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Bevölkerungsschutz in DeutschlandBunker haben nur für ein halbes Prozent der Bevölkerung Platz

Die Zahl der Schutzraumplätze in Deutschland ist noch niedriger als bisher gedacht. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte das Bundesinnenministerium eine Bestandsaufnahme angeordnet. Nun gibt es erste Zahlen.Thomas Kuhn 08.06.2023 - 09:00 Uhr

Zahlreiche Schutzbunker in der Bundesrepublik waren nach dem Ende des Kalten Krieges aufgegeben, abgerissen oder umgenutzt worden. Wie dieser im nordrhein-westfälischen Hagen, der nun als Mahnmal und Ausstellungsraum dient.

Foto: imago images

Bundesweit gibt es nur noch noch knapp 480.000 Plätze in rund 580 Bunkern und Schutzräumen. Das ist das Ergebnis der Bestandsaufnahme, die das Bundesinnenministerium (BMI) im Frühjahr 2022 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in Auftrag gegeben hatte. 

Vor wenigen Wochen haben Fachleute der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sowie des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe die Erhebung abgeschlossen und die Daten im Mai nach Berlin gemeldet. Die nun vorliegende Zahl der verfügbaren Plätze entspricht nur gut einem halben Prozent der Bevölkerung und ist noch etwas niedriger als die zuvor hochgerechneten Daten aus älteren Statistiken.

„Derzeit unterliegen noch rund 580 Anlagen einer Zivilschutzbindung“, so ein Sprecher des BMI auf Anfrage der WirtschaftsWoche. Die Bauten seien überwiegend in Privateigentum sowie im Besitz von Ländern und Kommunen. Der Bund habe sich an diesen Anlagen Nutzungsrechte für Zivilschutzzwecke gesichert. Nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine hatte die Bundesregierung den bereits 2007 beschlossenen Rückbau bestehender Schutzbauten vorerst auf Eis gelegt und die Erfassung der verbliebenen Schutzplätze beschlossen. 

In den Wäldern des Ahrtals: Seit 2008 ist der ehemalige Regierungsbunker in Ahrweiler als Museum und Dokumentationsstätte für Besucher zugänglich.

Foto: Presse

Der Hauptstollen des Bunkers: manche Sicherheitstüren, zum Brechen einer atomaren Druckwelle konzipiert, wiegen 25 Tonnen.

Foto: Presse

Selbst wenn draußen die Welt untergegangen wäre, drinnen hätte man noch Kümmerling oder Kabänes (Kölner Likör) für 2,50 Mark trinken können: Getränkekarte im Regierungsbunker Ahrweiler.

Foto: WirtschaftsWoche

Das musste reichen: Im Schlafzimmer des Bundeskanzlers im Regierungsbunker Ahrweiler musste man sich Behaglichkeit und Komfort dazu denken.

Foto: WirtschaftsWoche

Worte, die zum Glück nie verlesen werden mussten: Ein Großdruck der Ansprache des Bundespräsidenten zum Dritten Weltkrieg.

Foto: WirtschaftsWoche

Hollywood-Unterhaltung mit Eddie Murphy und John Cleese für lange Bunker-Tage: Filmvorführungen im Regierungsbunker Ahrweiler

Foto: WirtschaftsWoche

Österreich hieß Braunland, die Tschechei Rolls Royce und die Warschauer-Pakt-Staaten nannte man Orange: Die Nato zeigte sich bei ihren Codenamen einfallsreich (Schild aus dem Regierungsbunker in Ahrweiler)

Foto: WirtschaftsWoche

Der Regierungsbunker erstreckte sich über 17 Kilometer – für die mitunter langen Wege benutzten die Mitarbeiter Elektrofahrzeuge. Abgase wären hier unten schnell lebensgefährlich.

Foto: Presse

Technik der 70er Jahre: Blick in die Kommandozentrale des Bunkers

Foto: Presse

Von den einst 17 Kilometern der ehemaligen Schutzanlage – einem früheren Eisenbahntunnel – sind nur noch rund 200 Meter übrig geblieben. Der Rest wurde zwischen 2001 und 2006 zurückgebaut.

Foto: Presse

Andere Erdmöbel: Die Sitzecke des Bundespräsidenten im Regierungsbunker setzte im Grau-Grün der Anlage einen farblichen Akzent.

Foto: Presse

Mitte der 1990er Jahre hatte die Bundesrepublik den Bau von Schutzräumen gestoppt. In der Annahme, dass mit dem Ende der Ost-West-Konfrontation nach dem Fall des Eisernen Vorhangs keine solcher Bauten mehr erforderlich seien, gab der Bund die bestehenden Bunker und Schutzräume auf oder übergab diese an die Länder und Kommunen. Teils wurden die Betonkolosse auch an private Nutzer verkauft.

Ob sich dies angesichts der seit dem russischen Angriff massiv veränderten Bedrohungslage künftig wieder ändert, ist laut BMI noch offen. Das weitere Vorgehen im Bevölkerungsschutz werde der Bund nun mit den Bundesländern klären, heißt es in Berlin. Aussagen zu konkreten Plänen und Kosten seien erst anschließend möglich, so der Sprecher des BMI. 

Zur Hochzeit des Kalten Krieges gab es in der Bundesrepublik rund 2000 Schutzräume mit geschätzt 2,3 Millionen Plätzen, Zahlen für Schutzbauten in der DDR sind unbekannt. Nach der Wende wurden die dort zuvor bestehenden Schutzräume nicht in die westdeutschen Zivil- und Katastrophenschutzstrukturen übernommen.

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