Hyperloop-Projekt „Die Beschleunigung ist angenehmer als im Flugzeug“

Seit Jahren arbeitet die TU München an ihrem Hyperloop-Projekt. Renderings zeigen, wie die Züge aussehen könnten. Quelle: PR

Das Hyperloop-Projekt der TU München bekommt eine Teststrecke. Im Interview erzählt Teamleiter Florian Janke, wie sich die Reise in Schallgeschwindigkeit anfühlt, wann sie Alltag wird – und wie Elon Musk ihn motiviert.

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Florian Janke engagiert sich seit vier Jahren beim Hyperloop-Projekt der Technischen Universität München. Neben seiner Tätigkeit als Teamleiter macht der 27-Jährige gerade seinen Master in Maschinenbau.

WirtschaftsWoche: Erst kürzlich haben Sie bekanntgegeben, dass Sie eine neue Hyperloop-Teststrecke in München bauen. Wann können Besucher denn darin das Reisen der Zukunft ausprobieren?
Florian Janke: Um da gleich mal die Erwartungen zu dimmen: Das wird keine kommerzielle Strecke, auf der Menschen mitfahren können, sondern eine Teststrecke. Die ist aber nach dem Vorbild eines später echten Hyperloops gebaut. Zum Beispiel wird die Größe ziemlich nah am Original sein. Auf der Strecke wollen wir herausfinden, ob unsere Konzepte genau so funktionieren, wie wir uns das jetzt denken. Die Teststrecke planen wir Ende des nächsten Jahres oder Anfang 2022 fertigzustellen.

Wie denken Sie sich das denn: Wie soll der Münchner Hyperloop funktionieren?
Das Grundprinzip der meisten Hyperloop-Prototypen ist relativ ähnlich. Das Augenmerk liegt auf der Schnelligkeit, die knapp unter der Schallgeschwindigkeit liegt. Die einzige Art, wie man das physikalisch sinnvoll erreichen kann, ist, den Luftwiderstand zu minimieren. Dafür braucht man eine Vakuumkammer, also einen luftleeren Tunnel, durch den das Fahrzeug fährt. Außerdem schweben die meisten Hyperloops auf der Basis von Elektromagnetismus, damit man  Komponenten seltener aufgrund von Verschleiß wechseln muss. 

Und was ist das Besondere an Ihrem Hyperloop?
Wie genau das bei uns funktioniert, das kann ich natürlich noch nicht verraten. Es arbeiten zurzeit sehr viele Teams daran und es ist noch nicht ganz klar, was letzten Endes die beste Technik ist. Das wird die Zukunft zeigen. Wir sind uns aber ziemlich sicher, dass unsere Technik vorne mit dabei ist.

Florian Janke engagiert sich seit vier Jahren beim Hyperloop-Projekt der TUM. Quelle: Privat

Wie schnell ist der Hyperloop und wie wird sich das Reisen anfühlen?
Da arbeiten wir bisher mit Simulationen: Die haben ergeben, dass es Sinn ergibt, bis knapp an die Grenze der Schallgeschwindigkeit zu gehen, das heißt ungefähr 1200 km/h. Bei studentischen Wettbewerben haben wir mit unserem Prototyp schon nahezu 500 km/h auf einen Kilometer erreicht. Später wird man das Fahrzeug dann natürlich so beschleunigen und bremsen lassen, dass es für einen Menschen noch angenehm ist. Es soll nicht wie eine Achterbahnfahrt sein, man kann sich das eher vorstellen, wie beim Flugzeugstart nur ohne das unangenehme Gefühl der Vibration – die hat man beim Schweben im Vakuum nicht. Dann ist die Beschleunigung angenehmer als im Flugzeug.

