte Stephan, gab zu bedenken, dass sich schon mehrere zehntausend VW-Besitzer anwaltlich vertreten ließen und den Konzern wegen manipulierter Dieselautos mit Schadensersatzklagen überzögen. „Sollten die Kartellbehörden, die Bildung eines Dieselkartells bestätigen, ist davon auszugehen, dass es  auch gegen die anderen Hersteller ähnliche Verbraucherklagen geben wird“, sagte Stephan.

Fragen & Antworten: Jedes zweite Kartellverfahren wird durch Kronzeugen aufgedeckt

Klagen wegen etwaiger illegaler Absprachen zwischen Autoherstellern sind von Pkw-Käufern zwar möglich, aber ihre Rechtsdurchsetzung schwierig. Betroffene Verbraucher müssten argumentieren, „dass ihnen ein Auto verkauft wurde, was auf einem technischen Stand ist, der nicht dem entspricht, was möglich gewesen wäre“, sagte der Düsseldorfer Kartellrecht-Professor Christian Kersting kürzlich im Deutschlandfunk. Hier sei „viel Nachweisarbeit zu leisten“.

Noch schwieriger sei es, wenn der Verbraucher argumentiere, dass er eine Innovation verpasst habe, die er anderswo zu einem günstigen Preis hätte kaufen können, nun aber zum selben Preis ein weniger innovatives Auto bekommen habe als versprochen. Hier „wird man sich vor Nachweishürden sehen, die man nur sehr schwer überwinden kann“, sagte der Rechtsprofessor.

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