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Eine Seniorin hält ihren Rentenbescheid in der Hand. Quelle: dpa

Zeit für die Lindner-Rente

Hauke Reimer
Hauke Reimer Stellvertretender Chefredakteur WirtschaftsWoche

Mit einem Staatsfonds hätten die Rentenversprechen der Politik doch noch ein kleines, ehrliches Fundament. Eine Aktienrente wäre wahrhaft sozial.

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Das leidige Rententhema wird die Koalitionsverhandlungen bestimmt nicht dominieren. Der FDP um Christian Lindner aber bietet sich die Chance, hier etwas durchzusetzen, was bleibt – und eindeutig ihre Handschrift trägt. Im Wahlkampf war die Rente zu schnell abgeräumt. Olaf Scholz erzählte sein Rentenmärchen und machte Punkte mit der Fortschreibung des Versprechens, dass alles bleibt, wie es ist – was den Steuerzahler im vergangenen Jahr 100 Milliarden Euro Rentenzuschuss gekostet hat.

Die systemwidrige Quersubventionierung aber, das wissen alle, wird nicht so weitergehen. Weil das Land über seine Verhältnisse lebt, der nächsten Generation nicht noch mehr aufladen kann. Und weil angesichts steigender Inflation früher als erwartet Zinsanhebungen drohen. Die könnten den Staatshaushalt zusätzlich belasten und weiteres Schuldenmachen erschweren.

Die FDP sollte die Chance nutzen und eine Aktienrente als zweite Säule der Altersvorsorge durchsetzen. Zwei Prozent des Bruttoeinkommens aller Beschäftigten könnten in einen Staatsfonds fließen, der Aktien kauft und später Renten zahlt. Private Altersvorsorge auf Basis von Aktien, immerhin, hat Scholz schon mal empfohlen. Was für Private taugt, hilft auch dem System – das müsste Lindner klarmachen und etwas dafür auf den Tisch legen, zum Beispiel Entgegenkommen beim Mindestlohn. Gerade Geringverdienern, die sich sonst keine Aktien leisten können, würde eine aktienbasierte Rente helfen – das wäre sozial.

Vor über 20 Jahren hat Rot-Grün Riester eingeführt. Jetzt hat die Ampel Chancen, es besser zu machen. Von Riester hat nur die Finanzbranche profitiert, der Fehler sollte beim Staatsfonds vermieden werden. Der Atomfonds, der Atomlasten finanzieren soll, macht Hoffnung. Fast 20 Prozent plus schaffte er in zwei Jahren. Warum sollte ein Staatsfonds für die Rente das nicht packen?

Klar, nach zwölf Jahren Hausse hätte es bessere Zeitpunkte gegeben. Doch irgendwann muss man anfangen. Vorbilder existieren, in Schweden, Dänemark, Norwegen. Das speist seinen Fonds aus Ölgeldern. Deutschlands Öl ist das technologische Know-how von Millionen Beschäftigten. Das sollte auch deren Altersvorsorge stärker zugutekommen, zumal dieser Rohstoff noch viel länger Wohlstand schaffen wird als das endliche und zunehmend verfemte Öl. Vorausgesetzt, der Leistungswillen der nächsten Generationen wird nicht gebrochen – durch weiter steigende Steuern und Rentenbeiträge.

Mehr zum Thema: Auch stark auf Aktien basierende Modelle werden die Rente nicht retten. Die Politik verdrängt die Realität: Wer gesund ist, wird bald länger arbeiten. Viele tun das nur zu gerne – und erproben mit ihren Unternehmen längst den berufsaktiven Ruhestand.

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