Sie haben Elon Musks Hyperloop-Wettbewerb in Los Angeles schon viermal gewonnen. Hat er auch mal vorbeigeschaut?
Der Wettbewerb dauert eine Woche inklusive Vorbereitungszeit auf dem Gelände von SpaceX, wo man mit den Ingenieuren zusammenarbeitet, um sicherzustellen, dass alles funktioniert. Da sind immer noch 30 Teams. Am Ende kommen immer nur drei davon ins Finale. Elon Musk war bisher jedes Mal da, aber eben dann nur zum finalen Wettbewerbstag. Irgendwann wird dann angekündigt, dass Elon Musk vorbeikommt, witzigerweise kam er immer erst relativ am Ende und wir waren immer das letzte Team. Während die Röhre abgepumpt wurde, stand er dann auch mit uns am Zelt und hat sich mit uns unterhalten.

Und wie war er?
Es ist schwierig, einen Menschen nach ein paar gewechselten Worte zu beurteilen. Auf der einen Seite ist er sehr beschäftigt: Er kommt, guckt sich das kurz an, hält eine Rede und dann ist er auch schon wieder weg zum nächsten Termin. Aber auf der anderen Seite hat er eine wirklich sehr hohe Auffassungsgabe. Er fragt dann ein paar Details über den Prototypen ab, wie wir dies und das gemacht haben. Da merkt man sehr schnell, dass er weiß, was er da fragt und wie Dinge funktionieren. Das ist wirklich was Besonderes, denke ich.

von Karin Finkenzeller, Matthias Hohensee, Theresa Rauffmann

Was hat er Ihnen für Ihr Projekt mit auf den Weg gegeben?
Ich glaube der größte Tipp, den er dort allen in seiner Ansprache gegeben hat, war einfach, dass er begeistert davon ist, dass sich junge Leute die Zeit nehmen, an solchen Wettbewerben teilzunehmen. Die Studenten machen das unbezahlt in ihrer Freizeit. Bei uns beschäftigen sich Leute schon drei bis vier Jahre mit dem Projekt und arbeiten in den harten Zeiten bis zu 100 Stunden pro Woche – ohne Bezahlung. Genau das hat er erkannt, gefördert und gelobt. Das war eine richtige Anerkennung an die Leute, die da freiwillig arbeiten. Und das war schon sehr motivierend.

Kritiker verweisen auf die hohen Kosten und die schwere Umsetzung, ein weltumspannendes Tunnelsystem zu bauen. Warum denken Sie, dass sich der Hyperloop trotzdem durchsetzt?
Zwei Dinge vorab, der Hyperloop muss nicht weltumspannend sein und soll kein Verkehrsmittel komplett ersetzen, sondern sich integrieren, um zukünftiges Reisen zu verbessern. Außerdem muss ein Hyperloop nicht zwangsläufig unterirdisch gebaut werden, sondern kann mit Röhren auch an der Oberfläche installiert werden. Natürlich sind große Investitionen in die Infrastruktur nötig, aber ich denke einfach, langfristig wird es keine Alternative geben. Ich selbst komme ursprünglich aus der Nähe von Leipzig und studiere in München. Die Strecke bin ich schon oft gefahren und stand schon oft im Stau, mit der Bahn dauert es sehr lange und Fliegen ist schlecht für die Umwelt. Wenn man sich also ein bisschen mit dem Verkehr beschäftigt, merkt man schnell, dass die bisherigen Möglichkeiten bald an ihre Grenzen kommen. Langfristig muss es für Europa eine Alternative geben, das Transportwesen muss sich revolutionieren.

„Es wird 15 bis 20 Jahre dauern, bis man den Hyperloop kommerziell nutzen kann“

Was fasziniert Sie am Hyperloop?
Mich hat begeistert, dass man tatsächlich die Möglichkeit hat, mit seinem Einsatz die Zukunft zu ändern. Und eher kurzfristig gedacht: Als Maschinenbauingenieur gibt es eigentlich nichts Cooleres, als ein Projekt von Anfang bis Ende zu durchdenken und seine Gedanken frei spielen zu lassen. Vor allem, wenn dann nach ein paar Monaten wirklich ein Prototyp dasteht, der dann nach Los Angeles verschifft wird, und man gegen andere Team aus der ganzen Welt antritt. Für mich ist das einfach eine einmalige Möglichkeit, schon im Studium an einem kompletten Projekt teilzunehmen, so viel Erfahrung zu sammeln ist selbst im Berufsleben nicht so einfach.  

