
Vielleicht ist es das höchste Lob, mit dem man einen Nobelpreisträger rühmen kann: „Er hat einen sehr gesunden Menschenverstand!“ Das sagt Carl Christian von Weizsäcker, angesehener Emeritus an der Universität Köln, über seinen alten Lehrer Robert Merton Solow. Im Klartext heißt das: Solow, der Erfinder der Wachstumstheorie, ist nicht nur blitzgescheit und genial, sondern auch in Alltagsdingen überaus klug. Und dazu noch ein furchtbar netter Kerl.
Generationen von Ökonomen – angefangen bei Adam Smith – hatten nach der Ursache von Wachstum und Reichtum gesucht. Was beschert uns dauerhaftes Wachstum? Solow lieferte die Antwort: Neue Ideen und Erfindungen sind der Motor einer Volkswirtschaft. 1957 zeigte der statistikbegeisterte Ökonom, dass sieben Achtel des amerikanischen Wirtschaftswachstums seit der Wende zum 20. Jahrhundert auf technischen Fortschritt zurückzuführen waren.





Sein neu entwickeltes Wachstumsmodell ebnete den Weg für eine hochdetaillierte Datenanalyse und damit für eine neue Fachdisziplin, das sogenannte „Growth Accounting“. Solow gilt darum als Begründer der Wachstumstheorie. Drei Jahrzehnte nach seiner bahnbrechenden Publikation erhielt er 1987 den Nobelpreis.
Eine Kombination aus Keynesianismus und Neoklassik
Ins Rampenlicht hat sich der 1924 in New York geborene Sohn jüdischer Einwanderer aus Russland nie gedrängt. Wer etwas über ihn wissen will, muss seine Weggefährten und Schüler fragen. Solow sei ein „sehr warmherziger Mensch, der auch sehr witzig sein kann“, berichtet von Weizsäcker, der vor Jahrzehnten als Gastprofessor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Solow kennenlernte. Als Wissenschaftler habe Solow keynesianisches und neoklassisches Gedankengut vereint.
Solows berühmtes Wachstumsmodell ist allerdings rein neoklassisch. Die langfristige Wachstumsrate hängt danach allein vom technischen Fortschritt und dem Wachstum des Arbeitsangebots ab. Setzt man das Wachstum des Arbeitsangebots dem Bevölkerungswachstum gleich, dann wächst das Pro-Kopf-Einkommen im selben Maß („Steady State“) wie das technologische Wachstum. Ohne technischen Fortschritt ist demzufolge dauerhaftes Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens nicht möglich. Gerade darum aber haben arme Länder gute Chancen, zu den reichen Nationen aufzuschließen.