Höhere Steuern auf Vermögen Unterstützung für Gerechtigkeits-Wahlkämpfer Schulz

In der Gerechtigkeitsdebatte bekommt SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz Zuspruch von ungewohnter Seite. Die Katholische Kirche unterstützt seine Ideen, Bürger zu entlasten. Und auch aus der CDU kommen positive Signale.

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„Bei unserem Programm wird es um Gerechtigkeit, um Respekt und um Würde gehen.“ Quelle: dpa

Berlin Mit Martin Schulz rückt die Frage ins Zentrum, wie gerecht es in Deutschland zugeht. „Bei unserem Programm wird es um Gerechtigkeit, um Respekt und um Würde gehen“, hatte der SPD-Kanzlerkandidat jüngst angekündigt. Er will gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, Begrenzung der Managergehälter, kostenlose Kitas. Und die ungleiche Besteuerung von Kapitalerträgen und Arbeitseinkommen soll auch weg.

Solche Gedankenspiele treffen den Nerv vieler politischer Akteure im Bundestagswahlkampf. Selbst der Münchner Erzbischof und Kardinal Reinhard Marx stellte im „Spiegel“ fest, es wachse in der Bevölkerung das Empfinden, „dass nicht alle die gleichen Chancen haben“. Seine Analyse verband der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz sogleich mit einer Forderung: „Im Sinne der Gerechtigkeit müssen Vermögen und Erbschaften, aber auch der Kapitalverkehr stärker besteuert werden“, sagte er. Wenn die Vermögensverteilung in Deutschland immer ungleicher werde, könne der Staat nicht so tun, als ob ihn das nichts anginge.

Nach Marx‘ Beobachtung sorgen sich viele Menschen, „ob sie auf Dauer einen Arbeitsplatz haben, von dem sie und ihre Angehörigen auskömmlich leben können und der ihnen später eine Altersversorgung oberhalb der Sozialhilfe sichert“. Alle Menschen müssten daher die Chance haben, für sich und ihre Familien zu sorgen und nicht von der sozialen Entwicklung abgekoppelt zu werden. Marx hofft daher auch, dass diese traditionelle Forderung der christlichen Kirchen auch im anstehenden Bundestags-Wahlkampf thematisiert wird.

Aus dem CDU-Sozialflügel kommen in dieser Hinsicht positive Signale. „Wenn die Aktiendividenden stärker steigen als die Löhne, entsteht eine Gerechtigkeitslücke, die geschlossenen werden muss“, sagte der Bundesvize der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, dem Handelsblatt. Konkret plädiert Bäumler für die Abschaffung der Abgeltungssteuer, die die Besteuerung von Kapitalerträgen privilegiere. „Einnahmen aus Kapital und Arbeit müssen gleich besteuert werden“, sagte der CDA-Vize. Bäumler ist mit seiner Forderung auf der gleichen Linie wie SPD und Linke, die pauschale Abgeltungsteuer von 25 Prozent auf Kapitalerträge ebenfalls abschaffen wollen.

Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer hält davon aber wenig. „Es kann nicht zwangsläufig mit Mehreinnahmen aus der Abschaffung der Abgeltungsteuer gerechnet werden“, sagte der CDU-Politiker vor wenigen Wochen der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“.

Schäfer begründete seine Ablehnung seinerzeit damit, dass die Einführung der Pauschalbesteuerung im Jahr 2009 mit einer Streichung von Ausnahmeregelungen verbunden war. Bei einem Wegfall der Abgeltungsteuer müsse es zumindest bei Dividenden eine Sonderregelung geben. Ansonsten drohe eine zu hohe Gesamtbelastung.


„Nach dem Panik-Modus folgt jetzt der Wahlgeschenke-Modus“

Die Zeitungen zitierten damals aktuelle Zahlen des Bundesfinanzministeriums. Aus der Ausstellung geht demnach hervor, dass die Einnahmen aus der Abgeltungsteuer im vergangenen Jahr auf 25,4 (Vorjahr: 26,2) Milliarden Euro gesunken sind. Davon entfielen 19,5 Milliarden Euro auf die Besteuerung von Dividenden. Die Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge machte knapp sechs Milliarden Euro aus. Wegen der Niedrigzinsphase gingen die Steuereinnahmen aus Zinsen und Veräußerungsgewinnen um 28 Prozent zurück.

Von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist bekannt, dass er die Bürger ab 2018 jährlich um 15 Milliarden Euro steuerlich entlasten will. Zudem will er den angekündigten Abbau des Solidaritätszuschlags auch im Wahlprogramm der Union festschreiben. „Sie können davon ausgehen, dass der Soli-Abbau ab 2020 im Unionsprogramm stehen wird“, sagte er der „Rheinischen Post“ und fügte hinzu: „Und dass die Union verlässlich ist, hat sie ja gezeigt: Seit 2013 gab es keine Steuererhöhungen.“

Zu den Steuerentlastungen schreibt der „Spiegel“, Schäubles Fachleute bastelten an einem Modell, das Steuernachlässe für alle Bürger ermögliche. Ein bisschen sollten jeweils die Bezieher unterer und oberer Einkommen profitieren, am meisten aber Menschen mit mittleren Jahreseinkommen zwischen 30.000 und 50.000 Euro wie Handwerker und Angestellte. Dazu sollten die aktuellen Steuersätze erst bei höheren Einkommen greifen.

„Die Steuerbelastung steigt bei den unteren und mittleren Einkommen zu schnell an. Wir wollen deshalb den so genannten Mittelstandsbauch im Steuertarif schrittweise verschlanken. Daraus folgt auch denknotwendig, dass der Spitzensteuersatz erst später greifen muss als schon ab 54.000 Euro Jahreseinkommen“, sagte Schäuble dazu der „Rheinischen Post“.

SPD, Linke und Grüne kritisierten die „Wahlgeschenke“ Schäubles. „Nach dem Panik-Modus folgt jetzt der Wahlgeschenke-Modus“, sagte SPD-Vize Ralf Stegner der „Welt am Sonntag“. Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger sagte der Zeitung, bei den versprochenen Entlastungen würde für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen nicht viel hängenbleiben. „Wirklich etwas für diese Menschen kann man nur tun, wenn man im Gegenzug die Steuern für Reiche und Superreiche erhöht.“

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