Sternstunde

Unser Weltall wird zur Müllhalde

Meike Lorenzen
Meike Lorenzen Ehem. Redakteurin Technologie WirtschaftsWoche Online

In den unmittelbaren Erdumlaufbahnen fliegt so viel Müll, dass nun mit großem und vor allem teurem Aufwand aufgeräumt werden muss. Welche Auswirkungen der Weltraumschrott auf unser Leben hat.

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Die Computersimulation der Europäischen Weltraumorganisation ESA nach Daten vom Februar 2009 zeigt auffindbare Objekte in der Erdumlaufbahn. Die Anzahl der Objekte im Orbit steigt jährlich im Schnitt um 200 an. Quelle: dpa

Wir Menschen haben es mal wieder geschafft. Neben gigantischen Müllbergen vor großen Metropolen und tonnenweise Plastik im Meer haben wir nicht nur unseren Planeten vermüllt, sondern auch die näheren Umlaufbahnen um die Erde herum. Seit dem Start der russischen Raumfähre Sputnik am 4. Oktober 1957 haben Weltraumforscher tausende Satelliten und Raumsonden sowie Unmengen von Abfall im All hinterlassen. Jedes Mal, wenn eine Rakete in den Weltraum geschossen wird, gelangen auch abgebrannte Raketenstufen, Bolzen und andere Kleinteile in die Umlaufbahn. Auch wenn ein Satellit ausgedient hat, fliegt er weiter durch den Orbit. Die erdnahe Umgebung ist inzwischen voller High-Tech-Schrott.

Schrottplatz Weltraum
Die Computersimulation der Europäischen Weltraumorganisation ESA zeigt auffindbare Objekte in der Erdumlaufbahn. Rund 6000 Tonnen Weltraummüll kreisen schon heute auf erdnahen Bahnen um unseren Planeten - und jedes Jahr kommen einige Dutzend Tonnen dazu. Quelle: dpa
Spektakuläre Trümmerteile wie dieser Tank einer amerikanischen Delta 2-Rakete, der 1987 in Texas niederging ... Quelle: NASA
... oder dieses Bruchstück eines Raketenstufe, das 2001 in Saudi Arabien einschlug, verdeutlichen einen Aspekt des Problems: Pro Jahr stürzen mehrere zehn Tonnen Weltraumschrott zur Erde zurück. Zwar verglüht das meiste davon in der Atmosphäre, besonders große Trümmerstücke können jedoch bis zur Erdoberfläche durchkommen. Quelle: NASA
Die US-Amerikanerin Lottie Williams ist der bislang einzige Mensch, der von einem Stück Weltraumschrott getroffen wurde. Bei dem Zwischenfall im Jahr 1997 hatte sie großes Glück: Das Bruchstück einer Delta 2-Rakete der US Air Force traf ihre Schulter, verletzte sie aber nicht. Quelle: NASA
Ungleich größer sind die Gefahren, die von Weltraumschrott für Objekte im erdnahen Orbit ausgehen. Dieses bei Reparaturarbeiten ausgetauschte Teil des Hubble-Weltraumteleskops weist zahlreiche Einschlagspuren auf. Quelle: NASA
Auch die Antennenschüssel des Weltraumteleskops wurde durch Weltraumschrott in Mitleidenschaft gezogen. Quelle: NASA
Solche Trümmerteile aus Aluminiumoxid entstehen beim Einsatz von Feststoffraketen, wie sie etwa beim Start eines Spaceshuttles zum Einsatz kamen. Im All entwickeln sie sich zu Geschossen mit enormer Durchschlagskraft. Quelle: NASA

Wie bei der Umweltbelastung auf der Erde haben die Menschen auch das Problem im All erst wirklich ernst genommen, als es eigentlich schon zu spät war. Inzwischen ist es dort oben so voll, dass Funk- und Fernsehsatelliten sowie die Raumfahrt insgesamt in Gefahr geraten. „Wir können uns nicht mehr zurücklehnen. Wir müssen nun aktiv eingreifen und aufräumen“, sagt Professor Heiner Klinkrad von der European Space Agency (ESA) in Darmstadt. Um das Problem der sogenannten Space Debris in den Griff zu bekommen, ist internationaler Austausch gefragt. Daher treffen sich vom 17. bis 19. April die zwölf führenden, raumfahrttreibenden Nationen zu internen Abstimmungsgesprächen, mit einer anschließenden viertägigen internationalen Fachtagung in Darmstadt.

Verwüstung durch Meteoriten auf der Erde

Das Problem, über das die Wissenschaftler diskutieren, wird in der Forschung als Kessler-Effekt bezeichnet – und dieser steht für eine gefährliche Kettenreaktion. Der Weltraumschrott rast mit unfassbaren Geschwindigkeiten durch das All. Stoßen die Teile zusammen, ist der Aufprall so gigantisch, dass die beiden Elemente wieder zersplittern und somit zu neuen Gefahrenquellen werden. Erstmals entdeckte der amerikanische NASA-Wissenschaftler Donald J. Kessler 1978 diese Dynamik im Asteroidengürtel mit kleinen Himmelskörpern, die immer wieder aufeinanderprallten. Er übertrug das Phänomen auf Weltraumschrott. In einem Aufsatz formulierte er seine Bedenken, dass der Effekt bereits in 30 Jahren eintreten könne. Und tatsächlich schauen die Forscher heute immer besorgter gen Himmel.

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