Neuromarketing Kauf mich!

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Der Geschmack muss stimmen Quelle: Olaf Hajek

Raten Sie einmal, was einer der beliebtesten und am leichtesten zu erkennenden Düfte auf der ganzen Welt ist! Schokolade? Flieder? Geld? Es ist Johnsons Babypuder [in Deutschland die Marke Penaten], ein Duft, der von Nigeria über Saudi-Arabien bis Pakistan beliebt ist. Wieso dieser Babypuder? Es liegt an der Macht der sensorischen Assoziation. Unabhängig von Ihrem Alter ist es sehr wahrscheinlich, dass Ihnen ein Hauch von Johnson-&-Johnson-Babypuder frühkindliche Assoziationen in Erinnerung ruft. Ihre Mutter, die Sie füttert. Wie es sich anfühlte, in ihren Armen gehalten zu werden. Dieser Vanilleduft ist ungeheuer ansprechend; ein Experiment in einem Bekleidungsgeschäft an der nördlichen Pazifikküste der USA zeigte, dass sich der Verkauf von Damenbekleidung verdoppelte, wenn „weibliche Düfte“ wie Vanille in der Damenabteilung versprüht wurden.

Sind Sie schon einmal in der Absicht in einen Schnellimbiss gegangen, sich den gesunden, kalorienarmen Salatteller mitzunehmen und haben dann doch den Bacon-Cheeseburger und eine große Tüte Pommes gewählt? Der Geruch hat Sie überwältigt, nicht wahr? Frisch, saftig, über Holzkohle gegrillt – dieses verführerische Aroma schien sämtliche Poren Ihres Körpers zu durchdringen. Sie konnten ihm einfach nicht widerstehen. Aber dieser Duft, den Sie einatmen, stammt nicht von einem heißen Grill, er kommt aus einer Dose, auf der RTX9338PJS oder etwas Ähnliches steht – der Code für den „Frisch-gebratener-Speck-mit-Cheeseburger-Duft“, den der Schnellimbiss im Lokal versprühte. Mmm – ich bekomme Hunger, wenn ich nur daran denke.

Ganz offensichtlich sind Gerüche eng mit unserem Erlebnis einer Marke oder eines Produkts verbunden. Gilt das Gleiche auch für das Berühren? In seinem Bestseller „Warum kaufen wir?“ erläutert Einzelhandelsexperte Paco Underhill, dass die Berührung von Kleidungsstücken von entscheidender Bedeutung ist, wenn wir sie kaufen sollen. Ehe wir uns entscheiden, wollen wir das Produkt anfassen, streicheln, unsere Hand am Stoff reiben – eine Art sensorischen Test durchführen. Warum glauben Sie wohl, stehen die Tische voller Kleidungsstücke bei Peek & Cloppenburg und H&M da, wo sie stehen? Damit wir sie besser betrachten können? Natürlich nicht. Die warten nur darauf, von uns angefasst zu werden.

Oder nehmen wir die Elektronik als Beispiel. Wir lieben kleine, leichte, kompakte Geräte – so wie James Bond sie hat. Völlig irrational bilden wir uns ein, dass die Technik in unserer Digitalkamera oder unserem Aufnahmegerät umso raffinierter und moderner sein muss, je kleiner und leichter das Gerät ist. Häufig stimmt das sogar. Andere Unternehmen argumentieren dagegen, dass ein Produkt umso besser sei, je schwerer es sei. Eine Fernbedienung von Bang & Olufsen würde vielleicht nur halb so viel wiegen, wenn nicht eine überflüssige Aluminiumplatte eingebaut wäre, damit Kunden den Eindruck bekommen, sie hielten etwas Robustes, Solides in der Hand, jeden Cent des hohen Preises wert. Hierzu führte ich einen Test durch: Ich drückte 100 Verbrauchern zwei verschiedene Fernbedienungen von Bang & Olufsen in die Hand, eine mit und eine ohne Aluminiumplatte. Die Reaktion der Konsumenten auf die Leichtversion? „Die ist kaputt.“ Bloß weil sie leichter war. Selbst als sie entdeckten, dass die leichte Fernbedienung einwandfrei funktionierte, hatten sie noch den Eindruck, sie sei von schlechterer Qualität.

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