
Herr Cosack, die EEG-Umlage wird erstmals seit ihrer Einführung nicht ansteigen, sondern fallen. Wird davon etwas beim Verbraucher in Form von sinkenden Strompreisen ankommen?
Cosack: Wahrscheinlich eher nicht. Es wird sich nach den derzeit vorliegenden Schätzungen lediglich um eine kleine Absenkung handeln. Die EEG-Umlage wird aller Voraussicht nach von 6,24 Cent pro kWh auf etwa sechs Cent fallen. Diese Kostenreduktion wird für den Endverbraucher nicht nennenswert auswirken. Der Privatverbraucher zahlt momentan als Endkunde etwa 26 bis 28 Cent pro kWh Strom – da wird sich ein Viertelcent weniger EEG-Umlage am Ende auf der Stromrechnung kaum bemerkbar machen.

Also ist das Sinken kein Erfolg?
Es ist gut, dass die EEG-Umlage nicht – wie es in den letzten Jahren geschehen ist – in diesen riesigen Sprüngen weiter angestiegen ist. Das war durchaus dramatisch. 2010 lag die Ökostrom-Abgabe noch bei 2,05 Cent pro kWh, jetzt steht sie bei 6,24 Cent. Da war durchaus zu befürchten, dass die Umlage in Bereiche steigt, die für den Endkunden kostenmäßig letztlich nicht mehr tragbar sind. Das hätte die derzeit noch hohe Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung nachhaltig schädigen können.
Zur Person
Tilman Cosack ist Geschäftsführender Direktor des energierechtlichen Instituts „IREK“ an der Hochschule Trier und Herausgeber der Zeitschrift „ER EnergieRecht“.
2011 sagte Angela Merkel im Bundestag, die EEG-Umlage sollte nicht weiter steigen – damals lag sie bei 3,5 Cent pro kWh.
Es gab sogar einmal Pläne der Bundesregierung –man muss fast schon sagen in grauer Vorzeit –, dass die EEG-Umlage ab 2015 sinkt, bis sie etwa 2020 schließlich ganz entfallen sollte. Das ist aus heutiger Sicht natürlich nicht realistisch. Der Wegfall würde bedeuten, dass man den Strom aus erneuerbaren Energien zum gleichen Preis herstellen könnte wie konventionellen Strom. Das ist das Ziel – aber das ist in den nächsten fünf Jahren nicht zu erreichen.
Derzeit liegt der Anteil der Ökostrom-Abgabe am Strompreis bei 18 Prozent.
Ja, das ist eine ganze Menge. Letzten Endes ist die Umlage aber nicht der einzige Kostenfaktor. Es gibt noch ganz andere Kosten, die der Endverbraucher trägt – etwa die Stromsteuer oder die Umsatzsteuer von 19 Prozent. Davon profitiert der Staat letzten Endes massiv. Nur die EEG-Umlage zu betrachten, ist eine verkürzte Sichtweise. Man könnte auch darüber nachdenken, die Abgaben zu senken, die direkt an den Staat gehen.
So setzte sich der Strompreis 2014 zusammen
Rund 15,31 Cent pro kWh
4,70 Cent pro kWh
1,79 Cent pro kWh
2,05 Cent pro kWh
Noch 6,24 Cent pro kWh, ab 2015 wohl um die 6 Cent pro kWh
0,178 Cent pro kWh
0,092 Cent pro kWh
0,250 Cent pro kWh
0,09 Cent pro kWh
Laut Vattenfall machen Steuern, andere Abgaben und die EEG-Umlage erstmals mehr als die Hälfte des Strompreises aus.
Ja. Bei der EEG-Umlage 2014 dienen nur etwa 2,6 Cent der direkten Förderung den Erneuerbaren Energien. Wesentliche Kostenfaktoren sind aber etwa auch der Rückgang der Börsenstrompreise und die Befreiung der stromintensiven Industrie von der Umlage – letzteres kostet alleine mehr als fünf Milliarden Euro jedes Jahr.
Wenn die Bundesregierung nichts an diesen Stellschrauben dreht, wird das Absinken der Ökostrom-Umlage eine einmalige Sache sein?
Der Grund für die jetzt zu erwartende Absenkung waren die ungünstigen Witterungsverhältnisse im August. Der August ist traditionell der stärkste Monat für die Solarstromproduzenten. In diesem Jahr war er stark bewölkt, die Sonne schien kaum. Das führt dazu, dass weniger Solarstrom produziert und eingespeist wird. Da der Solarstrom nach wie vor die teuerste Form der erneuerbaren Energien ist, macht sich das durchaus bemerkbar. Auch hat die kräftige Erhöhung der EEG-Umlage für das Jahr 2014 dazu geführt, dass ein Defizit von mehr als zwei Milliarden Euro, mit dem das EEG-Konto noch zu Jahresbeginn belastet war, abgebaut werden konnte. Zumindest mit dieser finanziellen Altlast wird der Stromverbraucher zukünftig nicht mehr belastet werden.





Das Sinken ist also nicht strukturell bedingt.
Nein, es hat sich ja nichts geändert im Vergleich zum Vorjahr. Im vergangenen Jahr hat die ganze Energiewelt gewartet, dass die Regierung endlich Reformen durchsetzt. Aufgrund des Wahlkampfs hat sich dann aber nichts getan. Die EEG-Reform hätte man schon 2013 ansetzen können – die strukturellen Probleme waren bekannt. Nun hat die neue Regierung, auch auf Druck der EU-Kommission, in einem äußerst knappen Zeitraum – zurückhaltend gesagt – die Reform durchgepeitscht.