Trumps Ausstiegspläne Rückschlag für den Klimaschutz

Donald Trump will aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen. Das stößt bei Umwelt- und Entwicklungsorganisationen auf massive Kritik. Jetzt müssen andere Nationen die internationale Klimapolitik vorantreiben.

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Der US-Präsident Donald Trump verkündete den Rückzug aus dem weltweiten Klimaschutzabkommen von Paris. Quelle: dpa

Berlin Nichts und niemand hat den US-Präsidenten überzeugen können. Donald Trump will aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen. Von einem „Schlag ins Gesicht der gesamten Menschheit“ und einer „Realitätsverweigerung“ auf Seiten Trumps sprach die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Trump tue so, als gäbe es die globale Klimakrise mit all' ihren schon heute sichtbaren Folgen nicht, sagte Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch. Die Regierung des Staates, der historisch gesehen mit seinen immensen Emissionen den größten Anteil zur Krise beigesteuert habe, kündige den vom Klimawandel betroffenen ärmsten Menschen auf der Welt die Solidarität auf, kritisierte Milke. Der Ausstieg aus dem Paris-Abkommen sei außerdem „dumm, denn er wird vor allem den USA selbst schaden“. Klimaschutz und Erneuerbare Energien seien riesige Wachstumsbereiche.

Trump sprach davon, das Abkommen neu verhandeln zu wollen – ein Ansinnen, das nicht nur von Deutschland sofort zurückgewiesen wurde. Die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Italien gaben noch am Abend eine gemeinsame Erklärung heraus, in der es heißt: „Wir betrachten die im Dezember 2015 in Paris erzeugte Dynamik als unumkehrbar und sind der festen Überzeugung, dass das Übereinkommen von Paris nicht neu verhandelt werden kann, da es ein lebenswichtiges Instrument für unseren Planeten, unsere Gesellschaften und unsere Volkswirtschaften darstellt.“ Weiter hieß es, „wir sind überzeugt, dass die Umsetzung des Übereinkommens von Paris erhebliche wirtschaftliche Chancen für Wohlstand und Wachstum in unseren Ländern und auf globaler Ebene bietet“.

Es gebe nichts Neues zu verhandeln, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks in den „Tagesthemen“. Die SPD-Politikerin äußerte sich zuversichtlich, dass andere Länder sich mit hohem Engagement an die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens machen würden. Das gelte im Übrigen auch für viele Städte, Bundesstaaten und Unternehmen in den USA, die trotz Trumps Entscheidung auf mehr Klimaschutz drängten. „Der internationale Klimaschutz wird weitergehen und sich von dieser Entscheidung nicht aufhalten lassen“, sagte Hendricks. „Große Teile der Wirtschaft in den USA haben sich bereits eingestellt auf die treibhausgasneutrale Zukunft. Sie erkennen die immensen wirtschaftlichen Chancen, die in dieser Zukunft liegen.“ Ökonomen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hatten jüngst in einer Studie gezeigt, dass Klimaschutz wirtschaftliche Chancen und Arbeitsplätze schafft.

Trotz jeder Mange Optimismus gilt der Ausstieg der USA als Rückschritt im Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel. Die Natur- und Umweltschutzorganisation WWF sprach von einer „historischen Fehlentscheidung, dass der US-Präsident den Klimakonsens aller Staaten verlassen und sein Land ins Abseits stellen will“. Mit seiner rückschrittlichen Politik gefährde er die Lebensgrundlagen des Planeten und handele gegen die Interessen des amerikanischen Volkes, sagte Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. Immerhin seien die USA von Klimaextremen wie Rekorddürren, Überschwemmungen und Wirbelstürmen besonders betroffen.

Klimawandel und Klimaschutz stehen seit Jahren auf der politischen Agenda. Auf dem Weltklimagipfel im Dezember 2015 in Paris einigten sich 195 Länder und die Europäische Union darauf, den globalen Temperaturanstieg im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen und sogar Anstrengungen zu unternehmen, unter 1,5 Grad zu bleiben – um damit die schlimmsten Folgen der Erderwärmung zu verhindern. Die USA sind der weltweit zweitgrößte Klimaverschmutzer, hatten unter Trumps Vorgänger Barack Obama jedoch maßgeblich zum Zustandekommen des Abkommens beigetragen.

