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InternetsicherheitNetzattacken im Minutentakt

2016 sind Cyberangriffe der neue Dauerzustand. Wer die Architektur des Netzes betrachtet, weiß: Es kommt noch schlimmer.Astrid Maier, Thomas Kuhn, Katharina Matheis, Marc Etzold und Florian Willershausen 05.12.2016 - 17:41 Uhr

Internetsicherheit: Cyberangriffe auf Telekom-Router.

Foto: imago images

Das Protokoll einer Panne, die seit Tagen ganz Deutschland bewegt und von besorgten Internetnutzern über das Topmanagement der Deutschen Telekom bis hinauf zum Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) immer weitere Kreise zieht, beginnt schon Anfang November. Da veröffentlicht ein unbekannter IT-Sicherheitsspezialist unter dem Pseudonym „Kenzo2017“ eine nur für technische Experten verständliche Warnung in einem Blog. Hackern sei es möglich, bestimmte Router des irischen Internetanbieters EIR mithilfe übers Internet verschickter Steuerbefehle aus der Ferne umzuprogrammieren. Auf diese Weise könnten die Angreifer die Geräte, mit deren Hilfe Privatleute und Unternehmen online gehen, fernsteuern. Wie eine Art digitale Zombies könnten die Router für groß angelegte Attacken auf andere benutzt werden, warnt Kenzo2017.

Kurz darauf veröffentlicht der Routerhersteller, das Unternehmen Zyxel aus Taiwan, ein Update, um die Lücke zu stopfen. Und dann passiert erst einmal – nichts.

Bis kurz nach halb vier am vergangenen Sonntag auf dem Handy von Thomas Tschersich, seit 2014 Sicherheitschef der Telekom, die erste E-Mail eingeht, dass sich im Netz Ungewöhnliches tut. Binnen kurzer Zeit streiken bei Telekom-Kunden deren Telefon-, Internet- und Multimediaanschlüsse ganz oder teilweise, liest Tschersich da. Am Ende werden es 900.000 sein. Eine halbe Stunde später hat er die Kollegen aus Bonn persönlich am Apparat.

Fakt ist: Es gibt vollautomatisierte Angriffs-Tools, die Hacker einsetzen, um Schwachstellen aufzudecken. Ein neuer, ungeschützter Computer, der erstmalig mit dem Internet verbunden wird, ist in der Regel innerhalb von sieben Minuten kompromittiert.

Foto: dpa

Fakt: Jeder Computernutzer besitzt wertvolle Daten. Und seien es nur lokal gespeicherte Passwörter fürs Online-Banking, Kreditkartendaten, E-Mail- oder Web-Accounts. Diese Infos sind gerade für Identitätsdiebe äußerst wertvoll.

Foto: dpa

Fakt: Angriffe laufen immer, Tag und Nacht. Oft bekommen Sie davon gar nichts mit. Eine Security-Lösung mit Antivirus und Firewall sollte heute selbstverständlich sein, ebenso Up-to-Date-Systeme mit aktuellen Patches.

Foto: dpa

Fakt: Jede installierte Software birgt potenzielle Schwachstellen und sollte mit Updates auf dem Stand gehalten werden - das gilt für Security-Software ebenso wie für jede andere Applikation. Wichtig ist auch, dass persönliche Passwörter und weitere Informationen über einen selbst vertraulich und sicher aufbewahrt werden.

Foto: dapd

Fakt: Auch wenn die Datei nicht mehr angezeigt und gefunden wird, ist doch nur der Verweis darauf entfernt worden. Die eigentliche Information ist noch solange auf der Festplatte gespeichert, bis sie mit einer neuen überschrieben wird. Erst mit speziellen Wipe-Tools, die Festplatten sektorweise überschreiben, werden Daten endgültig gelöscht.

Foto: dpa

Fakt: Cyberkriminelle tun alles, um eben das zu verhindern. Die besten entwickeln Websites, die seriös und professionell aussehen - oft sogar vertrauten Angeboten eins zu eins gleichen, um die Besucher zu täuschen. Und dann reicht ein einziger kompromittierter Link, und der ahnungslose Besucher sitzt in der Falle.

Foto: Fraunhofer - SITFrauenhofer Institut

Fakt: Früher vielleicht ja, heute nur noch bei schlecht gemachten Attacken. Die Entwicklung im Untergrund ist soweit fortgeschritten, dass kaum ein Nutzer noch merkt, wenn sein Rechner als Teil eines Botnetzes als Spam-Schleuder missbraucht wird oder andere Computer angreift.

Foto: Reuters

Fakt: Es ist einfach geworden, sich beim Versenden einer Mail als jemand anders auszugeben. Ein wenig Stöbern im Social Web, überzeugende Argumente, ein falscher Name im Absender-Feld, eine geklaute oder kaum sichtbar abgeänderte E-Mail-Adresse als Absender – fertig ist der Stress für dem Empfänger. Halten Sie also die Augen immer offen!

Foto: dpa

Fakt: Usability-Experten bemühen sich schon lange, diesen Widerspruch aufzulösen. Viele Dinge lassen sich heute bequem und gleichwohl sicher erledigen.

Foto: obs

Als die Experten technische Fehler im Netz ausschließen können, muss Tschersichs Cybercrime-Truppe ran. Sie schneiden den Datenverkehr an den Testroutern mit, die die Telekom selbst betreibt, protokollieren die Aufrufe aus dem Netz, analysieren den Code, den Zigtausende Computer aus dem ganzen Internet im Minutentakt an die Netzwerkgeräte senden – und haben kurz nach 18 Uhr Klarheit: „Das ist der Angriff eines Botnetzes, wir stehen mitten im Dauerfeuer.“ Die Angreifer versuchen, genau die von Kenzo2017 bekannt gemachte Lücke auszunutzen.

Anders als bei den irischen Routern aber gelingt es den Angreifern zu Tschersichs Erleichterung nicht, auf den Telekom-Geräten Schadprogramme auszuführen. Trotzdem fallen die vom taiwanischen Zulieferer Arcadyan für die Telekom produzierten Speedport-Router reihenweise aus.

