So entwickelt sich die Weltwirtschaft Wie die USA den Rest der Welt abhängen

Russland taumelt, die Schwellenländer stecken in der Flaute, die Euro-Krise meldet sich zurück – als globaler Wachstumsmotor kommen 2015 nur die USA in Schwung. Ein Blick auf die wichtigsten Volkswirtschaften.

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Das sind die Märkte von morgen
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Auch für das nächste Wachstumsversprechen gibt es wieder eine griffige Abkürzung, und diese versteht man sofort: USA. 2015 dürften es weder die BRIC-Staaten noch die SMIT, MINT oder Next Eleven sein, sondern die 50 nordamerikanischen Bundesstaaten, von denen das Wachstum der Welt abhängt. China wächst zwar weiter mit einem ordentlichen Tempo, doch die sieben Prozent, die für das kommende Jahr versprochen werden, sind längst eingepreist. Für zusätzliche Impulse sorgt das nicht.

Bei den anderen Hoffnungsträgern der Weltwirtschaft läuft es sogar noch deutlich schlechter. Trotz Fußball-WM hat Brasiliens Wirtschaftsleistung 2014 stagniert. Russland fällt als Investitionsstandort für die nähere Zukunft nahezu komplett aus. Und auch die Wirtschaft in Japan, wo die Zauberkünste der Notenbank seit zwei Jahren nahezu schrankenlos walten dürfen, kommt nicht vom Fleck. So richten sich die Blicke zwangsläufig auf die Vereinigten Staaten.

Auf den letzten Metern der Amtszeit von Präsident Barack Obama tut die Wirtschaft hier endlich, worum er so lange vergeblich gerungen hatte: Sie wächst und wächst und wächst. Getragen vom billigen heimischen Öl ist inzwischen sogar der Arbeitsmarkt in Schwung gekommen. Das schafft Platz für neuen Konsum, dessen Rohstoff viele andere Volkswirtschaften rund um den Globus begeistert liefern werden. Alles in allem läuft es also so gut, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Notenbank Fed die Zinsen hochschraubt.

Konjunkturdaten der Weltwirtschaft

Die WirtschaftsWoche-Korrespondenten rund um den Globus werfen einen Blick auf die Märkte und das wirtschaftliche Klima in den ökonomisch bedeutendsten Weltregionen:

USA

Der wirtschaftliche Einbruch zu Beginn des Jahres 2014 ließ Rezessionsängste in den USA aufflammen. Nach vier guten Quartalen war die Wirtschaft in den ersten drei Monaten plötzlich geschrumpft, Pessimisten beschworen umgehend das Ende der wirtschaftlichen Erholung.

Sie haben sich getäuscht. Es war wohl nur der harte Winter, der die US-Wirtschaft zu Jahresbeginn gelähmt hatte. Kaum waren Schnee und Eis getaut, grünte und blühte es wieder zwischen Boston und San Diego. Um 4,6 Prozent ging das reale Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal nach oben. Im dritten Quartal waren es 3,9 Prozent, für das Schlussquartal wird ein Wachstum von mehr als zwei Prozent erwartet. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft nach überwiegender Einschätzung von Bankern und Konjunkturforschern noch einen Zahn zulegen. Optimistische Prognosen – wie die des Internationalen Währungsfonds – rechnen sogar mit mehr als drei Prozent Wachstum.

Es sind vor allem die Arbeitsmarktdaten, die Ökonomen auf eine robuste Erholung nach der jüngsten „Great Recession“ hoffen lassen. Die Zahl der Beschäftigten stieg in den ersten zehn Monaten 2014 um rund zwei Millionen – in manchen Monaten mit einer Geschwindigkeit, die Amerika seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hat. Neun Millionen Amerikaner waren im November noch arbeitslos, was einer Arbeitslosenrate von 5,8 Prozent entspricht. Das ist der niedrigste Stand seit Juli 2008. Nach Prognosen des US-Finanzdienstleisters Kiplinger wird die Arbeitslosigkeit bis Ende 2015 auf 5,3 Prozent sinken. Damit würde der Arbeitsmarkt allmählich das Vorkrisenniveau – 4,6 Prozent im Jahr 2007 – ins Visier nehmen. Dank schrumpfender Arbeitslosigkeit und niedriger Benzinpreise soll der private Konsum laut Kiplinger im kommenden Jahr um bis zu fünf Prozent wachsen und der Immobilienmarkt sich weiter erholen.

Es waren die finanziell starken US-Unternehmen, die 2014 den Arbeitsmarkt gestützt haben, nicht etwa staatliche Konjunkturprogramme. Das könnte so weitergehen: „Die Unternehmen werden 2015 ihre Umsätze ankurbeln und die Margen hoch halten“, sagt Goldman-Sachs-Aktienexperte David Kostin. Die Gewinne der Unternehmen im Aktienindex S&P 500 würden um durchschnittlich fünf Prozent steigen. „Die Firmen können investieren“, sagt Kostin, „und auch schöne Gewinne an die Aktionäre ausschütten.“

Zusätzlich dürften die deutlich niedrigeren Ölpreise die US-Konjunktur anheizen, dank derer die Verbraucher mehr Geld für Konsumgüter und Dienstleistungen ausgeben können. Weil der private Konsum fast 70 Prozent der US-Wirtschaft ausmacht, wirkt das billige Öl wie ein flächendeckendes Konjunkturprogramm. Auch für die Industrie sinken die Energiekosten derzeit rapide. Zwar schaut die Öl- und Gasindustrie geschockt auf die jüngste Talfahrt der Ölpreise – obwohl sie diese durch massive Kapazitätsausweitungen mit verursacht hat.

Angesichts der rosigen Aussichten rechnet die Wall Street mit einem einschneidenden Ereignis: Erstmals seit Ende 2008 könnte die US-Zentralbank Federal Reserve vielleicht schon im ersten Halbjahr den Leitzins spürbar anheben. Goldman Sachs rechnet mit einem Anstieg des Leitzinses von derzeit nahe 0 Prozent auf 3,9 Prozent bis 2018. Andere Banken sind vorsichtiger, taxieren den Leitzins in drei Jahren bei etwa zwei Prozent. Die Rückkehr zu üblichen Zinssätzen gilt zwar als Beleg für die wirtschaftliche Erholung, aber sie schürt auch Ängste. Viele Börsianer sehen Unsicherheit bei Anlegern heraufziehen, wenn die Zinsen wieder steigen, und befürchten deshalb schwere Kursturbulenzen.

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