Werner knallhart

Grüne Hausnummern: Stolz auf Klimaschutz? Da schüttelt es die CSU

Seite 2/2

Brandmarken Feuerwehr, Fußballer und Blutspender?

Stolz. Es gibt Leute, die arbeiten hart, um irgendwann das BMW-Markenemblem stolz vor sich her fahren zu können: Seht her, ich habe es geschafft. Brandmarkt das das den Dacia-Fahrer? Nö. Auch, wenn der vielleicht manchmal neidisch ist.

Darf die Fußballnationalmannschaft auf ihrem Shirt ohne schlechtes Gewissen die vier Sterne tragen? Ja! Obwohl andere Teams da nicht mithalten können. Weil das Streben nach dem nächsten Stern anstachelt.

Der Aufkleber von der Freiwilligen Feuerwehr oder „Ich bin Blutspender“ hinten auf dem Auto, um zu zeigen: Ich engagiere mich für andere. Als stolzer Ausdruck eigener Werte, eben seines sozialen Lifestyles. Wer könnte das als Brandmarkung derer empfinden, die weder Feuer löschen noch Blut hergeben? Kinners, keiner.

Was kann uns aber dann noch Besseres passieren, als dass Klima-Schutz Status-Symbol wird? Dass nachhaltiges Leben dem eigenen Prestige dient? Ein Freund von mir ist Kunde bei Naturstrom. Die verschicken an Neukunden Aufkleber mit dem Spruch: „Hier fließt Naturstrom“. Er hat sich tatsächlich einen dieser Aufkleber an seine Wohnungstür geklebt. Als Ausdruck seiner Persönlichkeit. Statt Fußmatte mit Spruch.

Wer Klima schützt, soll darauf stolz sein dürfen. Und wenn Politiker und Verwalter der Meinung sind, dass es dem Gemeinwohl dient, die Erwärmung unseres Planeten aufzuhalten, dann ist es legitim, diesen Stolz der Menschen für die gute Sache zu nutzen. Indem man einfach nur öffentliche Plaketten vergibt. Als die kleine offiziell gutgeheißene Angeberei mit dem Edlen. Wenn’s doch hilft!

Wer dagegen ist, muss hingegen sportliche Wettbewerbe mit Urkunden und Medaillen verbieten, bei denen Punkte gesammelt werden. Weg mit den Bundesjugendspielen! Denn nach der CSU-Logik würde durch die Sportförderung mit viel Steuergeld systematisch ausgegrenzt, wer am Ende leer ausgeht. Gleiches gilt für motivierende Aktionen wie die Auszeichnung zum „Blumendorf 2019“ oder so. Laut CSU-Logik Brandmarkung der Menschen im Nachbardorf.

Ja, es wird Leute geben, die sich die BahnCard 100 nicht leisten können. Es wird Leute geben, die nicht wissen, wie man den Stromanbieter wechselt. Und die zwei Fleischmahlzeiten am Tag wollen, weil ihnen alles Wurscht ist. Ja, meine Güte, dann kriegen die halt keine grüne Hausnummer.

Dafür haut deren Nachbar ein bisschen mit seinem Klimaschutz auf die Pauke. Und jetzt kommt´s: Er hat mit seiner nachhaltigen Lebensart bis dahin ja auch etwas getan, wovon auch diejenigen ohne grüne Hausnummer profitieren. Er hat mitgeholfen, das Klima zu retten. Der Nachbar ohne sollte also gönnen können. Und neidlos dankbar sein. Und die CSU auch.

Wer in der Verwaltung so denkt, hat nicht nur ein Gespür dafür, wie man Menschen motiviert, er weiß auch, wie man mit wenig viel erreichen kann. Denn den Großteil der Anstrengungen erledigt der Bürger auf eigene Kosten. Er krempelt für uns sein Leben um. Einfach für ein grünes Schild und einen neuen Baum im Garten. Wie kann man das blöd finden?

Dem Autor auf Twitter folgen:



Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%