Router-Hack

Protokoll des Mega-Angriffs auf die Deutsche Telekom

von Thomas Kuhn

Wie kann es sein, fragen sich Kunden und Sicherheitsexperten, dass Router des größten Telekomanbieters Europas trotz Vorwarnung so reagieren? Und überhaupt, gibt es nicht eine seltsame Häufung an Hackerangriffen: Diskutiert die Welt nicht gerade auch, dass russische Cyberpiraten den US-Wahlkampf durcheinanderbrachten? Und waren nicht erst vor Kurzem massenweise Onlinekameras in heimischen Wohnzimmern gekapert worden?

Willkommen im Cyberkriegsjahr 2016, in dem Internetattacken nicht mehr die Ausnahme, sondern zur täglichen Realität geworden sind. Verbraucher wie Unternehmen und Staaten geben Milliarden Euro für die Sicherheit im Netz aus, aber das Netz ist weit davon entfernt, zu einem sicheren Ort zu werden.

Angriffsziele von aufsehenerregenden Cyberangriffen
Energie-Infrastruktur
Krankenhäuser
Rathäuser
Öffentlicher Nahverkehr
Bundestag
US-Demokraten
Doping-Kontrolleure
Sony Pictures
Yahoo
Target
Ashley Madison
Thyssenkrupp
WannaCry

Um zu verstehen, wie das alles zusammenhängt, muss man weit zurück in die Geschichte des Netzes gehen. Man stößt dabei auf eine Historie der verpassten Gelegenheiten, widersprüchlicher politischer Interessen und Unternehmen, die immer wieder viel zu lax mit ihrer Verantwortung umgehen. Klar wird: Unser ständig vernetztes Leben ist auch eines im permanenten Zustand der Verwundbarkeit.

Telekom-Router gehackt

Bei einem massiven Hacker-Angriff auf Router der Deutschen Telekom wurden im November 2016 waren fast eine Million Kunden betroffen. Der Telekom zufolge ging der Internet-Ausfall bei 900.000 ihrer mehr als 20 Millionen Festnetzkunden auf eine weltweite Cyberattacke zurück. Bei dem Angriff auf die „Speedport“-Router kam der Telefonanbieter aber offenbar mit einem blauen Auge davon. „Sie können ja sagen, dass es schlimm war, dass 900.000 Router ausgefallen sind. Sie können aber auch sagen: Es ist gut, dass nicht noch Schlimmeres passiert ist“, betonte Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Die Geräte der Telekom waren laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) durch einen weltweit angelegten Hackerangriff lahmgelegt worden.

Nach ersten Analysen war der eingeschleuste Schadcode mit dem bekannten Botnet-Code Mirai verwandt, berichtete die IT-Sicherheitsfirma Kaspersky Lab. Ziel sei wahrscheinlich gewesen, die Router mit einem Botnetz zu verbinden, das Online-Kriminelle gewöhnlich für ihre Zwecke, etwa Erpressung, Spam-Versand oder gezielte Angriffe auf andere Rechner missbrauchen. Wie Stefan Ortloff von Kaspersky erklärte, wurde der Schadcode durch eine Sicherheitslücke im Router eingeschleust. Doch die Software sei offenbar nicht in der Lage gewesen, sich selbst in das Dateisystem zu schreiben. Deshalb habe sie einen Neustart nicht überlebt.

Foto: REUTERS

Heftiger Angriff - lange nicht bekannt

Im September 2016 überraschte eine Nachricht des US-Internet-Dienstleisters Yahoo. Der Grund: ein massiver Cyberangriff. Hacker hätten schon Ende 2014 persönliche Daten von mindestens 500 Millionen Nutzern abgegriffen, räumte der Konzern ein. Betroffen waren Namen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern, Geburtsdaten, Passwörter sowie Sicherheitsfragen zur Feststellung der Identität der User. Bei lediglich einem Bereich gab Yahoo Entwarnung: Es gebe keinen Hinweis darauf, dass auch Kreditkarten- oder Bankkontendaten entwendet worden seien. Dennoch sprachen Experten vom bisher folgenschwersten Cyberdiebstahl bei einem E-Mail-Provider.

Foto: dpa

Kundendaten eines Seitensprungportals

2015 wurden besonders brisante Daten von Hackern gestohlen. Über 37 Millionen Datensätze der Seitensprung-Plattform Ashley Madison wurden erbeutet. Für den Anbieter wurde der Angriff dadurch nicht nur zum finanziellen Desaster. Denn durch die Meldung über den Hackerangriff, wurde auch das Geschäft des Unternehmens erst für die breite Masse öffentlich.

Foto: AP

Kundenpasswörter gehackt

Im Mai 2014 gelang es Cyberangreifern sich Zugang zu Ebays Kundendatenbanken zu verschaffen. Mehr als 145 Millionen Datensätze wurden dabei gestohlen. Zu den sensiblen Daten der Kunden zählen deren E-Mail-Adressen, Usernamen und Passwörter. Bis heute ist nicht ganz geklärt, wer hinter dem Angriff steckte.

Foto: AP

Mega-Hackerangriff auf JPMorgan

Die US-Großbank JPMorgan meldete im Oktober 2014, sie sei Opfer eines massiven Hackerangriffs geworden. Rund 76 Millionen Haushalte und sieben Millionen Unternehmen seien betroffen, teilte das Geldhaus mit. Demnach wurden Kundendaten wie Namen, Adressen, Telefonnummern und Email-Adressen von den Servern des Kreditinstituts entwendet. Doch gebe es keine Hinweise auf einen Diebstahl von Kontonummern, Geburtsdaten, Passwörtern oder Sozialversicherungsnummern. Zudem liege im Zusammenhang mit dem Leck kein ungewöhnlicher Kundenbetrug vor. In Zusammenarbeit mit der Polizei gehe die Bank dem Fall nach.

