Wunderwaffe Klimafonds? Hier sind Anspruch und Wirklichkeit nicht immer eins

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Egal ob auf deutscher, europäischer oder internationaler Ebene – Regierungen kündigen große Summen für Klimafonds an. Nicht immer ist drin, was draufsteht – und manchmal unklar, woher das Geld kommt. Eine Übersicht.

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Es klang gut, was Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf dem Petersberger Klimadialog in Berlin ankündigte: Für den Klimafonds der Vereinten Nationen, den Green Climate Fund (GCF), wolle die Bundesregierung zwei Milliarden Euro geben. Das sei ein Drittel mehr als der letzte Beitrag Deutschlands in diesen Topf, aus dem weltweit der Umbau von fossiler zu erneuerbarer Energie in ärmeren Ländern unterstützt wird. Was Scholz nicht erwähnte: In den vergangenen Jahren haben die meisten reichen Länder, auch Deutschland, weniger für diesen Zweck gegeben, als sie versprochen hatten. Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei solchen Finanzierungsversprechen, bei den staatlichen oder supranationalen Klimafonds, oft auseinander.

Klimafonds haben sich durchgesetzt, um auf nationaler oder internationaler Ebene staatliches Geld zu sammeln, das dann zielgerichtet für die Förderung neuer Technologien oder auch zum Ausgleich von Nachteilen für Einzelne durch den Umbau in Richtung Klimaschutz eingesetzt werden soll. Nicht immer ist drin, was draufsteht: Das gilt sowohl für die Summen, die versprochen werden, als auch für die Zwecke, die dem Klima helfen sollen.

Ein Überblick über die deutschen, europäischen und UN-Klimafonds und darüber, wie Anspruch und Wirklichkeit nicht immer eins sind:

Der Klima- und Transformationsfonds der Bundesregierung (KTF):

Mit dem Klima- und Transformationsfonds will die Bundesregierung wichtige Etappen der Energiewende und den Klimaschutz fördern. Zudem sollen Bürgerinnen und Bürger entlastet werden. Der Fonds wurde als sogenanntes Sondervermögen angelegt, was aber vor allem ein schöneres Wort für einen auch durch Schulden finanzierten Nebenhaushalt ist.

Im Gegensatz zum „normalen“ Bundeshaushalt finanziert sich der Klimafonds aus Bundeszuschüssen und aus Erlösen des europäischen Emissionshandels. Dort erwerben Unternehmen aus Industrie und Energiebranche Zertifikate für jede ausgestoßene Tonne CO2.

Als eine ihrer ersten Handlungen hatte die Ampelkoalition Ende 2021 Geld, das sie sich zusätzlich zur eigentlich geltenden Schuldenbremse als Finanzierung in der Corona-Notlage genehmigt hatte, in diesen Nebenhaushalt geschoben. Das waren 60 Milliarden Euro. Ganz ähnlich hatte es schon die schwarz-rote Regierung 2020 gemacht – damals 28 Milliarden Euro. Von 2023 bis 2026 sind insgesamt rund 177,5 Milliarden Euro im KTF eingeplant. Allein 35,4 Milliarden Euro stehen im Jahr 2023 zur Verfügung.



Der Fonds taucht nicht im normalen Bundesetat auf und fällt entsprechend auch nicht unter die Regeln der Schuldenbremse. Mit dem Fonds hat die Bundesregierung zum Beispiel bezahlt, was vorher als Umlage für erneuerbare Energien bei Kunden den Strom verteuerte. Auch das Dämmen, die Bundesförderung im Gebäudebereich (BEG), oder der Ausbau der E-Auto-Ladeinfrastruktur sowie der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur werden hieraus gespeist. Nun soll auch der Heizungstausch, es geht um das umstrittene Gesetz zum Wechsel von Öl oder Gas hin zu erneuerbaren Heizquellen, über den KTF gefördert werden.

Weil das vorhandene Geld also schon mehr als verplant ist, wird ein wichtiger Schritt in der Klimapolitik nicht so schnell kommen, der versprochen war und der maßgeblich zur Akzeptanz beitragen könnte. Ökonominnen und Ökonomen verlangen regelmäßig, dass die Einnahmen aus einem CO2-Preis, also das Geld für den Ausstoß von Treibhausgasen pro Kopf, wieder an die Bevölkerung ausgezahlt werden sollten. Dieses Klimageld hat den Vorteil, dass es mehrköpfigen Familien überproportional zu Gute kommt und dass es Geringverdienenden ebenfalls proportional stärker ausgleicht, was sie an steigenden Energiepreisen zu tragen haben. Andere Länder wie die Schweiz oder Schweden gestalten den Klimaschutz schon länger über diesen Ausgleich sozial.

Emissionshandel und Klimafonds der EU:

In Europa besteht seit 2005 ein Emissionshandel für die Energiebranche und die Industrie, der dafür gesorgt hat, dass diese Bereiche anders als das Heizen und der Verkehr deutlich emissionsarmer geworden sind. Die Idee: Für jede ausgestoßene Tonne CO2 muss ein Unternehmen ein Zertifikat kaufen. Die Zahl wird über die Zeit verknappt, der Ausstoß also teurer, ebenso der Anreiz, auf erneuerbare Energie und mehr Effizienz zu setzen.

