Cyberangriffe haben etliche Webseiten und Online-Dienste wie Twitter, Netflix, Spotify und PayPal lahmgelegt. Ins Visier wurden dafür gezielt Server des Internetdienstleisters Dyn genommen, wie das Unternehmen mit Sitz in Manchester im US-Staat New Hampshire mitteilte. Nicht erreichen konnten Nutzer zeitweilig auch Websites von Medien wie CNN, der „New York Times“, dem „Wall Street Journal“ sowie von einigen Angeboten des Online-Händlers Amazon.
Demnach erfolgten die sogenannten DDOS-Attacken, bei denen Webseiten massiv mit Datenverkehr verstopft und damit außer Gefecht gesetzt werden, in drei Wellen. Auf von Dyn bediente populäre Webseiten konnten Nutzer in den USA, aber auch in Europa, in der Folge nicht zugreifen. Eine Hackergruppe bekannte sich. Das Weiße Haus sprach von bösartigen Attacken. Das Heimatschutzministerium habe Ermittlungen aufgenommen.
Das ganze Ausmaß der Behinderungen war zunächst kaum abzusehen. Doch stellt Dyn einigen der größten Namen im Netz Domainnamen bereit, womit aus numerischen Webadressen erst überhaupt vom Menschen lesbare Zieladressen wie „Twitter.com“ werden. Kyle York, der Chefstratege von Dyn, sagte, es sei gerade die „Komplexität der Attacken, die es uns so schwer macht.“ So sei gegen 7:00 Uhr (Ortszeit) zunächst ein Datenzentrum an der US-Ostküste getroffen worden. Nach Firmenangaben waren die Dienste rund zwei Stunden wiederhergestellt worden.
Doch dann hätten sich die Hacker auf Offshore-Datenzentren verlegt, und die Probleme seien weitergegangen, sagte York Reportern in einer Telefonkonferenz. „Es war eine sehr listige Attacke. Als wir damit anfangen, das zu entschärfen, reagieren sie und beginnen, den Bogen zu überspannen.“
Von der zweiten Angriffswelle war die US-Westküste betroffen.
Die Attacken gingen nach Angaben von Dyn von Millionen von mit dem Internet verbundenen Geräten mit Schadsoftware aus, etwa vernetzte Haushaltstechnik wie Kameras, digitale Videorekorder oder sogar Thermostate.
Mitglieder des Kollektivs New World Hackers übernahmen via Twitter die Verantwortung. Sie hätten Netzwerke miteinander verbundener „Zombie“-Computer namens Botnets organisiert, die schwindelerregende Datenvolumen von 1,2 Terabytes pro Sekunde auf Dyn-betriebene Server geworfen hätten.
Bei der Aktion habe es sich um eine Machtprobe gehandelt, sagten zwei Gruppenmitglieder, die sich als „Prophet“ und „Zain“ identifizierten, der Nachrichtenagentur AP per Nachrichtenaustausch bei Twitter. Mehr als zehn Mitglieder von New World Hackers hätten sich an der Attacke beteiligt. Bei der dritten Angriffswelle hätten außerdem Hacker des formloseren Kollektivs Anonymous mitgemacht.
Die Aktionen bezeichneten „Prophet“ und „Zain“ als „gut“, womöglich weil dadurch Sicherheitsprobleme im Internet deutlich würden. Das Bekenntnis der Hackergruppe ließ sich zunächst nicht von unabhängiger Seite bestätigten.
Neben Twitter und Netflix verkauft Dyn auch Internetdienstleistungen an Visa. Jason Read, Gründer einer Firma, die Internetprozesse beobachtet und Störungen aufdeckt, sagte, sechs Prozent der 500 umsatzstärksten US-Unternehmen seien Kunden bei Dyn. „Wir beobachten Dyn seit Jahren und das ist bei weitem der schlimmste Ausfall, der uns untergekommen ist.“