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Ein Schiff vor tiefstehender Sonne Quelle: Getty Images

Coronakrise: Internationaler Handel macht robuster

Ein Abgesang auf die wirtschaftliche Globalisierung angesichts der Coronakrise wäre falsch. Denn sie ist nicht die Ursache der aktuellen Probleme, vielmehr ist sie Teil der Lösung. Dennoch wird die Pandemie die internationale Arbeitsteilung verändern.

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Gabriel Felbermayr, 43, ist Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) und Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Ist die Globalisierung Ursache der Coronakrise? Viele Globalisierungskritiker sehen sich angesichts der globalen Pandemie in ihrem Urteil bestätigt, wonach die weltweite Arbeitsteilung und Vernetzung Probleme schafft und verschärft, die bei einer stärker national oder regional orientierten Wirtschaftsordnung nicht aufträten. Wir sehen schon alarmierende Schritte der Politik in diese Richtung. Doch wer die derzeitige Krise nutzen will, um internationale Produktionsketten, globalen Wettbewerb und freien Handel zurückzufahren, wird die Krise eher noch verschärfen. Wir sollten uns allerdings darauf einstellen, dass sich einige Gesetzmäßigkeiten globaler Wirtschaftsprozesse durch die Krise verändern.

Sicher, die Coronakrise ist global, und die schnelle Ausbreitung des Virus ist durch unsere internationale Vernetzung befördert worden. Doch zwei wesentliche Säulen der internationalen Arbeitsteilung – der globale Güterhandel und der Kapitalverkehr – sind nicht ursächlich für die Verbreitung des Virus. Vielmehr ist es die internationale Mobilität von Personen – Touristen, Geschäftsreisende, Migranten – die das Virus regional verbreiten.

Derzeit ist die Volatilität auf den internationalen Kapitalmärkten sehr hoch. Das setzt vor allem schwächeren Ländern zu. Diese Verwerfungen sind Symptom, nicht Ursache der Krise. Anders als frühere Wirtschaftskrisen hat die gegenwärtige Krise ihre Ursache nicht in Fehlentwicklungen im Finanzsektor, sondern in einer massiven Einschränkung der Transaktionen auf vielen Güter- und Dienstleistungsmärkten durch die Auflagen von Regierungen. Dass wir in einer solchen Situation internationale Kapitalmärkte haben, trägt dazu bei, vorhandene Liquidität über die Welt zu verteilen. Gerade in Krisenzeiten müssen Länder international Geld leihen können. Die Globalisierung der Finanzmärkte jetzt zurückzufahren, würde die Krise gerade in anfälligeren Ländern verschärfen.

Es ist die Mobilität von  Personen, die die Ausbreitung des SARS-Coranavirus-2 innerhalb weniger Wochen über die ganze Welt verursacht hat. Entsprechend gibt es hier die massivsten Einschränkungen mit entsprechenden Folgen für Fluggesellschaften, Tourismusanbieter und alle anderen Unternehmen, die am Reisegeschäft hängen. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass viele Länder noch monatelang strenge Auflagen für die Einreise aufrechterhalten werden. Und es dürfte auch langfristig ein Umdenken geben: Gesundheitskontrollen an Grenzen werden zum Standard, und im Fall von Epidemien werden Reisebeschränkungen schneller hochgefahren.

Das neue Coronavirus ist ein weltweiter Weckruf in dieser Hinsicht. Solche Kontrollen sind zu rechtfertigen und können vertrauensbildend wirken. Wichtig wäre aber ein international abgestimmtes Vorgehen, globaler Informationsaustausch und eine Einigung auf gleiche Standards – etwa auf G20-Ebene. Politiker und Medien sollten sich extrem zurückhalten mit Schuldzuweisungen und dem Schüren von Furcht vor Fremden.

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