Ins Visier wurden laut dem Finanzinstitut nur Nutzer der Webseiten Chase.com und JPMorganOnline sowie der Anwendungen ChaseMobile und JPMorgan Mobile genommen. Entdeckt wurde die Cyberattacke Mitte August, sagte die Sprecherin von JPMorgan, Patricia Wexler. Dabei stellte sich heraus, dass die Sicherheitslücken schon seit Juni bestünden. Inzwischen seien die Zugriffswege jedoch identifiziert und geschlossen worden. Gefährdete Konten seien zudem deaktiviert und die Passwörter aller IT-Techniker geändert worden, versicherte Wexler. Ob JPMorgan weiß, wer hinter dem Hackerangriff steckt, wollte sie nicht sagen.

Foto: REUTERS

Apple und Facebook

Ebenfalls im Februar 2013 wurde Apple Opfer eines Hacker-Angriffs. Computer von Angestellten seien von den gleichen Angreifern heimgesucht worden, die auch Facebook ausspionieren wollten, hieß es. Am selben Tag wollte Apple ein Software-Update auf den Markt bringen, mit dem sich Kunden gegen das von den Hackern eingesetzte Programm schützen können. Einige Tage zuvor hatte Facebook bekanntgegeben, dass Laptops von Angestellten Ziel einer Attacke waren.

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Twitter

Unbekannte Hacker trieben im Februar 2013 ihr Unwesen beim Kurznachrichtendienst Twitter: Innerhalb von zwei Tagen kaperten sie die Konten von Burger King und Jeep. Im Fall des Autobauers erklärten die Hacker bei Twitter den Verkauf der Geländewagen-Marke an den Konkurrenten Cadillac. Bei Burger King hatte es geheißen, das Unternehmen gehöre jetzt zu McDonald's, „weil der Whopper gefloppt ist“.

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News of the World
Im Juli 2012 entwickelten sich viele kleine Hackerangriffe zuerst zu einem Abhörskandal, dann zum Medienskandal und schließlich zu einem der größten Skandale Großbritanniens. Die Folge: Die britische Sonntagszeitung "News of the World" wurde eingestellt. Mitarbeiter der Zeitung hatten sich jahrelang in die Mails von Prominenten und Gewaltopfern gehackt, um Informationen daraus für ihre Berichterstattung zu nutzen. Als die illegalen Recherchemethoden im Sommer 2012 an die Öffentlichkeit kamen, wurde die Zeitung vom Markt genommen.

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iOS-Kundendaten geklaut

Auch der US-Elektronikriese Apple blieb 2012 nicht verschont von Hackerangriffen: Rund 12 Million Daten des iPhone-Betriebssystems iOS wurden laut dem FBI von der Hackergruppe Antisec gestohlen. Darunter veröffentlichte das Hackerkollektiv über eine Million iOS-IDs, die auch persönliche Angaben zu den Besitzern enthielten.

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Industrieanlagen

Die Meldung eines Hackerangriffs auf mehrere iranische Industrieanlagen ging im Juni 2012 um die Welt. Ein Virus namens Stuxnet übernahm zweitweise die Kontrolle über iranische Rechnersysteme und konnte diese systematisch sabotieren. Experten gingen damals davon aus, dass ein anderer Staat den Auftrag zu dieser Attacke gegeben haben könnten. Die große Gefahr von Viren wie Stuxnet wurde daraufhin unter dem Begriff "Cyberwar" immer wieder thematisiert. Der Grund: Solche Viren könnten ebenso gut Schiffe, Flughäfen, das Militär oder Telekommunikationssysteme angreifen und diese sabotieren, was schwerwiegende Folgen für das jeweilige Land haben könnte.

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Bundesbehörden
Im Juli 2011 mussten Bundeskriminalamt, Bundespolizei und Zoll zugeben, dass Hacker es in ihr Fahndungssystem "Patras" geschafft hatten. Dieses System nutzen Behörden zur Überwachung potentieller Straftäter und Ermittler. Nachdem die Hacker der "No Name Crew" sich Zugang verschafft hatten, mussten BKA und Co. die Server zeitweise abschalten.

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Sony

Kein Hackerangriff traf in Deutschland so viele Menschen wie der Angriff auf den japanischen Elektronikkonzern. Im April 2011 stahlen Hacker die Daten von 75 Millionen Nutzern des Playstation-Netzwerks. Dadurch hatten sie nicht nur Zugriff zu Mail- und Postadressen, sondern konnten auch auf deren Kreditkartenangaben zugreifen. Sony schaltete das Netzwerk ab, einen Monat blieb es offline. Die "Los Angeles Times" berichtete, dass Sony den Schaden auf 172 Millionen Dollar schätzte.

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Kreditkarten

Nachdem Visa und Mastercard der Plattform WikiLeaks im Dezember 2010 die Konten sperrten, stürzte sich die Hackergemeinschaft Anonymous auf die Geldinstitute. Die Seiten der Kreditkartenanbieter waren zeitweise nicht erreichbar.

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Estland
"Denial of Service" meldeten 2007 zahlreiche Computer in Estland - wochenlang. Dahinter steckte ein Hackerangriff auf die estnische Infrastruktur. Hacker hatten Regierungsrechner und Systeme von verschiedenen Unternehmen und Banken durch eine Flut von E-Mails überlastet. Internetseiten von Ministerien, dem Parlament, Medienhäusern und Geldinstituten waren nicht erreichbar. Sogar Notfallrufnummern und Bankautomaten funktionierten nicht mehr. Bis heute ist unklar, wer hinter der Attacke steckte.

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ILOVEYOU
Unmittelbar nach der Jahrtausendwende flutete ein Virus aus Südostasien die digitale Welt. Ein Virus namens ILOVEYOU versendete sich von alleine, indem es auf sämtliche gespeicherte Kontakte eines Mailpostfaches zurückgriff. Die Menge an Nachrichten überlastete weltweit die Server, sodass der E-Mail-Verkehr zeitweise zum Erliegen kam. Eine zweite Version des Virus zerstörte dann sogar Dateien auf dem Rechner. Wer genau hinter dem Virus steckte, ist bis heute nicht geklärt.

