Pay for Performance Bezahlt Lehrer endlich nach Leistung!

Insbesondere im Bereich Informatik hapert es im deutschen Schulsystem. Quelle: imago images

Deutschlands Bildungsdesaster wird immer größer. Wer die Zeitwende ernsthaft will, muss schon in der Schule anfangen – und Lehrer nach Leistung bezahlen. Ein Kommentar.

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Deutschland steckt mitten in der Bildungskatastrophe: Lesen, Schreiben, Rechnen, darin schneiden schon die Grundschülerinnen und Grundschüler immer schlechter ab. 22 Prozent der Viertklässler schaffen nicht einmal die Mindestanforderungen in Mathematik, 30 Prozent scheitern sogar an der Rechtschreibung, zeigt der kürzlich veröffentlichte IQB-Bildungsbericht.

Die Coronapandemie hat den Trend zwar verschärft, aber neu ist er nicht. Schon seit 2016 werden die Defizite immer größer. Das kann sich Deutschland nicht mehr länger leisten. Wer eine Zeitenwende verspricht, muss nicht nur für Panzer und Patronen sorgen: Resilienz fängt schon in der Schule an. Wie will das Land der Weltmarktführer wettbewerbsfähig bleiben, wenn es seinen Fachkräften von morgen noch nicht einmal das Einmaleins beibringen kann?

Nun sind die Kinder aber nicht plötzlich zu blöd – sondern die Politik ist zu bräsig. Statt sich mit aller Kraft dem drohenden Desaster für den Standort Deutschland zu widmen, hat es sich die Kultusministerkonferenz in ihrer Ambitionslosigkeit so richtig gemütlich gemacht. Zeitenwende? Bitte nicht bei uns.

Umso erfreulicher ist es deshalb, wenn Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger die Länder jetzt aus ihrem Tiefschlaf weckt. Die FDP-Politikerin fordert eine Leistungsprämie für besonders engagierte Lehrkräfte. Wer sich für die Chancen und die Zukunft der Kinder einsetzt, soll belohnt werden, erklärt sie.

Der Lehrerberuf würde durch ein solches Vergütungssystem auch attraktiver für junge Menschen und Quereinsteiger. Die Abbrecherquote wird unter Lehramtsstudenten inzwischen auf 16 Prozent geschätzt. Der Fachkräftemangel hat längst die Klassenzimmer erreicht.

Stark-Watzingers Vorschlag ist deshalb richtig, um gegen die Bildungskatastrophe zu wirken – allerdings sollte das Prinzip Pay for Performance (P4P) nicht bei den Paukern enden, sondern gleich auf den gesamten öffentlichen Dienst ausgedehnt werden.

Denn wer sich über den Stillstand in manchen Ämtern wundert, muss nur mal in den Tarifvertrag (TVÖD) schauen. Dort gibt es für Beschäftigte zwar die Pflicht, tätig zu werden – von der Pflicht, einen bestimmten Erfolg herbeizuführen, ist aber nicht die Rede. Und schon gar nicht in einem festgelegten Arbeitstempo.

Nun soll hier keineswegs das Klischee des faulen Beamten bedient werden, erst kürzlich berichtete Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), dass seine Mitarbeiter im Ministerium Überstundenrekorde leisten, und im Burn-out landen angesichts der Vorhabenflut zur Bewältigung der Energiekrise. Auch in den Ländern und Kommunen stapeln sich die Akten – dass eine digitalisierte Verwaltung helfen würde, ist wiederum ein anderes Thema.

Aber es gibt eben auch anderen Beispiele aus den Behörden. Wer in einer Brandenburger Kommune beispielsweise einen Bauantrag einreicht, muss beten, dass der zuständige Mitarbeiter mehr als fünf Akten pro Woche im Homeoffice schafft. Das ist freilich zugespitzt – aber ein Beispiel dafür, dass es eben keinerlei Leistungsvorgaben und -kontrollen anhand messbarer Kriterien gibt, wie sie in der Wirtschaft Standard sind.

Dabei eröffnet der TVÖD schon heute die Möglichkeit für leistungsgerechte Bezahlung, passenderweise wird sie mit „LOB“ abgekürzt. Wie oft das „Lob“ in der Praxis genutzt wird, für wen und wann, darüber ist wenig bekannt – klar ist allerdings, dass Belohnung oft besser als Bestrafung wirkt. Wer aber keinerlei Vorteil davon hat, wenn er sich besonders oder mehr anstrengt als andere, der wird das auch eher selten tun.

Auch für Lehrer stehen schon jetzt Töpfe bereit, um Zusatzleistungen zu belohnen, doch die wenigsten Länder nutzen bisher diese Option. Wenn Stark-Watzinger nun eine Leistungsprämie fordert, kann hier angesetzt werden, ohne das große Rad der Bildungs- oder Beamtenreform zu drehen. Schnell und pragmatisch sollte bei einem Fach begonnen werden, bei dem besonders großer Mangel herrscht: der Informatik.

Rund 254.000 Studierende sind im aktuellen Wintersemester in dem Fach immatrikuliert – viele der Absolventen dürfte es nach dem Master aber eher in die Wirtschaft ziehen, die mit deutlich höheren Schecks lockt. Wenn Schulen ihnen nun eine IT-Zulage zahlen könnten, wäre der Job als Informatiklehrkraft deutlich konkurrenzfähiger. Womöglich könnte Informatik dann auch bundesweit zum Pflichtfach werden, schon ab der Grundschule. Ein Halleluja hallt durch die Fax-Republik.

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Wie gut das Prinzip Pay for Performance funktioniert, sollten Länder aber auch für andere Fächer an Projektschulen testen können. Bekommen sie mehr und qualifiziertere Bewerber, schneiden deren Schülerinnen und Schüler in den Bildungstests besser ab, dann sollte die leistungsrechte Bezahlung jeweils landesweit eingeführt werden – denn eines dürfen die Kultusministerinnen und -minister nicht mehr verspielen: Die Zukunft unseres Landes.

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