G20-Gipfel Flugzeugfans aus ganz Europa fiebern G20-Gipfel entgegen

Planespotter reisen um den Globus, um besondere Flugzeuge zu fotografieren. Zum G20-Gipfel versammelt sich die Szene am Hamburger Flughafenzaun. Es könnten mehrere Tausend werden.

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Aus ganz Deutschland werden Planespotter zum G-20 Gipfel anreisen. Quelle: dpa

Kai Block hat sie schon einmal fotografiert: Die Air Force One, die Dienstmaschine des US-Präsidenten. „Das war 2004 in Las Vegas“, erinnert er sich an einen der Höhepunkte in seinem Planespotter-Leben. Block reist in seinen Urlauben dorthin, wo es seltene Flugzeugtypen oder ungewöhnlich lackierte Modelle zu sehen gibt. In die USA, nach Mittel- und Südamerika, nach Nahost und Asien, in bekannte und weniger bekannte Städte. Hauptsache, sie haben einen Flughafen.

Der G20-Gipfel in Hamburg ist für die Planespotter so etwas wie Ostern und Weihnachten am gleichen Tag. „Die Amerikaner kommen wohl mit beiden Präsidenten-Maschinen“, schwärmt Reiner Geerdts, einer der aktivsten Hamburger Planespotter. „Insgesamt fliegt die US-Delegation mit fünf bis sieben großen Boeings.“ Nach den Informationen der Planespotter kommen die Saudis mit zehn Großflugzeugen. Eine seltene Attraktion auf deutschen Flughäfen sind auch die Regierungsmaschinen aus Korea und Japan. Offiziell bestätigt ist das alles nicht, sondern es handelt sich um Gerüchte in dieser besonderen Insider-Szene.

Insgesamt dürften mehr als 100 besondere Flugzeuge zum Gipfel am 7. und 8. Juli auf dem relativ kleinen Hamburger Flughafen starten und landen. Die Air Force One von US-Präsident Donald Trump bleibt angeblich startbereit in Fuhlsbüttel stehen. Sicher und auch offiziell bestätigt ist: Andere Maschinen werden auf Flughäfen in der Umgebung geparkt. Für die Planespotter beginnt in diesen Tagen die heiße Phase, wenn Transportmaschinen vorab das Equipment der Delegationen heranschaffen, zum Beispiel die US-Präsidentenlimousine und Militärhubschrauber.

Aus ganz Europa werden Planespotter nach Hamburg anreisen. „Das werden mindestens 1000“, schätzt Block. „Vielleicht auch 3000.“ Ob sie alle gute Foto-Positionen finden können, ist noch offen; auch rund um den Flughafen sind zum G20-Treffen weiträumige Absperrungen geplant.

Großereignisse wie der Gipfel ziehen Planespotter magisch an. Erst kürzlich, so erzählt es Geerdts, sei er gemeinsam mit seinem ebenfalls vom Planespotter-Virus infizierten Sohn zum Finale der Europa League nach Stockholm geflogen. „Für 39 Euro, da musste ich einfach fliegen.“ Es spielte Ajax Amsterdam gegen Manchester United, doch das war nicht die Hauptsache. Vater und Sohn haben das Match nicht gesehen, aber die Flugzeuge auf dem Rollfeld des Flughafens Arlanda, die zum Finale angereist waren. „Wenn Engländer mitspielen, sind meistens auch ein paar interessante Privatmaschinen dabei.“

Der Hamburger Flughafen hat ein Herz für Planespotter. Neben der Start- und Landebahn, direkt am Zaun, liegt das Café „Coffee to Fly“ mit Panoramablick auf das Flugfeld, das für Fußgänger auch während des G20-Gipfels zugänglich bleiben wird. An einem normalen Werktag gegen Mittag sind rund 50 Menschen dort, viele von ihnen mit Kameras. Hardcore-Planespotter wie Geerdts und Block haben mehr als 100.000 oder 150.000 Diabilder von Flugzeugen fotografiert, so ganz genau können sie es selbst nicht mehr sagen. Bei Regen und Schnee, Kälte und Hitze. Oft stundenlanges Warten am Rande des Flugfelds, vor allem bevor es das Internet gab.

Früher habe er sich sogar in Gefahr gebracht, an unwegsamen Flughäfen mit zweifelhaften Bewachern im Kongo oder in den arabischen Emiraten, wo ein Foto-Ausflug auch schon mal auf dem Polizeirevier enden konnte. „Das mache ich nicht mehr, ich bin ruhiger geworden“, sagt Geerdts.

Rund 200 bis 300 Planespotter gibt es allein in Hamburg, 750 haben das Fachmagazin „Luftfahrt-Journal“ abonniert und sind Mitglieder im Planespotter-Verein Coincat. Block arbeitet bei der Lufthansa Technik und ist damit einer der wenigen, die auch beruflich einen Bezug zur Luftfahrt haben. „Sonst sind alle möglichen Berufe vertreten.“ Aber es mangelt an Nachwuchs. „Der Verein ist überaltert, die jungen Leute interessieren sich nicht mehr so.“ Das Hobby ist ohnehin eine reine Männersache. „In Hamburg kenne ich keinen weiblichen Planespotter, international vielleicht zwei oder drei.“

Was ist nun so toll daran, Flugzeuge zu fotografieren? Oder Schiffe, Eisenbahnen, Autos? Denn auch für andere Transportmittel gibt es jeweils eine entsprechende Spotter-Szene. Geerdts zuckt mit den Schultern. „Das kann ich auch nicht so genau sagen. Die Faszination für die Luftfahrt. Es ist jedenfalls kein langweiliges Hobby.“ Denn auf vielen Reisen sammeln die Planespotter nicht nur Flugzeug-Fotos, sondern auch Erlebnisse. Und Freundschaften mit Gleichgesinnten. Der G20-Gipfel wird so manches Wiedersehen bringen.

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