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Der berühmteste Hacker des 20. Jahrhunderts

Der Amerikaner Kevin Mitnick sorgte in den Neunzigerjahren für Aufmerksamkeit, als er sich mehr als zwei Monate eine Cyber-Jagd mit einem japanischen Sicherheitsexperten lieferte. Mitnick hatte sich zuvor in die Computersysteme von Softwareunternehmen und Telefongesellschaften gehackt und die Konten seiner Opfer geleert. Für die Unternehmen entstanden Schäden in Millionenhöhe. Nachdem Mitnick es bei dem Japaner versuchte, startete dieser eine Verfolgungsjagd und deckte nach einigen Wochen Mitnicks Identität auf. Der Hacker landete daraufhin im Gefängnis. Als er 2000 entlassen wurde, bekam der wohl berühmteste Hacker des vergangenen Jahrhunderts einen adäquaten Job. Er arbeitet heute als Sicherheitsexperte.

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Der Sündenfall passiert, wenn man so will, schon in der Urgeschichte des Netzes. Einst wurde es als militärisches Forschungsprojekt erfunden, damit Daten frei verschickt werden konnten, von Computer zu Computer. 1969 war das noch eine Revolution. Am Grundprinzip, dem möglichst freien, unkomplizierten und raschen Datenverkehr, hat sich bis heute nichts geändert.

IT-Sicherheit

"Router-Hersteller sparen auf Kosten der Kunden"

von Niklas Dummer

Dabei wurde das Netz als „dumme“ Leitung konzipiert und sollte nur dem Datentransport dienen. Dafür sollten seine Außenposten „intelligent“ gesteuert werden, also die daran angeschlossenen Computer. Nur: In der Welt seiner Erfinder kam nicht vor, dass eines Tages User andere User angreifen würden. Genau das passiert heute aber massenweise. Im Fall der Attacken auf die Telekom-Router wurden die Geräte im Minutentakt von Hackern attackiert.

Experten gehen davon aus, dass die Attacke nicht nur in Deutschland stattfand, sondern weltweit Hunderttausende Router betraf und meist erfolgreich infizieren konnte – bis nach Brasilien oder der Türkei. Das Fazit von Lion Nagenrauft, Cybersecurity-Analyst beim deutschen IT-Sicherheitsdienstleister iT-Cube: „Hätte sie nicht ab Sonntag zum flächendeckenden Ausfall der Telekom-Geräte geführt, wäre die neue globale Angriffswelle womöglich weitgehend unbemerkt geblieben.“

Software installiert sich selbstständig

Ungewollte und unerwartete Installationsprozesse, die aus dem Nichts starten, sind ein starkes Anzeichen dafür, dass das System gehackt wurde. In den frühen Tagen der Malware waren die meisten Programme einfache Computerviren, die die "seriösen" Anwendungen veränderten - einfach um sich besser verstecken zu können. Heutzutage kommt Malware meist in Form von Trojanern und Würmern daher, die sich wie jede x-beliebige Software mittels einer Installationsroutine auf dem Rechner platziert. Häufig kommen sie "Huckepack" mit sauberen Programmen - also besser immer fleißig Lizenzvereinbarungen lesen, bevor eine Installation gestartet wird. In den meisten dieser Texte, die niemand liest, wird haarklein aufgeführt, welche Programme wie mitkommen.

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Was zu tun ist

Es gibt eine Menge kostenlose Programme, die alle installierten Applikationen auflisten und sie verwalten. Ein Windows-Beispiel ist Autoruns, das zudem aufzeigt, welche Software beim Systemstart mit geladen wird. Das ist gerade in Bezug auf Schadprogramme äußerst aussagekräftig - aber auch kompliziert, weil nicht jeder Anwender weiß, welche der Programme notwendig und sinnvoll und welche überflüssig und schädlich sind. Hier hilft eine Suche im Web weiter - oder die Deaktivierung von Software, die sich nicht zuordnen lässt. Wird das Programm doch benötigt, wird Ihnen das System das schon mitteilen…

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Die Maus arbeitet, ohne dass Sie sie benutzen

Springt der Mauszeiger wie wild über den Bildschirm und trifft dabei Auswahlen oder vollführt andere Aktionen, für deren Ausführung im Normalfall geklickt werden müsste, ist der Computer definitiv gehackt worden. Mauszeiger bewegen sich durchaus schon einmal von selbst, wenn es Hardware-Probleme gibt. Klick-Aktionen jedoch sind nur mit menschlichem Handeln zu erklären.

Stellen Sie sich das so vor: Der Hacker bricht in einen Computer ein und verhält sich erst einmal ruhig. Nachts dann, wenn der Besitzer mutmaßlich schläft (der Rechner aber noch eingeschaltet ist), wird er aktiv und beginnt, das System auszuspionieren - dabei nutzt er dann auch den Mauszeiger.

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Was zu tun ist:

Wenn Ihr Rechner des Nachts von selbst "zum Leben erwacht", nehmen Sie sich kurz Zeit, um zu schauen, was die Eindringlinge in Ihrem System treiben. Passen Sie nur auf, dass keine wichtigen Daten kopiert oder Überweisungen in Ihrem Namen getätigt werden. Am besten einige Fotos vom Bildschirm machen (mit der Digitalkamera oder dem Smartphone), um das Eindringen zu dokumentieren. Anschließend können Sie den Computer ausschalten - trennen Sie die Netzverbindung (wenn vorhanden, Router deaktivieren) und rufen Sie die Profis. Denn nun brauchen Sie wirklich fremde Hilfe.

