Grundsteuerreform Dieser Kompromiss zeichnet sich ab

Die umstrittene Reform der Grundsteuer ist auf der Zielgeraden, ein Kompromiss zeichnet sich ab. Quelle: imago images

Noch haben sich Bund und Länder auf keine Grundsteuerreform geeinigt. Die WirtschaftsWoche hat nun alle Bundesländer befragt. Ergebnis: Ein Kompromiss aus Fläche und Bodenwert ist wahrscheinlich.

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Die Grundsteuer muss neu geregelt werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige Grundsteuererhebung im vergangenen April gekippt. Noch dieses Jahr müssen sich Bund und Ländern daher auf eine Neuregelung einigen, ansonsten müssen die Kommunen auf insgesamt 14 Milliarden Euro Steuereinnahmen verzichten. Bislang gab es jedoch keinen Durchbruch.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte Ende vergangenen Jahres zwei Modelle für die Reform auf den Tisch gelegt. Zum einen ein wertabhängiges Modell (WAM), das sich aus den Faktoren Bodenrichtwert, Nettokaltmiete, Baujahr, Grundstücks- und Gebäudefläche bei der Bemessung der Grundsteuer zusammensetzt. Dieses Modell wird vom Bundesfinanzministerium favorisiert.

Zudem legte Scholz ein wertunabhängiges Modell (WUM) vor. Nach diesem Modell sollen alle Grundstücke und Gebäude allein nach ihrer Fläche unabhängig von ihrer Lage besteuert werden.

Jetzt zeichnet sich nach Recherchen der WirtschaftsWoche ein möglicher Kompromiss ab. Dass es am Anfang der Woche deutliche Fortschritte gegeben habe, berichten inzwischen auch andere Medien. Demnach seien die beiden umstrittensten Bestandteile des Vorschlags, Nettokaltmiete und Baujahr, vom Tisch. Diese waren vor allem wegen ihres immensen Aufwands für Steuerbehörden und Steuerzahler scharf kritisiert worden.    

Länderbefragung zeigt Favorisierung eines Mischmodells

Welche Variante am Ende auch Gesetz wird, war bislang schwer zu sagen. Erschwerend kommt hinzu, dass im Bundesrat, der der Neuregelung zustimmen muss, die Regierungsparteien keine Mehrheit haben. Sie sind auf die Stimmen der Länder angewiesen, in der Minister anderer Parteien wie FDP, der Grüne, der Linken oder auch der Freien Wähler mit am Tisch sitzen.

Die WirtschaftsWoche hat deshalb alle Bundesländer einzeln befragt, ob sie das wertabhängige Modell (WAM) oder das wertunabhängige Flächenmodell (WUM) unterstützen. Zusätzlich gab die WirtschaftsWoche den Bundeländern die Möglichkeit, einen anderen Vorschlag für Neuregelung der Grundsteuer selbst zu skizzieren.

Ergebnis: Es läuft auf einen Kompromiss aus den beiden Modellen hinaus. So gaben insgesamt acht Bundesländer in ihrem Antwortschreiben an, dass sie ein wertabhängiges Modell oder eine Grundsteuer mit „Wertbezug“ unterstützen. Zu dieser Gruppe gehören die Länder Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, das Saarland, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Allerdings kommen diese Länder zusammen nur auf 31 Stimmen im Bundesrat. Für eine Mehrheit sind aber 35 nötig.  

Neu ist seit dieser Woche der Kompromiss-Vorschlag eines sogenannten Flächen-Lage-Modells (FLAM), das von der Schleswig-Holsteinischen Finanzministerin Monika Heinold vorgeschlagen worden war. Dieses Modell würde statt des Bodenrichtwerts für jedes Grundstück einen Lage-Parameter bei der Grundsteuer einführen. Dieser würde die verschiedenen Grundstückswerte anhand von Zonen widerspiegeln und so indirekt die durchschnittlichen Bodenrichtwerte und damit den Wert der Immobilie bei der Grundsteuer berücksichtigt, da die Wertunterschiede bei Häusern meist auf deren unterschiedliche Lage zurückzuführen sind.

Auch Niedersachsens Finanzmister Hilbers hatte ein ähnliches Modell vorgeschlagen. Nach dem Vorschlag des Niedersächsischen Finanzministers, die der WirtschaftsWoche vorliegen, soll sich die Grundsteuer zukünftig anhand von folgenden Pauschalen berechnen lassen:

- für Grundstücke 2 Cent pro qm

- für die Wohnfläche 20 Cent pro qm

- für Gewerbegebäude 35 Cent pro qm

Diese Pauschalen werden dann jeweils mit einem Lagefaktor individuell multipliziert, wobei mindestens 40 Prozent für eine einfache Lage und maximal 200 Prozent für Spitzenlage in einer Kommune veranschlagt werden. Das Modell sei „äußerst bürokratiearm umsetzbar“, wie es in einem Schreiben des Niedersächsischen Finanzministeriums heißt. Zusätzlich bliebe den Kommunen die Möglichkeit über den Hebesatz, die Grundsteuer im Ganzen abzusenken oder zu erhöhen.

Was nicht im Entwurf steht: Unbebaute Grundstücke würden durch dieses Modell profitieren, da die Pauschale für die Grundstücksfläche nur ein Zehntel der Wohnflächenpauschale bei der Grundsteuer beträgt.

Können sich diese zehn Länder auf ein gemeinsames Modell einigen, hätten sie eine komfortable Mehrheit von 41 Stimmen im Bundesrat.

Länderantworten im Detail:

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