Ein Vollbad nehmen – und damit ein bekanntes schwedisches Möbelhaus mit Energie versorgen. Im Berliner Stadtteil Lichtenberg wird diese neue Form von Synergie praktiziert.
Wenn die Nachbarn den Stöpsel in der Wanne ziehen oder heißes Nudelwasser in den Ausguss kippen, freuen sich die Manager der nahe gelegenen Ikea-Filiale. Sie haben in einem Abwasserkanal Wärmetauscher installieren lassen. Die Heizenergie, die sie der brackigen Brühe entziehen, deckt im Winter rund 70 Prozent des Wärmebedarfs des Möbelladens.
Ungenutztes Energiereservoir
Unternehmen und Forscher entdecken überschüssige Wärme als ein gigantisches, ungenutztes Energiereservoir. Das passiert dieser Tage landauf, landab. Denn Energie, die schon vorhanden ist, muss nicht erst kostspielig aus Erdgas, Kohle oder Öl gewonnen werden. Ihr Recycling auf breiter Front würde wertvolle Ressourcen schonen und zum Klimaschutz beitragen.
Denn noch herrscht allenthalben Verschwendung. Experten des von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel geförderten Energie-Informationsdienstes Bine beziffern den Wert der ungenutzten Abwärme in Deutschland auf mehr als 25 Milliarden Euro – im Jahr. Kein Wunder also, dass Forscher aus Unternehmen und Wissenschaft mit Hochdruck daran arbeiten, die Energie nutzbar zu machen.
Für welche Smart-Home-Technologien sich deutsche Internetnutzer interessieren
Fittkau & Maaß Consulting hat Internetnutzer in Deutschland befragt, für welche der folgenden Smart-Home-Technologien sie sich interessieren.
Quelle: Statista
50,7 Prozent
44,1 Prozent
36,1 Prozent
18,7 Prozent
18,6 Prozent
15,4 Prozent
14,5 Prozent
13,3 Prozent
7,2 Prozent
22,3 Prozent
Das Problem: Längst nicht überall, wo Wärme entfleucht, lässt diese sich – wie im Fall der Berliner Ikea-Filiale – direkt als Wärme weiter nutzen. Nun wollen Forscher sie in kostbaren Strom umwandeln. Denn der lässt sich fast immer gebrauchen, wo Motoren und Maschinen am Werk sind.
Die Hoffnungen ruhen vor allem auf sogenannten Thermoelektrischen Generatoren, kurz TEG genannt. Sie nutzen ein physikalisches Phänomen, das es ermöglicht, aus Wärme direkt elektrische Energie zu erzeugen, ohne dafür aufwendige Turbinengeneratoren zwischenschalten zu müssen.
TEGs bestehen aus Halbleitern, auf deren Oberfläche elektrische Spannung entsteht, sobald Hitze darauf einwirkt. Dann wandern Elektronen von der warmen zur kalten Seite des Materials – es fließt Strom. Da die TEGs ohne bewegliche Teile auskommen, sind sie robust und langlebig.
Und sie sind, zumindest potenziell, extrem vielfältig einsetzbar. Denn Wärme ist an vielen Orten verfügbar, an jedem Motor, jeder Maschine und jeder Fabrikanlage. Über Abluft oder Abwasser entweicht sie in die Umwelt. Vor allem in der Industrie sind die Verluste riesig.
Ob Druckluftkompressor oder Kältemaschine, ob Gaskessel oder Schmelzofen: Je nach Prozess verschwinden bis zu 70 Prozent der eingesetzten Energie als Abwärme im Nirwana.
Damit sich das ändert, treibt das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) in Freiburg mit Industriepartnern wie Siemens und Bosch die Technologieentwicklung voran. Weltweit halten die Partner eine führende Position.
Sie konzentrieren sich vor allem auf Anwendungen in der Automobilindustrie. Die Idee: aus den heißen Abgasen der Diesel- und Benzinmotoren elektrische Energie gewinnen und diese in die Bordnetze von Pkws und Lkws einspeisen. Eine Idee mit riesigem Potenzial. Schließlich kurven auf allen Kontinenten zusammen mehr als eine Milliarde Fahrzeuge über die Straßen.