Brexit Bekommt May ihren Deal im Gegenzug für ihren Rücktritt?

Großbritanniens Premierministerin Theresa May Quelle: REUTERS

Die britische Premierministerin Theresa May hat ihre Bereitschaft zum Rücktritt erklärt. Seitens der Brexit-Hardliner heißt es, in diesem Fall könnten sie Mays Deal vielleicht doch zustimmen. Ein Ausweg?

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Die britische Premierministerin Theresa May zieht alle Register, um den Austrittsvertrag mit der EU zu retten: Sie hat ihren Rücktritt in Aussicht gestellt, sollte das Parlament ihren Brexit-Deal doch noch annehmen. Sie werde die nächste Phase der Brexit-Verhandlungen nicht leiten, sagte May in einer Rede vor Abgeordneten ihrer Konservativen Partei am Mittwoch. „Ich bin darauf vorbereitet, diesen Posten früher zu verlassen als beabsichtigt, um das Richtige für unser Land und für unsere Partei zu tun.“ Sie wisse, dass es auch den Wunsch nach einer neuen Führung gebe - „ich werde mich dem nicht in den Weg stellen“, sagte die Premierministerin.

Scharfe Kritik an dem Vorgehen übte umgehend Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon: „Wenn der Brexit am Ende auf der Basis eines Deals durchgesetzt wird, den niemand unterstützt - ein Deal, der so schlimm ist, dass die Premierministerin sogar ihren Rücktritt versprechen muss, um ihn durchzubringen - wird das ein ohnehin schon schlechtes Projekt noch verschlimmern.“

May habe keinen Zeitplan genannt, sagte ein Parteikollege. Es sei jedoch der Eindruck entstanden, dass dies „ziemlich bald“ passieren könnte. Die 62-Jährige hat im Verlauf der langwierigen Brexit-Debatte bereits zwei Versuche abgewehrt, sie aus dem Amt zu drängen.

Das britische Parlament suchte derweil am Mittwoch auf eigene Faust nach Alternativen für das umstrittene Brexit-Abkommen. Parlamentspräsident John Bercow wählte dafür 8 von 16 Optionen zur Abstimmung aus. Dazu gehörten der Vorschlag, am 12. April ohne Abkommen aus der Europäischen Union auszuscheiden, mehrere Versionen einer engeren Anbindung an die EU, ein zweites Referendum und eine Abkehr vom EU-Austritt, um einen No-Deal-Brexit zu verhindern.

In britischen Medien wird seit Tagen darüber spekuliert, dass May ihren Rücktritt als Gegenleistung für eine Unterstützung für den von ihr ausgehandelten Abkommen anbieten könnte. Dieses hat das Parlament bereits zwei Mal abgelehnt. Von Brexit-Befürwortern kamen Signale, dass sie auf das bisher abgelehnte Austrittsabkommen einschwenken könnten, wenn unter einem anderen Regierungschef über das anstehende Handelsabkommen mit der EU verhandelt würde. Die oppositionelle Labour-Partei legte einen eigenen Brexit-Plan vor, der eine enge Bindung Großbritanniens an die EU vorsieht. Dies ist eine von mehreren Alternativen zu Mays Brexit-Vertrag, über die das Parlament am Mittwochabend abstimmen soll.

Fast drei Jahre nach dem Referendum und drei Tage vor dem ursprünglich geplanten Ausstiegstermin war am Dienstag unklar, wie, wann und ob es überhaupt zum Brexit kommt. Die Briten sind in der Frage weiter tief gespalten, die politische Situation inzwischen völlig verfahren. Am Montag hatte das Unterhaus der Regierung die Kontrolle über den Brexit-Prozess abgerungen und Probeabstimmungen über Alternativen zu Mays EU-Austrittsvertrag durchgesetzt. Über die verschiedenen Optionen werden die Parlamentarier am Mittwochnachmittag debattieren und ab 20 Uhr (MEZ) votieren. Ergebnisse werden nach 22 Uhr erwartet. May hat erklärt, dass es sich nur Probeabstimmungen ohne bindende Wirkung für sie handele.

Der ehemalige britische Außenminister Boris Johnson neigt einem Medienbericht zufolge dazu, das von May mit der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen zu stützen. Johnson sehe die Gefahr, dass Großbritannien die EU gar nicht verlasse, sollte das Unterhaus erneut gegen Mays Vereinbarung votieren, berichtet die Zeitung „Telegraph“. Der Brexit-Hardliner Johnson zählt zu den härtesten Gegnern Mays. Mit Jacob Rees-Mogg schwächte ein weiterer Brexit-Hardliner seine ablehnende Haltung gegenüber Mays Austrittsvertrag mit ähnlichen Worten ab: Die EU auf mangelhafte Weise zu verlassen sei am Ende besser als gar kein Austritt, sagte er.

Die Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Oliver Letwin, mit dem sich das Unterhaus die Kontrolle über das weitere Vorgehen verschaffte, war angesetzt worden, nachdem May eingeräumt hatte, dass ihr Brexit-Vertrag wohl auch bei einem dritten Anlauf derzeit am Widerstand im Parlament scheitern würde. Gleichzeitig betonte sie, weiterhin um Unterstützung für ihren Vertrag zu werben, um doch noch ein drittes Votum zu ermöglichen. Im Gespräch dafür ist der kommende Donnerstag.

Eigentlich war der Brexit für diesen Freitag vorgesehen. Da Mays mit der EU ausgehandelter Vertrag aber im Unterhaus durchfiel, räumte die EU eine Verschiebung ein, um einen harten Brexit zu verhindern. Sollte weiterhin keine Einigung auf einen Vertrag gelingen, muss Großbritannien am 12. April die EU verlassen. Mit einem Abkommen gilt eine Frist bis zum 22. Mai.

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