Entgegen der öffentlichen Meinung betonte Draghi, dass die jüngste Zinssenkung nun ihre Wirkung richtig entfalte. Dennoch ist die Kreditvergabe der Banken gerade in Südeuropa ist weiter gesunken. Zwar können sich auch italienische oder spanische Banken durch die niedrigen Leitzinsen günstig refinanzieren, aus Angst vor weiteren Reformen geben sie das aber nicht an ihre Kunden weiter.
Hinzu kommt, dass die EZB mit der Höhe des Leitzins zumindest indirekt auch den Zins am Interbankenmarkt, genannt Eonia, beeinflusst. Zu diesem Zins leihen sich Banken am Geldmarkt untereinander Kapital. Zuletzt lag der Zins teilweise höher als der aktuelle Leitzins. Eine Beratergruppe der EZB hatte sich darüber äußerst kritisch geäußert, da die Überschussliquidität der Banken zuletzt deutlich gesunken war. Hatten die Banken Mitte 2012 noch 800 Milliarden Euro übrig, waren es zuletzt nur noch gut 170 Milliarden Euro. Senkt die Zentralbank den Leitzins weiter, schränkt sie die Schwankungsbreite der Geldmarktzinsen weiter ein.
Das sind die drei Leitzinssätze der EZB
Der wichtigste Leitzins ist der Hauptrefinanzierungssatz. Er legt den Mindestzins fest, den Geschäftsbanken der EZB für einen Kredit mit einwöchiger Laufzeit im Rahmen der sogenannten Tenderauktionen bieten müssen. Änderungen wirken sich in der Regel direkt auf die Zinsen am Geld- und am Kapitalmarkt aus.
Für Banken, die sehr kurzfristig Geld brauchen, wird es teurer, hier bietet die EZB die sogenannte Spitzenrefinanzierungsfazilität an. Diese Kredite haben eine Laufzeit von einem Tag. Der Zins, den Banken für das über Nacht geliehene Geld zu zahlen haben, ist der Spitzenrefinanzierungssatz. Er liegt in der Regel rund einen Prozentpunkt über dem Hauptrefinanzierungssatz.
Die Einlagefazilität ist das Gegenstück zur Spitzenrefinanzierungsfazilität. Sie gibt Banken die Möglichkeit, einen Überschuss an flüssigen Mitteln bis zum nächsten Geschäftstag bei der Zentralbank zu parken. Die Verzinsung gibt der Einlagefazilitätssatz an. Spitzen- und Einlagefazilität sind Instrumente, mit denen die EZB weitere Feinsteuerung verwirklichen kann. Wenn die Banken zum Beispiel nur sehr wenig oder gar keinen Zins auf das Geld bekommen, das sie bei der EZB parken, dann steigt der Anreiz, es an einen Kunden zu verleihen. Derzeit ist der Einlagezins negativ - und bestraft somit Banken, die Geld bei der EZB parken.
2. Negativer Einlagezins
Eine weitere Möglichkeit, den Geldmarkt und damit das Geschäft der Banken untereinander wieder zu beleben wäre, den Einlagezins weiter ins Minus zu senken. Das käme einem Strafzins gleich, den die Banken zahlen, wenn sie über Nacht Geld bei der Zentralbank parken. Zurzeit liegt der Zins bei null Prozent. Allerdings ist auch diese Maßnahme umstritten, viele Ökonomen zweifeln an der Wirkung. Es bestünde die Gefahr, dass der negative Zins das Gegenteil von dem bewirkt, was er eigentlich erreichen soll - statt zu florieren, dürfte die Kreditvergabe weiter zurückgehen.
Das zeigt das Beispiel Dänemark: Um die hohen Kapitalzuflüsse aus der Euro-Zone abzufedern und die dänische Krone vor einer weiteren Aufwertung zu bewahren, drückte die dänische Notenbank den Einlagezins im Juli 2012 unter null Prozent. Statt allerdings wie erhofft die Zinsen für Sparer zu senken, erhöhten die betroffenen Geldinstitute lieber die Zinsen für Unternehmenskredite. Für die Euro-Zone wäre das fatal. Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnte bereits vor unerwünschten Effekten durch den negativen Zins. Technisch ist die EZB laut Draghi dazu bereit. Insgesamt gilt der Strafzins bisher aber als unwahrscheinlich.
3. Irgendeine „Dicke Bertha“ (LTROs)
Diese Geldgeschenke durch die EZB gehören zu den unkonventionellen Maßnahmen der Notenbank. Bereits Ende 2011 und Anfang 2012 bescherten die Frankfurter Währungshüter Europas Banken ein bisher unbekanntes Liquiditätsgeschenk. So billig wie nie und nahezu unbegrenzt konnten sich die Kreditinstitute mit Hilfe der beiden als „Dicke Bertha“ bekannt gewordenen Langfristtender Geld bei der EZB leihen. Dieses zahlen sie jetzt schrittweise zurück.
Gegen ein neues LTRO spricht, dass die Kreditklemme, also das Kernproblem der EZB, dadurch bisher nicht gelöst worden ist. Deshalb wurde zwischenzeitlich eine modifizierte Version diskutiert. Auch dabei könnte viel Geld von der Notenbank verliehen werden, allerdings unter der Bedingung, dass die Banken es in Form von Krediten an Unternehmen weitergeben. Die Bank of England hat das bereits probiert, allerdings nur mit mittelmäßigem Erfolg. Zudem ist die Maßnahme höchst umstritten, weil die EZB damit aktiv in den Kreditkreislauf einzelner Länder eingreifen würde. Zudem werden sich die Unternehmen nicht zwingen lassen, mehr Kredite nachzufragen.