
Dass Konrad Adenauer irrte, wissen wir seit dem Pillenknick. Kinder kriegen die Leute eben nicht immer - schon gar nicht, wenn sie in Deutschland wohnen. Statistisch betrachtet bringt jede Frau nur 1,39 Kinder zur Welt, dieser krud-krumme Wert gehört längst zur Allgemeinbildung. In nur zehn europäischen Ländern dümpelt die Geburtenziffer noch etwas weiter unten herum.
Alles schon mal gehört, alles nicht neu. Warum hierzulande aber nur so wenige Babys zur Welt kommen, hat jetzt die Bundesregierung untersuchen lassen. Dabei wagte sie ein interessantes Experiment: Erstmals sollten Wissenschaftler dabei auch die Gemütslage der Deutschen ergründen.
Die wichtigsten Antworten zum Betreuungsgeld
Das Betreuungsgeld soll zum 1. August 2013 starten, zeitgleich zum Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für unter dreijährige Kinder.
Im ersten Jahr soll es 100 Euro und vom 1. August 2014 an 150 Euro im Monat betragen.
Das Geld kann für Kinder beantragt werden, die nach dem 31. Juli 2012 geboren wurden. Ausgezahlt wird es an Eltern, die ihre ein- und zweijährigen Kinder zu Hause erziehen und somit nicht vom Kita-Ausbau profitieren. Auch Berufstätige sollen das Geld beziehen können, wenn sie für ihr Kind keine öffentlich geförderte Betreuung oder eine kommunal bezuschusste Tagesmutter in Anspruch nehmen. Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe profitieren nicht, da das Betreuungsgeld hier angerechnet wird. Das Betreuungsgeld wird nicht parallel zum 14-monatigen Elterngeld ausgezahlt. Es ist daher auf 22 Monate begrenzt.
Die Kosten werden für 2013 mit 55 Millionen statt ursprünglich 300 Millionen und für 2014 mit 680 Millionen Euro statt der bisher veranschlagten 1,2 Milliarden Euro beziffert.
Kritiker bemängeln, dass gerade diejenigen Kinder vom Besuch einer Kita abgehalten werden könnten, die eine frühkindliche Bildung besonders nötig hätten. Zudem würden Frauen dazu angehalten, eine Berufstätigkeit zurückzustellen. Beim Betreuungsgeld handele es sich daher um eine "Fernhalteprämie". Auch als "Herdprämie" für Mütter wird die Leistung verspottet. Weiter führen Gegner an, das Geld könne für den Ausbau von Krippenplätzen sinnvoller eingesetzt werden. Die Befürworter halten entgegen, erst mit dem Betreuungsgeld werde für Eltern echte Wahlfreiheit geschaffen, sich für ein Familienmodell zu entscheiden.
Durch ein weiteres geplantes Gesetz sollen Eltern die Möglichkeit erhalten, anstelle einer Barauszahlung das Betreuungsgeld auch für ihre private Altersvorsorge oder zum Bildungssparen für ihr Kind zu nutzen. Eltern, die sich für eine dieser beiden Varianten entscheiden, sollen zusätzlich einen Bonus von 15 Euro pro Monat erhalten. Allerdings müssen zu diesen Wahlmöglichkeiten noch zentrale Details geklärt werden.
In einem Bericht, aus dem die "Süddeutsche Zeitung" zitiert, kommt das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung nun zu dem bitteren Ergebnis, dass das Kinderkriegen schlicht immer "unattraktiver" werde. Nicht die Finanzen sind damit gemeint, sondern das Lebensgefühl: Frauen hätten verstärkt die Sorge, sie könnten Beruf und Elternschaft nicht vereinbaren.
Angst vor dem "Rabenmutter-Klischee"
Und das hat auch mit falsch verstandenem Perfektionismus zu tun: Das kulturelle Leitbild der "guten Mutter", die sich zu Hause für ihre Kinder aufopfere, sei vor allem in den alten Bundesländern noch sehr stark verbreitet. Erwerbstätigkeit mit kleinen Kindern werde gesellschaftlich nicht toleriert. Berufstätige Frauen würden sich im Zweifel eher gegen ein Kind entscheiden. Aus Angst, das deutsche "Rabenmutter-Klischee" zu erfüllen. Aus Sorge, einem Kind nicht gerecht zu werden, wenn sie ihren Beruf nach der Geburt nicht aufgeben wollen. Nirgendwo auf der Welt gibt es mehr kinderlose Frauen als in Deutschland. Vor allem unter Akademikerinnen ist diese Quote hoch.