Ein weiterer Emissionshandel soll ab 2026 fürs Heizen und den Verkehr etabliert werden. Aus den Einnahmen soll knapp die Hälfte an die Mitgliedstaaten gehen. Die andere Hälfte soll in einen sozialen Klimafonds der EU fließen. Das könnten insgesamt knapp 90 Milliarden Euro werden. Die Regeln für einen sozialen Ausgleich sind allerdings noch ziemlich unklar. Ein EU-weiter CO2-Preis dürfte sich in Deutschland bei den Miet-Nebenkosten oder an der Zapfsäule anders auswirken als etwa in Rumänien. Umkämpft sein werden deshalb diese Fragen: Wer bekommt etwas, wer ist schutzbedürftig? Und auch: Zu welchem Anteil fließt das Geld in einzelne Mitgliedsstaaten?

Geld für den Klimaschutz soll zudem ein sogenannter „Grenzausgleich“ bringen, der in den Handel mit Ländern außerhalb der EU eingreift. Ab 2026 sollen bestimmte Importeure in die EU entsprechend ihres CO2-Fußabdrucks bezahlen. Das gilt für Hersteller von Zement, Düngemittel oder Produkten aus Stahl, Alu oder Eisen in die Union. Das Klima-Zertifikat soll sich am Preis im europäischen Emissionshandel orientieren.

Hinzukommen soll auch noch ein „Europäischer Souveränitätsfonds“, mit dem die EU ihre klimafreundlichen Industrien fördern wie schützen will. Details: Noch völlig unklar. Solche Pläne sind eine Reaktion auf ein klimapolitisches Großprojekt in den USA. Dort gilt nun das mit Milliarden ausgestattete Gesetz des Inflation Reduction Act (IRA). Mit einem Umfang von rund 370 Milliarden Dollar sollen vor allem Steuergutschriften die Energiewende vorantreiben. So sollen zum Beispiel E-Autos aus amerikanischer Produktion subventioniert werden.

Die Klimafonds der Vereinten Nationen als Hilfe für arme Länder:

Hierüber sprach der Bundeskanzler, als er nun zwei Milliarden Euro der Bundesrepublik im Rahmen der Weltklimaverhandlungen der UN ankündigte. Hier haben die reicheren Länder insgesamt zwei Fonds versprochen: Zum einen gibt es bereits den Green Climate Fund (GCF), der bereits 2009 bei der Weltklimakonferenz in Kopenhagen ersonnen wurde. Er soll ärmeren Ländern helfen, sowohl durch eigene Anstrengungen das Klima zu schützen wie auch sich an den schon laufenden Klimawandel anzupassen. Zum anderen einigten sich Regierungen auf der letzten Weltklimakonferenz 2022 in Ägypten darauf,  einen Fonds für Schäden und Verluste (Loss and Damage) zu etablieren. Hier ist allerdings noch völlig offen, wer einzahlt und wofür das Geld genau eingesetzt werden darf. Grob geht es darum, dass die Ärmsten einen Ausgleich für Schäden bekommen, die zum Großteil reichere Länder durch ihren hohen Energieverbrauch verursacht haben.

Wenn Scholz nun zwei Milliarden Euro verspricht, klingt das positiv. Es lässt aber aus, dass die Ankündigungen für solche Beiträge weit hinter den Versprechen der Regierungen zurückgeblieben sind. Bis 2020 sollten bereits jährlich 100 Milliarden US-Dollar zusammenkommen, um Klimaschutz und Klimaanpassung zu bezahlen. Das Ziel wurde zuletzt um fast 17 Milliarden US-Dollar verfehlt und könnte vielleicht 2023 das erste Mal erreicht werden.    

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Noch schwieriger könnte die Entschädigung von Opfern des Klimawandels in armen Ländern werden. Die deutsche Sonderbeauftragte für Klimapolitik, Staatssekretärin Jennifer Morgan im Auswärtigen Amt, gestand nach der letzten Weltklimakonferenz ein, dass weder klar sei, wer einzahle, noch, wer etwas kriege und wie viel überhaupt. Sie sagte in einem Interview auf die Frage, warum der nächste Fonds für Schäden und Verluste also ein Erfolg sein solle: „Weil dieser Fonds eine Priorität der verletzbarsten Länder war.“ Und weil nicht nur die reichen Industrieländer, wie beim anderen UN-Klimafonds, einzahlen sollten, sondern eben auch große Emittenten wie China. Morgan sagte: „Neben China müssten auch Länder wie Saudi-Arabien künftig in den Klimafonds einzahlen.“ Das dürfte noch ein weiter Weg werden.

Lesen Sie auch: Fünf Gründe, warum Deutschland in der Klimapolitik zurzeit wenig führt

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