Einblick

E-Auto-Förderung ist eine ordnungspolitische Lähmung

Der Mittelstand wird viel gepriesen, doch Subventionen kriegt ausgerechnet die Autoindustrie? Da läuft etwas falsch in Deutschland.

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BMW-Hybridauto. Quelle: dpa

Und noch ein planwirtschaftlich geregelter Wirtschaftszweig. Auch für die Elektromobilität werden Marktakzeptanz und Innovationsstrategie nun durch eine Morgengabe der großen Koalition in die vermeintlich richtige Richtung geschoben. Das Bundeskabinett hat die Kaufprämie für Elektro- und Hybridautos in dieser Woche beschlossen. Wer bis Ende Juni 2019 ein solches Fahrzeug kauft, bekommt 4000 Euro Zuschuss für den Stromer, 3000 Euro für das Hybridgefährt.

Der Kunde ist dabei nur der Förderhebel für den eigentlichen Nutznießer dieser „Prämie“. Und das ist die deutsche Autoindustrie. Man muss ihr Respekt bezeugen für die Unbescheidenheit, mit der eine bislang blühende Industrie sich zur unterstützungsbedürftigen Branche mit Nehmerqualitäten gewandelt hat. Blühend bis auf die selbst verschuldeten Einbrüche durch skandalöses Geschäftsgebaren. Gegen BMW-Chef Harald Krüger ist Sankt Martin ein Waisenknabe. Krüger hat soeben das Geschäftsjahr und 100-jährige Firmenjubiläum mit einem Gewinn von 6,4 Milliarden Euro nach Steuern abgeschlossen. Aber er stellt sich nicht mit geteiltem Mantel (Hälfte für die Kunden ...), sondern gleich ganz nackt vor die Kanzlerin. Botschaft: Ohne die Kaufprämie erstickt die deutsche Autoindustrie nicht an ihren überhöhten Abgaswerten, sondern an den Investitionskosten in einem unsicheren Markt.

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BMW i3BMW ist mit dem i3 einen mutigen Schritt gegangen: Die Münchner haben nicht nur ein futuristisches Design gewagt, sondern auch gleich eine Kohlefaser-Karosserie in Serie gebracht. Alle anderen Elektroautos auf dem Markt basieren auf mehr oder weniger mutig gezeichneten Stahl- und/oder Alu-Karosserien. Deutlich über 2000 i3 sind bereits auf deutschen Straßen unterwegs. Dabei fällt er stärker auf als andere Elektroautos, denn sein extrovertiertes Design polarisiert. Minuspunkt: Beim Laden ist der Elektro-BMW nicht der allerschnellste, da er nicht mit den dafür nötigen Schnelllade-Standard unterstützt. In der Preisliste steht der i3 ab 34.950 Euro.Leistung: 170 PSAkku: 18,8 kWhReichweite: 190 km Quelle: BMW
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Das haben Märkte so an sich, dass sie unsicher sind. Und genau das ist das Gute an ihnen. Wo es nämlich keinen Bedarf gibt, muss keine ganze Industrie subventioniert werden. Und wo der Bedarf entsteht, da regelt das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage die Preisbildung in der Regel sehr vernünftig.

Es interessiert in Berlin offenkundig niemanden, dass die Elektromobilität schon ordnungspolitisch fußkrank ist, bevor auch nur ein Rad losgerollt ist. Nicht einmal der so gerade noch abgewendete Aufstand in der Unionsfraktion gegen die von Bundeskanzlerin Angela Merkel zugesagte Prämie hat etwas ändern können.

Das ist ein verheerendes Signal deutscher Wirtschaftspolitik, denn Großkonzerne, die darin versagt haben, sich selbst frühzeitig auf neue Märkte und Technologien einzustellen, werden dafür noch belohnt. Es zeigt auch ein gehöriges Maß an ordnungspolitischer Verblendung der großen Koalition, die mit zunehmender Regierungszeit überproportional zu wachsen scheint. Und es wirft ein verheerendes Licht auf das Verständnis für das Fundament der deutschen Wirtschaft. Natürlich spielt die Autoindustrie als wichtigste deutsche Branche zu Recht eine bedeutende Rolle.

Aber was ist eigentlich mit dem in vielen koalitionären Sonntagsreden gepriesenen mittelständischen Unternehmen? Hat mal jemand in Berlin darüber nachgedacht, wie viel sie für die Digitalisierung investieren müssen? Welcher Veränderungsprozess in Technologien, Infrastruktur und Personal am Digitalen hängt? Man hört diese Unternehmen übrigens fast nie jammern oder klagen. Sie wollen kein Geld. Sie wären schon froh, wenn ihnen durch die Politik ein paar bürokratische Hürden aus dem Weg geräumt würden. Damit sollte sich die Koalition einmal befassen. Aber so viel wie über die Kaufprämie für E-Autos verhandelt wurde, blieb dafür einfach keine Zeit.

Die WirtschaftsWoche ist nicht nur lesbar, sondern auch hörbar. Hier können Sie sich den Artikel von professionellen Sprechern vorlesen lassen:

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