Die Umsetzung drängt – denn auf Kurs ist die Weltgemeinschaft noch lange nicht. Jan Kowalzig, Klimaexperte von der Hilfsorganisation Oxfam, bezeichnete jüngst die bislang vorliegenden Klimaschutzziele der einzelnen Länder als unzulänglich. „Werden diese Ziele nicht nachgebessert, droht sich die globale Erwärmung auf drei bis vier Grad einzupegeln.“ Es sei ärgerlich, dass ausgerechnet die Bundesregierung, neben des kleinen Inselstaates Fidschi Gastgeber der diesjährigen Weltklimakonferenz im November, „tatenlos dabei zusieht, wie sie das bestehende deutsche Klimaschutzziel von 40 Prozent Reduktionen bis 2020 deutlich verfehlen wird“.


Was Umweltschützer jetzt fordern

Der Klimawandel steigert die Zahl und Stärke von Stürmen, Hitzewellen und Überflutungen, mahnt Greenpeace. Schon heute vertrieben solche Naturkatastrophen laut einer Studie der Umweltaktivisten durchschnittlich 21,5 Millionen Menschen pro Jahr – mehr als doppelt so viele wie Kriege und Gewalt. „Die Industriestaaten haben das Problem Klimawandel maßgeblich verursacht, jetzt müssen sie auch bei der Lösung vorangehen“, sagte Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid. „Wenn Trump sich vor der Verantwortung beim Klimaschutz drückt, müssen die anderen Staaten sich umso klarer zum Pariser Klimaabkommen bekennen und darlegen, wie sie den versprochenen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas gestalten werden.“

Deutschland hat in den vergangenen Jahren zwar den Anteil sauberer Erneuerbarer Energien deutlich ausgebaut, doch weiterhin wird viel klimaschädliche Kohle zur Energiegewinnung verbraucht. Entsprechend stagniere der Ausstoß von Treibhausgasen, kritisiert Greenpeace. 2016 lag er auf dem Wert von 2009. Allenfalls in Trippelschritten kommt Deutschland voran. Eine wirkliche Idee davon, wie ambitionierter Klimaschutz in einem Industrieland funktionieren könnte, hat die Bundesregierung nicht. Formal ist die Grundlage in Deutschland gelegt: Ende September 2016 ratifizierten Bundestag und Bundesrat das Pariser Klimaabkommen. Später kam der Klimaschutzplan 2050 dazu, von dessen ursprünglichen Ambitionen nach Ressortabstimmung jedoch kaum noch etwas übrig blieb.

Nun müssen andere Regierungen umso mehr die internationale Klimapolitik und die Umsetzung des Paris-Abkommens forcieren, fordern Umweltschützer. „Die EU und China müssen die internationale Klimapolitik vorantreiben – gemeinsam mit den vom Klimawandel am stärksten betroffenen Staaten, die häufig auch Vorreiter beim Klimaschutz sind“, sagte Germanwatch-Experte Milke. Er denkt dabei vor allem an China und Indien.

Die nächste Chance, sich direkt mit Trump über Klimaschutz auseinander zu setzen, sei der Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) Anfang Juli in Hamburg. „Die Bundeskanzlerin muss gemeinsam mit weiteren Staats- und Regierungschefs Trump deutlich machen, dass er die weltweite Umsetzung des Paris-Abkommens nicht blockieren kann“, sagte Milke. Die G20 müssten ein ehrgeiziges Klimapaket verabschieden – auch ohne Trump. Es sei nun umso wichtiger, dass die G20-Staaten sich verpflichten, nächstes Jahr Pläne zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis zur Mitte des Jahrhunderts vorzulegen, klimaschädliche Subventionen abzubauen und CO2-Preise einzuführen sowie Klimarisikoversicherungen für die verletzlichsten Menschen in armen Ländern aufzubauen, so Germanwatch.

Gemeinsam mit den europäischen Partnern müsse Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Klimaunion Europa ausrufen, forderten die Grünen. Dazu gehöre die Einführung eines europäischen CO2-Mindestpreises. Notfalls müsse Deutschland mit einem eigenen CO2-Mindestpreis vorangehen. „Es geht darum, dem Klimakiller CO2 einen Preis zu geben und Anreize für die Modernisierung unserer Wirtschaft zu setzen“, sagten die Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir.

Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl sieht der Naturschutzbund Nabu die kommende Bundesregierung in der Pflicht. „Deutschland braucht endlich einen gesetzlich geregelten Plan zum Kohleausstieg“, forderte Nabu-Präsident Olaf Tschimpke. Kohle erzeuge zwar 40 Prozent unseres Stroms, sei gleichzeitig aber für 80 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Doch dem notwendigen Ausstieg habe sich die aktuelle Bundesregierung bislang strikt verweigert. „Damit hechelt sie ihren globalen Verpflichtungen hinterher und lässt auch die Bürger in den deutschen Kohleregionen im Ungewissen.“

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