Anschließend nutzen Sie einen anderen (sauberen!) Rechner, um alle Login-Informationen und Passwörter zu ändern. Prüfen Sie Ihr Bankkonto - investieren Sie am besten in einen Dienst, der Ihr Konto in der folgenden Zeit überwacht und Sie über alle Transaktionen auf dem Laufenden hält. Um das unterwanderte System zu säubern, bleibt als einzige Möglichkeit die komplette Neuinstallation. Ist Ihnen bereits finanzieller Schaden entstanden, sollten IT-Forensiker vorher eine vollständige Kopie aller Festplatten machen. Sie selbst sollten die Strafverfolgungsbehörden einschalten und Anzeige erstatten. Die Festplattenkopien werden Sie benötigen, um den Schaden belegen zu können.

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Online-Passwörter ändern sich plötzlich

Wenn eines oder mehrere Ihrer Online-Passwörter sich von einem auf den anderen Moment ändern, ist entweder das gesamte System oder zumindest der betroffene Online-Dienst kompromittiert. Für gewöhnlich hat der Anwender zuvor auf eine authentisch anmutende Phishing-Mail geantwortet, die ihn um die Erneuerung seines Passworts für einen bestimmten Online-Dienst gebeten hat. Dem nachgekommen, wundert sich der Nutzer wenig überraschend, dass sein Passwort nochmals geändert wurde und später, dass in seinem Namen Einkäufe getätigt, beleidigenden Postings abgesetzt, Profile gelöscht oder Verträge abgeschlossen werden.

Foto: dpa

Was zu tun ist:

Sobald die Gefahr besteht, dass mit Ihren Daten handfest Schindluder getrieben wird, informieren Sie unverzüglich alle Kontakte über den kompromittierten Account. Danach kontaktieren Sie den betroffenen Online-Dienst und melden die Kompromittierung. Die meisten Services kennen derartige Vorfälle zu Genüge und helfen Ihnen mit einem neuen Passwort, das Konto schnell wieder unter die eigene Kontrolle zu bekommen. Einige Dienste haben diesen Vorgang bereits automatisiert. Wenige bieten sogar einen klickbaren Button "Mein Freund wurde gehackt!" an, über den Dritte diesen Prozess für Sie anstoßen können. Das ist insofern hilfreich, als Ihre Kontakte oft von der Unterwanderung Ihres Kontos wissen, bevor Sie selbst etwas davon mitbekommen.

Werden die gestohlenen Anmeldedaten auch auf anderen Plattformen genutzt, sollten sie dort natürlich schnellstmöglich geändert werden. Und seien Sie beim nächsten Mal vorsichtiger! Es gibt kaum Fälle, in denen Web-Dienste E-Mails versenden, in denen die Login-Informationen abgefragt werden. Grundsätzlich ist es immer besser, ausschließlich Online-Dienste zu nutzen, die eine Zwei-Faktor-Authentifizierung verlangen - das macht es schwieriger, Daten zu entwenden.

Foto: dapd

Gefälschte Antivirus-Meldungen

Fake-Warnmeldungen des Virenscanners gehören zu den sichersten Anzeichen dafür, dass das System kompromittiert wurde. Vielen Anwendern ist nicht bewusst, dass in dem Moment, wo eine derartige Meldung aufkommt, das Unheil bereits geschehen ist. Ein Klick auf "Nein" oder "Abbrechen", um den Fake-Virusscan aufzuhalten, genügt natürlich nicht - die Schadsoftware hat sich bestehende Sicherheitslücken bereits zunutze gemacht und ist ins System eingedrungen.

Bleibt die Frage: Warum löst die Malware diese "Viruswarnung" überhaupt aus? Ganz einfach: Der vorgebliche Prüfvorgang, der immer Unmengen an "Viren" auftut, wird als Lockmittel für den Kauf eines Produkts eingesetzt. Wer auf den dargestellten Link klickt, gelangt auf eine professionell anmutende Website, die mit positiven Kundenbewertungen und Empfehlungen zugepflastert ist. Dort werden Kreditkartennummer und andere Rechnungsdaten abgefragt - und immer noch viel zu viele Nutzer fallen auf diese Masche herein und geben ihre Identität freiwillig an die Kriminellen ab, ohne etwas davon zu merken.

Foto: dpa/dpaweb

Was zu tun ist:

Computer ausschalten, sobald die gefälschte Antivirus-Meldung aufschlägt. (Achtung: Sie müssen natürlich wissen, wie eine "echte" Meldung Ihres Virenscanners aussieht.) Wenn noch etwas zu sichern ist und das problemlos geschehen kann, machen. Aber je schneller der Rechner hinuntergefahren wird, desto besser. Anschließend im "abgesicherten Modus" neustarten (ohne Netzwerkverbindung) und die vormals neuinstallierte Software deinstallieren (was häufig klappt). Wie auch immer - wichtig ist, das System in einen Zustand zu bringen, der dem vor der Kompromittierung entspricht. Wenn das gelingt, sollte sich das System wieder normal starten lassen und keine Fake-Meldungen mehr ausstoßen. Was nun noch bleibt, ist ein umfassender Systemtest und ein kompletter Virenscan, um die letzten Reste der Malware zu entfernen.

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Unerwünschte Browser-Toolbars

Eines der häufigsten Zeichen einer Unterwanderung: Der Browser kommt mit verschiedenen neuen Toolbars daher, die allesamt Hilfe versprechen. Solange es nicht das Produkt eines bekannten Anbieters ist (und selbst dann), sollten diese Erweiterungen entfernt werden.

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Was zu tun ist:

Die meisten Browser lassen es zu, sich alle installierten Toolbars anzeigen zu lassen. Entfernen Sie alle, die Sie nicht unbedingt behalten möchten. Wird die verdächtige Toolbar nicht aufgelistet oder lässt sie sich nicht ohne weiteres löschen, sollte der Browser auf seine Standardeinstellungen zurückgesetzt werden. Klappt auch das nicht, gehen Sie so vor wie beim oben aufgeführten Punkt "Gefälschte Antivirus-Meldungen".

