Terrorverdacht „Die AfD ist eine Gefahr für die innere Sicherheit in diesem Land“

Entsetzen im Bundestag: Ein mutmaßlicher Komplize eines Terrorverdächtigen arbeitet für einen AfD-Abgeordneten. Die SPD fordert Konsequenzen.

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„In höchstem Maße beunruhigend“: Die Grünen kritisieren, dass ein AfD-Abgeordneter einem Mitarbeiter, der unter Terrorverdacht steht, Zugang zu den Liegenschaften des Deutschen Bundestags verschafft haben soll. Quelle: Reuters

Berlin Entsetzt und empört haben Politiker von SPD und Grünen darauf reagiert, dass ein mutmaßlicher Komplize des terrorverdächtigen Bundeswehrsoldaten Franco A. für den AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Nolte arbeitet. Nolte bestätigte eine entsprechende Recherche von „Zeit Online“ auf seiner Facebook-Seite.

„Es ist verheerend, wenn Menschen, gegen die als Terrorhelfer ermittelt wird, auch noch auf Kosten der Steuerzahler im Bundestag beschäftigt werden. Die AfD ist eine Gefahr für die innere Sicherheit in diesem Land“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, dem Handelsblatt. „Wenn sie nur noch ein Fünkchen Anstand besitzt, muss der Betroffene sofort entlassen werden.“

Besorgt äußerte sich der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. „Es ist in höchstem Maße beunruhigend, wenn Abgeordnete der AfD-Fraktion versuchen, Mitarbeitern Zugang zu den Liegenschaften des Deutschen Bundestags verschaffen, die unter Terrorverdacht stehen“, sagte von Notz dem Handelsblatt. Dies gelte umso mehr, als dass die Ermittlungsbehörden nach derzeitigem Stand davon ausgingen, dass Franco A. und seine Komplizen einen Anschlag planten, bei dem ein hoher politischer Vertreter getötet werden sollte, um diese Tat einem Geflüchteten anzuhängen.

Von Notz erhob gegen die AfD schwere Vorwürfe. „Eine unter Terrorverdacht stehendende Person bewusst als Mitarbeiter zu beschäftigen, stellt die Orientierung der AfD an der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik erneut offen in Frage“, sagte er. Es sei „überfällig“, dass sich Partei und Fraktion „in Wort und Tat klipp und klar“ vom Rechtsextremismus distanzierten. „Wir dürfen nicht zulassen, dass diejenigen, die offensichtlich unsere parlamentarische Demokratie abschaffen wollen, dies aus dem Deutschen Bundestags selbst heraus betreiben.“

Nach Recherchen von „Zeit Online“ lässt sich der AfD-Verteidigungspolitiker Nolte bei seiner parlamentarischen Arbeit von dem mutmaßlichen Terrorhelfer Oberleutnant Maximilian T. unterstützen. Das belege unter anderem eine E-Mail, die T. im Februar 2018 im Auftrag Noltes als dessen „Persönlicher Referent“ von einem der Bundestags-Accounts des Abgeordneten verschickt hat.

Laut dem Bericht soll Nolte schon im Herbst 2017 versucht haben, für T. einen Hausausweis für den Zutritt zu den Bundestagsgebäuden zu erhalten. Die Bundestagsverwaltung lehnte den Antrag jedoch ab.

Gegen T. ermittelt die Bundesanwaltschaft. Er wird verdächtigt, gemeinsam mit Franco A. eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben. Unter dieser Formulierung verfolgt die Bundesanwaltschaft Fälle, in denen es mutmaßlich um Terrorismus geht. Der Bundeswehroffizier Franco A. soll sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und unter dieser Tarnung Anschläge vorbereitet haben. T. gilt als ein mutmaßlicher Komplize, bestreitet aber die Vorwürfe.

Die Bundeswehr teilte laut dem Bericht mit, T. sei offiziell noch immer Soldat im Stab des Jägerbataillons 291, das zur Deutsch-Französischen Brigade gehört. Nach Aussage eines Heeressprechers ist er dort weiterhin im Dienst. Bei seinen Vorgesetzten habe er eine Genehmigung für Nebentätigkeit für den Bundestagsabgeordneten beantragt.

Nolte erklärte auf seiner Facebook-Seite, der Mitarbeiter sei Oberleutnant der Jägertruppe und Mitglied der AfD. Der im Raum stehenden Vorwurf, er habe mit dem „falschen Syrer“ Franco A. kollaboriert, sei falsch.

Nolte schrieb weiter: „Es geht um eine einzige Whatsapp-Nachricht, in der Franco A. ihn darum bat, ihn wegen einer Autopanne bei seinem Vorgesetzten zu entschuldigen.“ Dies habe der Betreffende getan und werde nun der Beihilfe beschuldigt. Franco A. gehöre der sogenannten Prepper-Szene an, erklärte Nolte. „Prepper“ bereiten sich - zum Teil auch durch das Horten von Waffen und Munition - auf Katastrophen oder den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung vor.

Der CDU-Sicherheitspolitiker Patrick Sensburg äußerte sich zurückhaltend zu dem Fall. „Die Beschäftigung von Maximilian T. ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn es gilt auch für ihn die Unschuldsvermutung“, sagte der Bundestagsabgeordnete dem Handelsblatt. „Die Frage ist jedoch, ob es nicht klüger gewesen wäre, den Ausgang des Verfahrens abzuwarten.“

Der Fall habe die Bundeswehr „in einem schlechten Licht stehen lassen“, was aber unberechtigt sei. „Unsere Soldatinnen und Soldaten schützen unsere Demokratie“, betonte Sensburg. „Aufgabe jedes Soldaten sollte es in dieser Angelegenheit sein, am positiven Image unserer Streitkräfte zu arbeiten und nicht sie politisch zu instrumentalisieren.“ Dies gelte auch für Soldaten, wenn sie zurzeit ein Mandat im Bundestag haben.

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