Und wie wird sich das Hyperloop-Netz am Ende um die Welt spannen? Werden nur die großen Städte miteinander verbunden oder auch kleinere Orte?
Auch dafür haben wir schon einige Analysen und Simulationen durchgeführt. Generell ist der Hyperloop eher für Mittelstrecken geeignet, also bis circa 1200 Kilometer. Längere Strecken sind eher ungeeignet, es wird also wahrscheinlich keine Deutschland-USA Verbindung über den Atlantik geben, sondern eher Metropolverbindungen wie München und Berlin. Bei den Strecken kommt es natürlich auch darauf an, wo zum Beispiel Flüsse sind oder Naturschutzgebiete oder wie das Höhenprofil ist. Dafür benutzen wir eine selbst entwickelte Software, die uns bei all diesen Randbedingungen dann die beste Route liefert. Kleinere Städte können über schon existierende Transportmöglichkeiten wie Bus und Bahn dann an solche Mobility Hubs angebunden werden, denn bei kurzen Strecken sind so hohe Geschwindigkeiten, wie der Hyperloop sie bietet, nicht nötig.

Was ist das Schwierigste daran, einen Hyperloop zu bauen?
Es gibt noch einige Schwierigkeiten, die größten sind ein möglichst effizientes und wirtschaftliches Gesamtkonzept zu finden sowie viele technische Herausforderungen. Bestimmte magnetische Simulationen bei großen Geschwindigkeiten sind wirklich nichts Einfaches. Außerdem es ist auch schwierig, das Verhalten des Fahrzeugs in der Beschleunigungsphase und bei Reisegeschwindigkeit in der Röhre vorherzusagen. Denn man kann kein komplettes Vakuum erzeugen, es bleibt immer noch ein Restdruck und damit ein Widerstand, der das System negativ beeinflussen kann. Langfristig gesehen ist auch die schiere Größe des Systems und der Strecke eine Schwierigkeit in der Umsetzung – manche sagen, das ist sehr unrealistisch. Als kleines Team ist es nicht gerade einfach, aus dem Nichts heraus ein Massentransportmittel zu entwickeln, jedoch wächst unsere Gruppe von Jahr zu Jahr und  wir sind überzeugt davon, dass wir durchdacht und Schritt für Schritt dieses ambitionierte Ziel erreichen.

Bleibt der Hyperloop ein Forschungsprojekt oder werden Sie dafür ein eigenes Start-up ausgründen?
Diese Frage bekommen wir sehr häufig, die Hyperloop-Technologie ist noch am Anfang und weit weg von einer Kommerzialisierung. Es ist noch viel Forschung notwendig und deshalb ist das Projekt am besten an der Universität aufgehoben. Dort können wir im Projekt auf die richtige Infrastruktur und die Expertise von Lehrstühlen und Instituten zurückgreifen, um möglichst effizient und schnell voranzukommen. Natürlich soll das Projekt nach dieser fundierten Forschungsphase kommerziell in einer unternehmerischen Umgebung fortgeführt und das System vermarktet werden. Sicherlich ist das schon bei einigen im Hinterkopf, aber der Weg bis dahin dauert noch etwas.



Jetzt mal ehrlich: Wann können Leute mit dem Hyperloop um die Welt fahren?
Ich denke mal, es wird knapp 15 bis 20 Jahre dauern, bis man den Hyperloop wirklich kommerziell nutzen kann - das ist eine realistische Zeit. Prototypen und Teststrecken oder vereinzelte Strecken, wo man mal so 10 Kilometer fahren kann, wird’s schon vorher geben. Dass sich da aber wirklich ein Netzwerk entwickelt und das ganze System einen spürbaren Einfluss auf das Transportwesen hat, das sehe ich erst in den nächsten 15 Jahren.

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