Die meisten mit Schadcode behafteten Toolbars lassen sich schon allein dadurch verhindern, dass alle installierten Applikationen auf dem neuesten Stand sind. Und auch dadurch, dass Sie bei der Installation kostenloser Software während des Einrichtungsvorgangs ein wenig darauf achten, was alles mitinstalliert werden soll und entsprechende Toolbars deaktivieren.

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Umgeleitete Web-Suchen

Cyberkriminelle verdienen daran, dass Internetnutzer woanders "landen" als sie eigentlich wollen. Die Klicks auf einer bestimmten Website werden für sie direkt in Bares umgewandelt - oft ohne dass die jeweiligen Seitenbetreiber überhaupt wissen, dass der Traffic aus einer Besucher-Umleitung resultiert.

Aufzufinden ist dieser Typ Malware bei infizierten Browsern schnell per Suchmaschine: Einfach einige sehr generische Wörter wie "goldfish" oder "puppy" eintippen und prüfen, ob mehrmals die gleichen Websites in den Ergebnislisten aufschlagen - diese haben meist kaum einen belastbaren Bezug zu den gesuchten Begriffen. Leider sind viele der heutigen Websuchumleitungen mithilfe diverser Proxy-Server aber so getarnt und gut versteckt, dass die gefälschten Ergebnisse für betroffene Nutzer selten direkt sichtbar sind. Häufig sind es auch Toolbars, die die Redirects auslösen. Technisch versierte Anwender, die sicher gehen wollen, können auf Tools zur Überwachung des Netzwerkverkehrs zurückgreifen. Der Traffic, der auf einem kompromittierten Computer aus- und eingeht, unterscheidet sich signifikant von dem auf einem sauberen Rechner.

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Was zu tun ist:

Das Gleiche, das bereits erwähnt wurde. Das Entfernen von Toolbars und sonstiger Malware sollte genügen.

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Freunde empfangen Fake-Mails mit Ihrem Namen

In diesem Fall gilt es Ruhe zu bewahren. Es ist nicht mehr außergewöhnlich, dass Adressbuchkontakte Schadcode-Mails von gefälschten Absendern empfangen. Vor Jahren graste die Malware noch das gesamte Adressbuch ab und schickte jedem darin befindlichen Kontakt eine böse Botschaft. Heute sind die Schadprogramme wählerisch geworden und suchen sich nur noch einzelne Opfer aus. Wenn es nur ein paar wenige Kontakte betrifft und nicht die komplette Kontaktdatenbank, ist der Rechner sehr wahrscheinlich nicht kompromittiert (zumindest nicht durch eine Malware, die E-Mail-Adressen sammelt).

Viel wahrscheinlicher ist, dass die Adressen aus sozialen Netzen abgezogen wurden - wenn nicht wirklich klar erkennbar ist, dass die E-Mail von Ihrem E-Mail-Konto aus (Adresse auf Richtigkeit prüfen!), sondern nur in Ihrem Namen versendet wurde, sollte der Rechner sicher sein.

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Was zu tun ist:

Wenn einer oder mehrere Ihrer Kontakte von solchen Fake-E-Mails berichten, sollten Sie einen kompletten Virenscan vornehmen. Zusätzlich ist eine Prüfung angebracht, ob nicht doch unerwünschte Programme oder Toolbars installiert wurden.

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Security-Software, Taskmanager, Registry-Editor sind deaktiviert

Stellen Sie fest, dass Ihre Security-Software deaktiviert ist, ohne dass Sie das veranlasst haben, ist das System wahrscheinlich infiziert. Ganz besonders gilt das, wenn Sie daraufhin versuchen, den Taskmanager oder den Registry-Editor aufzurufen und diese gar nicht starten, starten und sofort wieder verschwinden oder nur in abgespeckter Form starten.

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Was zu tun ist:

Hier ist ebenfalls eine komplette Wiederherstellung des Systems anzuraten, weil sich nicht genau nachvollziehen lässt, was genau die Probleme verursacht. Wer erst einmal die "leichte Tour" versuchen möchte, findet im Internet eventuell Hilfe für die auftretende Funktionsstörung - hier gibt es oft zahlreiche Möglichkeiten. Findet sich ein Lösungsvorschlag, starten Sie das System im abgesicherten Modus und probieren Sie es aus. Planen Sie jedoch ein, dass viele Ideen nicht auf Anhieb funktionieren.

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Häufige Popup-Fenster

Aufpoppende Fenster nerven. Sie sind aber auch ein Beleg dafür, dass der Rechner gehackt wurde. Liefern Websites, die für ein solches Verhalten in der Regel nicht bekannt sind, zufällige Browser-Pop-ups aus, wurde das System unterwandert. Es ist immer wieder spannend zu sehen, welche Seiten den Anti-Popup-Mechanismus des Browsers aushebeln können. Es ist wie ein Kampf gegen Spam - nur schlimmer.

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Was zu tun ist:

Typischerweise werden derartige Popup-Fenster durch einen der bereits geschilderten Fälle erzeugt. Auch hier hilft das Entfernen von Toolbars und anderen Schadprogrammen.

Foto: gms

Auf dem Bankkonto fehlt Geld

Hier ist nicht das notorische Problem gemeint, das fast jeder ab und zu hat (gerade am Monatsende). Wir sprechen von viel Geld. Cyberkriminelle geben sich selten mit Kleckerbeträgen zufrieden (höchstens um auszutesten, ob ein Konto oder eine Kreditkarte existiert - also auch hier Vorsicht!). Sie transferieren gerne große Summen ins Ausland. In der Regel löst eine Phishing-Mail Ihrer Bank das Prozedere aus - fallen Sie darauf hinein und verraten geheime Informationen wie PINs oder TANs, müssen Sie sich nicht wundern…

Foto: dpa/dpaweb

Was zu tun ist:

Die meisten Banken sind nach wie vor kulant und erstatten die gestohlenen Beträge zurück - gerade dann, wenn sich die Transaktion noch in der Verarbeitung befindet. Hier ist Eile angesagt! Trotzdem gab es schon einige Fälle, in denen die Kontobesitzer wegen Dummheit per Gerichtsbeschluss auf dem Schaden sitzen geblieben sind - zur Kulanz gezwungen sind die Banken nicht. Deshalb gilt auch hier: Lassen Sie sich unverzüglich informieren, wenn auf Ihrem Konto etwas Ungewöhnliches geschieht - setzen Sie eine Obergrenze für Überweisungen fest und lassen Sie Mitteilungen verschicken, wenn diese Grenze überstiegen wird oder eine Auslandsüberweisung stattfindet. Weil die Cyberkriminellen aber ebenfalls nicht blöd sind, sollten Sie ebenfalls veranlassen, dass Sie in jedem Fall eine Mitteilung mitbekommen, sobald diese Grundeinstellungen verändert werden.

