Notbetreuung in Kindertagesstätten Mutti springt schon ein? Von wegen!

Ein zweijähriges Kind spielt im Wohnzimmer, während seine Mutter im Homeoffice an einem Laptop arbeitet. Quelle: dpa

Die staatliche Kinderbetreuung ist am Limit, Eltern sind es auch. Deutlich mehr Geld für Kitas wäre für Länder und Kommunen die beste Investition in den Wirtschaftsstandort. Ein Kommentar.

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Wenn am Morgen in der Kita-Chatgruppe neue Nachrichten angezeigt werden, ist das selten gut. Von „leider nur Notbetreuung“ über „wir schließen schon um 13 Uhr“ bis hin zu „die Bienengruppe muss heute zu Hause bleiben“: In diesem Winter ist der Ausnahmezustand für Eltern der Normalfall. 

Als würde es nicht genügen, dass eine Welle aus Infekten über Kinder (und ihre Eltern) hinwegrollt und für ständige Krankheitsausfälle sorgt: Ist endlich einmal die ganze Familie gesund, wird mit Sicherheit die Kinderbetreuung eingeschränkt. Und wieder sitzt mindestens ein Elternteil zu Hause.

Klar, auch Kitas leiden unter dem hohen Krankenstand. Sie leiden aber vor allem darunter, dass die kommunale Kinderbetreuung seit Jahren auf Kante genäht ist. Es ist schlicht nicht vorgesehen, dass mehr als eine Betreuungskraft ausfällt. Passiert es doch, wie in diesem Jahr leider ständig, setzt sich eine Spirale in Gang: Eltern müssen die Betreuung ihrer Kinder anderweitig organisieren. Wer keine Omas oder Opas einspannen kann, sitzt dann mit dem Nachwuchs im Homeoffice oder muss – wenn Heimarbeit nicht möglich ist – Urlaub nehmen. Die Folge: Die Arbeit bleibt liegen.

Die Lage in den Kitas ist lange bekannt. Passiert ist wenig. Viele Versprechen, Pläne, Initiativen, Qualitätsoffensiven. Ein paar Millionen für Sprachförderung und gesunde Ernährung – was soll das bringen, wenn die Kita ständig geschlossen ist? Einzelne Bundesländer, etwa Nordrhein-Westfalen, haben zuletzt etwas mehr Geld in die Hand genommen. Angesichts der Lage war auch das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Mehr Geld allein reicht ohnehin nicht: Die Arbeit in Kindergärten muss attraktiver werden, es müssen mehr Fachkräfte her.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass Politiker die Kinderbetreuung immer noch für Trallafitti halten. Oder der Ansicht sind: Wenn es mal hakt, kann doch Mama einspringen. Nein, kann sie nicht! Mama arbeitet Vollzeit, und zwar gerne.

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Quer durch die Republik berichten Lokalzeitungen von verzweifelten Eltern, die Angst um ihre Jobs haben, weil sie wegen eingeschränkter Kinderbetreuung immer wieder bei der Arbeit ausfallen. Oder von Arbeitgebern, die in Kitas anrufen und fordern, dass endlich wieder geöffnet wird, sonst könne man als Chef bald seinen Laden dicht machen.

Gut ausgestattete Kitas sind kein „Nice to have“, sondern ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Städte und Kommunen investieren gern Geld in Prestigeprojekte, um als Wirtschaftsstandorte attraktiver zu werden. Am attraktivsten ist aber ein Standort, an dem berufstätige Eltern nicht ständig bei der Arbeit ausfallen, weil die Kinderbetreuung bröselt. Die Lage in diesem Winter ist das bisher deutlichste Warnzeichen. Wird es überhört, hilft wohl nur noch ein Elternstreik.

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