Nord Stream 2 Manuela Schwesigs Kontrollverlust ist inakzeptabel

Unter Druck: Manuela Schwesig (SPD) gerät wegen einer umstrittenen Stiftung und Kontakten nach Russland in Erklärungsnot. Quelle: Imago

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern hat den Pipelinebetreiber Nord Stream 2 offenbar mitregieren lassen. Das sollte Folgen haben. Ein Kommentar.

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Es wären schon Politikerinnen und Politiker wegen Geringerem zurückgetreten als Manuela Schwesig (SPD). Das Ausmaß an Kungelei zwischen der von ihr geführten Landesregierung und dem Konzern Nord Stream 2, um amerikanische Sanktionen zu umgehen, ist jedenfalls mehr als nur irritierend.

Die Art und Weise, wie eine Klimastiftung (überwiegend von Nord Stream finanziert und wohl auch mitkonstruiert) die gefährdete Gaspipeline absichern sollte, dokumentiert eine mutwillige Preisgabe demokratischer Souveränität und Kontrolle, die sich noch als politisches Geschick zu tarnen versuchte. Darin liegt der eigentliche Skandal.

Denn damit auch das gesagt ist: Bis vor wenigen Wochen war die Protektion der Gaspipeline von Russland an die Ostseeküste deutsche Staatsräson – von Angela Merkel über Peter Altmaier (beide CDU) bis zu Olaf Scholz und Gerhard Schröder (beide SPD), auch wenn daran keiner mehr gern erinnert wird (außer Schröder vielleicht). Unsere osteuropäischen Partner hatten recht mit ihren Warnungen, selbst Donald Trump hatte recht. Wir nicht.

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Aber selbst nach den Kriegsverbrechen von Butscha und nach der Einäscherung Mariupols macht die Bundesrepublik (und machen deutsche Konzerne) weiter Tag für Tag Energiegeschäfte mit Wladimir Putin, obwohl der die Grenze zum Tolerierbaren längst unumkehrbar überschritten hat. Weil wir – die Bundesregierung, viele Konzernchefs – glauben, uns humanitäre Konsequenz noch nicht leisten zu können. Weil wir fürchten, den wirtschaftlichen Preis eines Öl- und Gasboykotts selbst nicht tragen zu können. Es kann, es muss nicht sein, dass Historiker dies eines Tages als zweites Appeasement deuten werden.

Will sagen: Vor dem Epochenbruch der russischen Invasion hatte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin wie viele andere immerhin noch nachvollziehbare wirtschaftliche Gründe, so zu handeln, wie sie handelte. Allein die politischen Mittel, die sie wählte, die Partner, die sie dafür konsultierte, und die Wege, die sie einschlug, waren schon da vollkommen inakzeptabel.

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