
Heiner Geißler soll es entscheiden. Der ehemalige CDU-Generalsekretär hat trotz seines hohen Alters von 80 Jahren noch mal ein ganz heißes Eisen angepackt. Wahrscheinlich sogar das heißeste Eisen, das ein Politiker in diesen Monaten überhaupt anpacken kann.
Im Auftrag von Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) soll Geißler den Streit um das Mammutprojekt Stuttgart 21 schlichten. Die Bevölkerung der Landeshauptstadt hat mit Unterstützung von zahlreichen Protestlern aus der ganzen Republik versucht, den geplanten Abriss des alten Stuttgarter Bahnhofs zu stoppen. Ende September eskalierte der Konflikt als Polizisten zahlreiche größtenteils friedliche Demonstranten zum Teil aufs Schwerste verletzten.
Gewaltige Investition
Ungeachtet aller Proteste wollen Architekten, beauftragt von der Deutschen Bahn, den alten Kopfbahnhof und weite Teile der Gleisverbindung unter der Erde verschwinden lassen. Die Gegner des ehrgeizigen Projekts halten das für eine Milliardenverschwendung, die keinen verkehrpolitischen Nutzen bringt. Allerdings gibt es – auch in Stuttgart – viele, die den Neubau wollen. Ihr Argument: Ein unterirdischer Durchgangsbahnhof schafft Platz in der engen Innenstadt und modernisiert das deutsche Verkehrsnetz nachhaltig.
Heiner Geißler nun wird nach endlosen Anhörungen beider Seiten Anfang kommender Woche sein Schlichterurteil sprechen. Ministerpräsident Mappus hat schon angekündigt, über alle Vorschläge zu reden, sofern diese keinen Baustopp oder das Ende des Bahnhofsprojekts beinhalten.
Abgesehen von der politischen Brisanz ist Stuttgart 21 ein gewaltiges Investitionsvorhaben, das aus ökonomischer Sicht kühl kalkuliert werden muss. Der Neubau lohnt nur dann, wenn sein Nutzen die Kosten übersteigt. Das gilt es, sauber auszurechnen.