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Mahnbescheide wegen nicht bezahlter Waren

Das kann der Fall sein, wenn in Ihrem Namen eingekauft wurde. Sind Sie Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden, können Sie davon ausgehen, dass massenweise Zeug in diversen Shops eingekauft wurde und Kreditkarte oder Konto nicht gedeckt sind.

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Was zu tun ist:

Überlegen Sie, wie Ihre Identität respektive der Zugang zu Online-Shops in die falschen Hände gelangen konnte. Ist es mutmaßlich über einen der bereits dargestellten Wege geschehen, befolgen Sie die dort aufgeführten Empfehlungen. In jedem Fall bitte wieder alle Benutzernamen und Passwörter ändern - auch die bei Diensten, die nicht direkt betroffen sind. Erstatten Sie Anzeige und überwachen Sie Ihre Konten.

Wahrscheinlich dauert es Monate, bis Sie alle Betrügereien entdecken, die in Ihrem Namen begangen worden sind. Die meisten von ihnen sollten sich klären lassen - gehen Sie aber davon aus, dass Sie auf gewissen Kosten sitzen bleiben werden. Früher konnte so etwas die eigene Kreditwürdigkeit auf Jahrzehnte demolieren. Heutzutage haben auch die Händler mehr Erfahrungen mit Cyberkriminalität und gehen besser damit um. Dennoch sollten Sie auf der Hut bleiben und jeden Hinweis, die sie seitens der Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden, der Zahlungsdienstleister, Banken und der Kreditauskunft bekommen, befolgen.

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Allgemeine Hinweise

Keine Security-Suite der Welt bewahrt Sie vor allen genannten Betrügereien - geben Sie Acht auf Anzeichen und Symptome, die andeuten, dass Ihr System kompromittiert wurde. Erhärtet sich ein Verdacht, ist es besser, einmal zu viel einen System-Restore zu fahren als einmal zu wenig. Das meiste Übel lässt sich verhindern, indem Sie Ihre Software immer auf dem neuesten Stand halten, keine Trojaner starten und nicht auf Fake-Mails eingehen.

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In allen genannten Szenarien ist eine Neuinstallation des Betriebssystems die beste Lösung. Das muss gar nicht die Formatierung der Festplatte bedeuten - Funktionen zu Systemwiederherstellung beispielsweise unter Windows oder regelmäßige Backups sorgen für den Ernstfall oft ausreichend vor. Eines muss jedoch klar sein: Ist ein Rechner einmal unterwandert gewesen, darf ihm nie wieder vollständig vertraut werden.

Der Beitrag ist im Original bei der Computerwoche-Schwesterpublikation Infoworld erschienen.

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Denn der Angriff erfolgte über ein Mirai genanntes Netzwerk aus gekaperten Computern. Als die Telekom den Hackercode entziffert hat und in ihrem Netz den Zugriff auf die Server blockt, von denen aus das Mirai-Botnetz seine Angriffssoftware auf die Router laden will, weichen die Hacker auf andere Server aus, über die sie ihre Software verbreiten. Erst als Tschersich den Datenverkehr mit den Routern radikal beschneidet und im Zusammenspiel mit dem Fernwartungsmodul nur noch Verbindungen zu den Geräten zulässt, die aus dem Netz der Telekom stammen, beginnt sich die Lage zu stabilisieren. Mittwochnachmittag haben der Sicherheitschef und seine Spezialisten endlich die Lage im Griff.

Lieber schnell als sicher

Sicherheit im Netz ist teuer. Und im Widerstreit zwischen Sicherheit und Schnelligkeit entscheiden sich viele Unternehmen seit Jahren eher für Letzteres. Das Ergebnis: Selbst ein Konzern wie die Telekom, der sich als Sicherheitsvorreiter in Europa positioniert, braucht drei Tage, um eine solche Lücke weitgehend zu schließen. Und am Mittwoch gibt es noch immer ein paar Zehntausend Kunden, in deren Wohnzimmer die Router machen, was sie wollen.

Diese Branchen sind am häufigsten von Computerkriminalität betroffen
Gesamt
Platz 5
Platz 4
Platz 3
Platz 2
Platz 1

Dabei böte die Netzgeschichte Telekom und Co. anschaulichen Lehrstoff. Es war ein Nerd namens Marc Andreessen aus der amerikanischen Provinz, der 1993 den Webbrowser Mosaic auf den Markt brachte. Wenige Zeit später wird er als Netscape Navigator als erster massentauglicher Browser in die Techgeschichte eingehen. Von da an steigt das Netz vom Experimentierfeld für Militär und Wissenschaftler zum wichtigsten Kulturgut der Neuzeit auf.

Und 1995 will auch ein gewisser Bill Gates, Microsoft-Chef, den Trend nicht länger verpassen. In einem Memo 1995 warnt er seine Führungstruppe, das Internet sei ein Tsunami, den es mitzureiten gelte. Microsoft müsse „über Bord mit Internetfeatures gehen“. Sicherheit kommt in dem Memo auch vor, aber eher als Randaspekt.

