Münchner Sicherheitskonferenz Wie Russland und China neue Standards in der Rüstung setzen

B52-Bomber Quelle: dpa

Die USA folgen beim Design neuartiger Hyperschallwaffen nun Russland und China – und legen damit die Schwächen der Nato offen.

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Die Nato steckt in der Krise. Zum 70. Geburtstag des Verteidigungsbündnisses im vergangenen Dezember diagnostizierte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron den „Hirntod“. Wie dramatisch die Schwäche der Nato inzwischen ist, zeigt sich zurzeit bei neuartigen Rüstungstechnologien. Russland und China entwickeln sich auf diesem Gebiet zunehmend zum Taktgeber, vor allem bei sogenannten Hyperschalllenkkörpern. Die Nato-Länder hingegen haben jahrelang gezögert, die Entwicklung solcher neuer Waffensysteme gemeinsam voranzutreiben, müssen sich nun gar an den Ostmächten orientieren.

Anders als gewöhnliche ballistische Raketen haben die neuen Hyperschallwaffen keine berechenbare Flugbahn. Sie lassen sich in unerwartete Richtungen steuern und sind unterhalb bestehender Raketenabwehrschirme unterwegs. Sie erreichen die bis zu zehnfache Geschwindigkeit einer Gewehrkugel: 33.000 Kilometer pro Stunde. Und sie lassen sich mit konventionellen sowie atomaren Sprengköpfen bestücken.

Vor wenigen Tagen nun hat das Pentagon eines seiner zwei Air-Force-Projekte zur Entwicklung solcher neuartigen Lenkflugkörper gestoppt: Bei den Hypersonic Conventional Strike Weapon handelt es sich um einen konischen Flugkörper, der mit mehr als fünffacher Schallgeschwindigkeit unterwegs sein sollte. Daraus wird nun nichts. Stattdessen konzentriert sich die Air Force auf die Entwicklung eines keilförmigen Flugkörpers, eines Designs, das Russland mit der Avantgarde bereits in Dienst gestellt hat und das China im Oktober mit seiner DF-17 auf einer Militärparade präsentierte.

Dabei handelt es sich um antriebslose Gleiter, die mit einer Rakete in etwa 100 Kilometer Höhe befördert werden, mithilfe der Erdanziehung beschleunigen und dann in etwa 30 Kilometern Höhe auf dichteren Luftschichten hüpfend zum Ziel steuern.

Das keilförmige Design gilt unter Raketenbauern zwar als anspruchsvoller, dafür aber auch als deutlich leistungsfähiger als das konische. Einsatzfähig soll der US-Gleiter namens Air-Launched Rapid Response Weapon, der von Lockheed-Martin entwickelt wird, frühestens im Jahr 2022 sein. Starten soll die Rakete, die ihn in eine ausreichende Höhe befördert, unter anderem von B52-Bombern.

Die neue Hyperschall-Technologie macht immer mehr Beobachter nervös: Auf der Münchner Sicherheitskonferenz an diesem Wochenende wird es deshalb eine mit Experten aus Politik und Militär besetzte Diskussionsrunde zur Bedrohung durch die neuen Waffen geben.

Russland hatte zwischen Weihnachten und Neujahr verkündet, dass der Gleiter Avantgarde nun einsatzbereit ist. Darüber, ob das auch auf das chinesische Pendant zutrifft, gibt es zurzeit keine gesicherten Angaben, heißt es aus gut informierten Kreisen der deutschen Rüstungsbranche. Doch auch in China dürfte es nur eine Frage von wenigen Wochen oder Monaten sein, bis die DF-17 einsatzfähig sind.

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