Finanzierung aus Steuermitteln Heil legt milliardenschweres Konzept für Grundrente vor

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will die Grundrente spätestens in zwei Jahren einführen. Quelle: dpa

Die Große Koalition will eine Grundrente einführen. Die Idee: Wer sein Leben lang gearbeitet hat, soll im Alter mehr Geld bekommen als jemand, der das nicht getan hat. Jetzt liegt ein konkretes Konzept dafür vor.

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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat eine Grundrente für Geringverdiener vorgeschlagen, die mit einem Aufwand von mehreren Milliarden Euro pro Jahr langjährigen Beitragszahlern im Alter den Gang zum Sozialamt ersparen soll. Der SPD-Politiker ging damit am Wochenende weit über den Koalitionsvertrag mit der Union hinaus. Nach seinen Vorstellungen sollen die Rentenansprüche von drei bis vier Millionen Geringverdienern um bis zu 447 Euro im Monat aufgestockt soll. Die Kosten bezifferte Heil in der „Bild am Sonntag“ auf einen mittleren einstelligen Milliardenbetrag pro Jahr. Der CDU-Arbeitsmarktexperte Peter Weiß erteilte den Vorschlägen prompt eine Absage, während der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den Vorstoß unterstützte.

Heils Pläne entsprächen nicht dem Koalitionsvertrag, sagte Weiß am Sonntag. Die Union wolle ein differenziertes System, das am tatsächlichen Bedarf ansetze. Im Koalitionsvertrag sei verabredet, dass diejenigen, die 35 Jahre gearbeitet und Beiträge gezahlt hätten, deutlich mehr erhalten sollten als die Grundsicherung. Die Union wolle das Geld aber nicht mit der Gießkanne verteilen, sondern gezielt denjenigen helfen, die zu wenig Rente hätten. „Zudem wollen wir das selbst genutzte Wohneigentum besser schützen. Dazu macht Heil leider gar keinen Vorschlag“, sagte Weiß.

Der SPD-Minister geht mit seinem Vorschlag auch über ein Freibetragsmodell hinaus, auf das sich Vertreter von Bund, Ländern, Gewerkschaften und Arbeitgeber im sogenannten Sozialparter-Dialog verständigt hatten. Dieses sieht nach Angaben von Teilnehmern einen Freibetrag von rund 100 Euro in der Grundsicherung vor, der nicht mit Rentenansprüchen verrechnet würde. Davon würden etwa 130.000 Menschen profitieren, die Kosten lägen bei etwa 200 Millionen Euro jährlich. Die Betroffenen müssten beim Sozialamt aber ihre Bedürftigkeit nachweisen.

Heil dagegen strebt ab 2021 eine aus Steuermitteln finanzierte Grundrente an, die auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichtet. Sie soll laut Heil zudem nicht nur für Neu-Rentner, sondern auch für bisherige Rentner gelten. Dadurch steigen die Kosten drastisch. In Koalitionskreisen hieß es, nach ersten Berechnungen könnten die Kosten jährlich bei acht bis 15 Milliarden Euro liegen - je nachdem ob das Modell auf Neu-Rentner beschränkt würde oder nicht. Heil sprach nur von einem „mittleren einstelligen Milliardenbetrag“ aus Steuermitteln. Dafür hat Heil nach eigener Darstellung die Rückendeckung von Finanzminister und SPD-Vizechef Olaf Scholz. In dessen Finanzplanung ist dafür bisher aber kein Geld vorgesehen. Weiß sagte, eine Aufstockung solle „auch über die Rentenversicherung“ finanziert werden.

Heil betonte, Bedingung für die Grundrente seien 35 Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Minister will zudem das Wohngeld ändern, damit Ältere nicht allein durch steigende Mieten auf Sozialhilfe angewiesen wären. Der DGB begrüßte Heils Pläne. „Wer ein Leben lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat, muss im Alter mehr haben als die Grundsicherung“, erklärte Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

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