Der Konzern überschwemmt die User fortan mit neuen Features, und alle anderen Anbieter machen es ihm nach. Gibt es ein Problem mit Sicherheitslücken, gilt in der Branche die Devise: „patch and pray“ – verarzten und beten. Erste Hackergruppen wie Lopht kritisieren schon damals, die Konzerne würden für das schnelle Geschäft die Sicherheit der Nutzer opfern. Nur keiner hört zu.

Hacker-Angriff auf die Telekom

Diese Folgen hat der Ausfall für Privat- und Geschäftskunden

von Anke Henrich

Erst als Microsoft aufgrund der immer beharrlicher werdenden Computer-Würmer und Spam-Mails sein Geschäftsmodell gefährdet sieht, bringt der Konzern 2010 eine Windows-Version auf den Markt, die als einigermaßen sicher gilt. Zehn Jahre lang hatten Cyberkriminelle freie Fahrt.

Diese uralte Software-Ingenieurs-Denke, wonach man bei der Sicherheit ja nachträglich nachbessern kann, bedroht noch heute unseren Routeranschluss. Und sie stellt unsere Zukunft im Netz infrage, in der wir Autos und Elektrizitätswerke übers Netz laufen lassen wollen und eines Tages sogar Wahlen online abhalten wollen.

Denn heute sind es die Zahnbürsten, Kameras, Fernseher und Kühlschränke, die sich wie einst Windows rasant über die Erde in jeden Haushalt hinein verbreiten und dabei ständig online sind. Prognosen des Netzwerkausrüsters Ericsson zufolge werden bis 2022 bis zu 29 Milliarden solcher ans Netz angeschlossene neue Internetaußenposten existieren. Doch diese werden nicht immer intelligenter, sondern dümmer: Im Oktober, beim großen Mirai-Angriff, der Amazon, Netflix oder Twitter lahmlegte, wurde der Öffentlichkeit erklärt: Viele der Internetgeräte sind nur mit einem Standard-Sicherheitsschlüssel versehen, der sich nicht manuell ändern lässt. Sicherheitsupdates sind bei vielen erst gar nicht möglich. Selbst bei Windows, dem für lange Zeit anfälligsten Betriebssystem des Planeten, sind regelmäßige Updates heute Standard.

Das Zehn-Punkte-Programm der Telekom zur Cyber-Sicherheit
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Bei analogen Gütern wie etwa Autos und Flugzeugen schaffen längst strenge Haftungsregeln für den Schadensfall bei den Herstellern einen Anreiz, in Sicherheit zu investieren. Für Internettechnik ist dagegen ein Rechtsvakuum entstanden, das Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in seiner „Digitalen Agenda 2025“ nun endlich schließen will: Er fordert „weitere gesetzliche Regelungen wie Produkthaftungsregeln für IT-Sicherheitsmängel und Sicherheitsvorgaben für Hard- und Softwarehersteller“. Nach der Attacke auf die Telekom-Router ruft nun selbst der politische Gegner dazu auf, etwa Thomas Jarzombek, netzpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, die Unternehmen müssten stärker „in die Pflicht“ genommen werden.

Die Wahrheit aber ist auch: Die Politik hat seit jeher ein gespaltenes Verhältnis zum Internet. Als Anfang der Siebzigerjahre immer mehr Hochschulen ans Netz gingen, musste ein neues Steuerungsprotokoll her, damit alle Computer, egal, mit welcher Hard- und Software ausgestattet, miteinander kommunizieren konnten: Das TCP/IP-Protokoll entstand. Schon damals überlegten seine Erfinder, darin Verschlüsselungstechniken einzubauen, um die Sicherheit zu erhöhen. Doch das war kompliziert und teuer. Vor allem aber brachte die US-Sicherheitsbehörde NSA Einwände ein, recherchierte im vergangenen Jahr die „Washington Post“. Und das Internet wurde zu dem offenen Kommunikationssystem, das es bis heute geblieben ist: für ehrliche Nutzer und Cyberkriminelle, die sich so anonym bewegen können.

„Viele Eigenschaften der Internetstruktur sind nicht mehr zeitgemäß. Einige Komponenten wurden ohne sonderliches Augenmerk auf Sicherheit entwickelt und haben sich bis heute gehalten. Das würde man heute vermutlich anders machen“, sagt Thomas Krauß, Sicherheitsexperte, der Konzernen beim Auffinden von Sicherheitslücken hilft. Und auch bei der Bundesregierung ist bis heute die Lage komplizierter, als es nach außen erscheinen mag: IT-Sicherheit ist uns ein Anliegen, heißt es.

Andererseits nutzen auch deutsche Nachrichtendienste die Sicherheitslücken, um ihre Arbeit zu machen. Wenn die Türen zugemacht würden, dann auch für Geheimdienste. In der Hackerszene ist das längst bekannt. „Die Nachrichtendienste wägen dann ab: Wie viele Menschen sind durch die Sicherheitslücke gefährdet? Und wie wahrscheinlich ist es, dass auch andere Hacker sie gefunden haben?“, sagt Sicherheitsexperte Krauß.

Ist Berlin nicht sensibilisiert genug? Erst die NSA-Abhöraffäre und Spionage auf Servern des Bundestags im vergangenen Jahr, wofür deutsche Sicherheitsexperten den russischen Militärgeheimdienst GRU verantwortlich machen, haben Berlin aufgeschreckt: Das Auswärtige Amt hat inzwischen einen Cyberbeauftragten. Auch das Innenministerium als federführendes Amt baut seine Expertise aus. Und das lange von Industrieverbänden bekämpfte IT-Sicherheitsgesetz verpflichtet die Unternehmen nun, jede größere Attacke an das BSI zu melden.

Angela Merkel wurde 2013 verhöhnt, als sie sagte, das Internet sei „für uns alle Neuland“.

Der Satz klingt so naiv – und trifft doch zu. Kenzo2017, Sicherheitshüter Thomas Tschersich und 900.000 Telekom-Kunden haben das gerade erst wieder erlebt.

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