Wirklich belastbare Statistiken über den Bildungsstand gibt es noch nicht, aber immerhin eine Tendenz. Die Behörden befragen Flüchtlinge bei ihrer Ankunft nach ihren Bildungsabschlüssen. „Von den insgesamt circa 105 000 befragten Asylsuchenden über 20 Jahren gaben 13 Prozent an, eine Hochschule besucht zu haben“, schreibt das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration (BAMF). Immerhin fast jeder Zweite besuchte ein Gymnasium oder eine Mittelschule. Allerdings: Jeder Dritte kam nicht über die Grundschule hinaus.
Die Aus- und Fortbildung der Flüchtlinge wird somit zur gesellschaftspolitischen Mammutaufgabe, ein „intergenerativer Prozess“, wie der Berliner Amtsleiter Weiß sagt. Studenten könnten vergleichsweise schnell den Weg in die Gesellschaft finden. Die Bundesregierung erhöht nun die Zahl der Plätze in Studienkollegs. Die Bildungseinrichtungen bereiten Bewerber mit ausländischen Abschlüssen auf ein Studium an einer Hochschule vor. Und auch Kinder im Schulalter dürften eine Chance bekommen, wenn sie „möglichst schnell in einen normalen Klassenverband kommen“, so Wößmann.
Aus diesen Ländern kommen Asylbewerber in Deutschland
Fünf Prozent der Flüchtlinge, die in Deutschland Asyl suchen, kommen aus Afghanistan.
Genauso viele (fünf Prozent) suchen aus dem Irak Zuflucht in Deutschland.
Aus Serbien im Balkan kommen sechs Prozent der Asylbewerber.
Aus Albanien kommen deutlich mehr Flüchtlinge, nämlich 15 Prozent.
Der gleiche Anteil (15 Prozent) sucht aus dem Kosovo Zuflucht in Deutschland.
Mit 22 Prozent ist der Anteil der syrischen Asylbewerber in Deutschland mit Abstand am größten.
Doch was ist mit dem Gros der Erwachsenen? Weiterqualifizierungen werden nur „begrenzt gelingen“, sagt Wößmann. Denn selbst 17 Prozent der jungen Erwachsenen aus Deutschland seien ohne beruflichen Bildungsabschluss. „Flüchtlinge, die zum Teil ähnlich schlecht gebildet sind und noch nicht einmal die deutsche Sprache sprechen, werden auch nicht einfach so eine Berufsausbildung erfolgreich absolvieren können.“
2. Nur wer arbeitet, kann etwas zurückgeben
Die Hoffnung auf ein besseres Leben sitzt in Zimmer 109, hinter einer unscheinbaren Tür auf dem Flur eines schnöden Zweckbaus in Berlin-Spandau. Die Umgebung aber ist eigentlich egal: Was zählt, ist, dass Arman Hamidi und Kabeya Kabambi hier sind, obwohl sie es nach gutem deutschem Verwaltungsweg gar nicht sein dürften. Die beiden sind Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit (BA), sitzen aber in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Das BAMF bearbeitet Asylanträge, die BA kommt üblicherweise erst ins Spiel, wenn Flüchtlinge anerkannt sind und arbeiten dürfen. Also Monate später.
Dass Hamidi und Kabambi hier sind, ist eine bewusste Kompetenzüberschreitung, ein Modellprojekt der Arbeitsagentur. Eines, das sich aus der Erkenntnis speist, dass verlorene Zeit verlorene Integration ist.
„Alle reden gerade von der Flexibilität, die Deutschland jetzt haben muss“, sagt Hamidi, „wir haben sie.“ Hamidis Eltern kamen aus dem Iran nach Deutschland, er selbst machte sein Abi im Wedding. Kabambi ist in Kinshasa geboren und in der Bundesrepublik aufgewachsen. Nun sollen sie helfen, solche Karrieren auch für geflüchtete Syrer, Afghanen oder Eritreer möglich zu machen. Direkt nachdem Asylbewerber bei den Kollegen des BAMF ihren Antrag gestellt haben, fragen Hamidi und Kabambi nach Ausbildung, Schulabschluss, Zeugnissen, Berufserfahrung.
Die Hoffnung: Wer gute Qualifikationen mitbringt, kann dank der kurzen Wege leichter als bisher in Jobs vermittelt werden; und wer Hilfe braucht – Nachschulungen oder eine Ausbildung –, bekommt sie schneller. „Wir erleben Menschen, die extrem motiviert sind“, sagt Kabambi.