Verbraucherschutz Kabinett gibt grünes Licht für neue Form von Sammelklagen gegen Konzerne

Geschädigte Verbraucher sollen schneller als bislang eine Entschädigung bekommen können, ohne selbst vor Gericht ziehen zu müssen. Die Bundesregierung setzt so eine EU-Richtlinie um.

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Der Bundesjustizminister versprach Unternehmen angesichts der neuen Möglichkeiten bei Sammelklagen Rechtssicherheit. Quelle: Reuters

Die Bundesregierung hat eine neue Form der Sammelklage auf den Weg gebracht. Das Kabinett gab Regierungskreisen zufolge am Mittwoch grünes Licht für den Entwurf von Justizminister Marco Buschmann (FDP), mit dem eine EU-Richtlinie verspätet in deutsches Recht umgesetzt werden soll.

Geschädigte Verbraucher sollen schneller als bisher eine Entschädigung bekommen können, ohne selbst vor Gericht ziehen zu müssen. Die Justiz soll durch die sogenannte Abhilfeklage, die bestimmte Verbraucherschutzverbände einreichen können, entlastet werden. Experten hatten aber bereits kritisiert, dass sich Verbraucher zu früh entscheiden müssen, ob sie sich der Klage anschließen wollen.

Buschmann sagte, Unternehmen würden die nötige Rechtssicherheit bekommen. „Sie müssen sich darauf einstellen können, wie hoch die Summe der Ansprüche ist, über die in einem Verfahren verhandelt wird.“ Laut Regierungsentwurf sollen Verbraucher ihre Ansprüche spätestens bis zwei Monate nach dem ersten gerichtlichen Termin in einem Klageregister anmelden müssen.

Verfehlungen von Unternehmen sollen so leichter juristisch aufgearbeitet werden. Dies könnte zum Beispiel zur Anwendung kommen, wenn Flüge annulliert werden und zahlreiche Verbraucher ähnliche Entschädigungsansprüche haben. Gewährleistungsansprüche wegen fehlerhafter Produkte könnten ebenfalls Gegenstand einer Abhilfeklage sein, ebenso Ansprüche von Bankkunden bei unwirksamen Vertragsklauseln.

Die neuen Regelungen sollen in einem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz gebündelt werden, inklusive bisheriger Regelungen aus der Zivilprozessordnung. Verbände sollen dann künftig die Sammelklage nutzen können, wenn sie mindestens 50 betroffene Verbraucher vertreten. Kleine Unternehmen sollen Verbrauchern gleichgestellt werden und auch von Sammelklagen gegen größere Konzerne profitieren können.

EU-Richtline hätte schon Ende 2022 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen

Sammelklagen sind in vielen europäischen Ländern noch nicht üblich. In Deutschland wurde der Volkswagen-Abgasbetrug mit einer sogenannten Musterfeststellungsklage aufgearbeitet, die nun mit dem neuen Gesetz weiterentwickelt werden soll. Europas größter Autobauer hatte 2020 als Folge der Sammelklage mühsam einen Vergleich mit Verbraucherschützern ausgehandelt. An geschädigte Kunden wurden Beträge zwischen 1350 und 6250 Euro ausgezahlt.

Die Umsetzung der EU-Richtlinie muss bis zum 25. Juni in Kraft treten und angewendet werden. Weil es lange Differenzen zwischen dem Grünen-geführten Verbraucherschutzministerium und dem FDP-geführten Justizministerium gegeben hatte, kommt der jetzige Entwurf verspätet. Die entsprechende EU-Richtlinie zu Verbandsklagen hätte eigentlich schon bis Weihnachten 2022 in deutsches Recht umgesetzt werden müssen.

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