Energiewende Scheitert der Wärmepumpen-Ausbau an unklaren Regeln?

Ob die Installation einer Wärmepumpe klappt, hängt auch vom Lärmschutz und Abstandsregeln ab. Die überfordern viele Hausbesitzer, weil jedes Bundesland eine eigene Bauordnung vorschreibt und Gerichtsurteile widersprüchlich sind. Killt die Bürokratie die Wärmewende?

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Wann ist ein Gebäude ein Gebäude? Wenn es eine bestimmte Größe hat oder wenn man darin wohnen kann? Die Frage ist kein Beginn eines philosophischen Seminars, sondern entscheidend dafür, ob der Einbau einer Luftwärmepumpe dem Gesetz entspricht.

Denn in vielen Landesbauordnungen gelten die Außengeräte dieser Wärmepumpen als „gebäudeähnlich“ und müssen daher einen Mindestabstand zur Grundstücksgrenze wahren. In der Regel sind das drei Meter. Generell dienen die Abstände dem Brandschutz. So sollen überspringende Funken vermieden werden. Doch bei schmalen Reihenhäusern, die oft nicht breiter sind als sechs Meter, führen sie oft dazu, dass das Projekt Wärmepumpe ganz scheitert.

Um die Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen, hat Bundeskanzler Olaf Scholz eine neue Zielmarke ausgegeben: 500.000 Wärmepumpen sollen ab 2024 jedes Jahr verbaut werden. Das ist nötig, weil einem Gesetzesentwurf zufolge ab nächstem Januar keine reinen fossilen Heizungen mehr in Neubauten installiert werden dürfen. Auch Heizkessel, die über 30 Jahre alt werden, sollen nach und nach ausgetauscht werden – zum Beispiel mit einer Wärmepumpe.

Reihenhäuser: Effiziente Dämmung

Die Heizungssanierung kann jedoch schnell mehrere zehntausend Euro kosten, obwohl staatliche Förderprogramme bis zu 40 Prozent der Finanzierung übernehmen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betonte diese Woche daher, dass Haushalte, die sich einen Heizungsaustausch nicht leisten können, unterstützt werden sollen. Offene Finanzierungsfragen, Handwerkermangel, Sanierungsstau – bei Wärmepumpen kommen viele Probleme zusammen. Doch könnte der Ausbau letztlich an der Bürokratie scheitern?

Gerade bei Reihenhäusern wäre das verschenktes Potential. Denn diese eignen sich besonders gut für den Einsatz von Wärmepumpen: Die Außenwände zu den Nachbarhäusern sind meist gut gedämmt, weshalb die Wärmepumpe effizient und damit kostengünstig heizen kann. Da insgesamt nur knapp die Hälfte aller Wohngebäude Wärmepumpen-gemäß gedämmt ist, so schätzen Wissenschaftler des Forschungsinstituts für Wärmeschutz, reduzieren die Abstandsregeln das Ausbaupotential erheblich.

Einige Bundesländer haben bereits auf das Problem reagiert und die Mindestabstandsregel verändert, allerdings auf unterschiedlichste Weisen. In Rheinland-Pfalz urteilte das Verwaltungsgericht Mainz beispielsweise, dass kein Mindestabstand nötig sei. Die Begründung: Die Außenanlagen wirken aufgrund ihrer geringen Größe nicht wie Gebäude.

Unterschiedliche Urteile in Bayern

In Hamburg und Baden-Württemberg beträgt der Mindestabstand 2,5 Meter, in Nordrhein-Westfalen sind es seit einem Runderlass der Regierung im Dezember nur noch 0,5 Meter. Allerdings müssen Hausbesitzer einen Antrag bei der örtlichen Bauaufsichtsbehörde stellen, wenn sie den verringerten Abstand nutzen wollen. In Bremen und im Saarland gelten gar keine Abstandsregeln, solange die Außenanlage nicht eine bestimmte Größe übersteigt.

In Bayern steht ein rechtskräftiges Urteil noch aus, weil die Oberlandesgerichte Nürnberg und München zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen. Die Nürnberger Richter entschieden, dass es für eine „gebäudeähnliche“ Wirkung nicht auf Größe, sondern Geräusche ankommt und bestätigten die drei-Meter-Regel.

Ein Jahr später kam das Münchner Oberlandesgericht zu einer anderen Einschätzung: „Die Luftwärmepumpe entspricht weder physikalisch noch von ihren räumlichen Ausmaßen her einem Gebäude. Anders als ein Bauwerk kann sie nicht betreten oder bewohnt werden.“ Interessant ist: In diesem Fall ging es um eine Wärmepumpe, die in eine Holzhütte eingebaut wurde. Demnach wäre ein Gerät in einer Hütte weniger gebäudeähnlich als nur das Gerät an sich. Auf der sicheren Seite bewegt sich also nur, wer bei seinem zuständigen Bauordnungsamt nachfragt oder von vornherein die drei Meter Abstand einhält.

Wärmepumpen emittieren Schall

Haben Wärmepumpen-Interessierte die Abstandsfrage geklärt, ist aber noch nicht alles erledigt. Denn die Außenanlage mit Ventilator und Verdampfer macht Geräusche und fällt damit unter den Lärmschutz. Auch der kommt mit einigen Auflagen, je nach dem in welcher Art von Wohngebiet man lebt; ob Wände in der Nähe sind, die Schall reflektieren können oder die Anlage unter einem Vordach steht.



Zuletzt sollte man auch das Verhältnis zu seinen Nachbarn in die Planung miteinbeziehen, warnen Experten. Denn die Anlage erzeugt häufig „optischen Schall“, wie bei einem Windrad: Sobald das Außengerät im Garten aufgebaut ist, entstehen Konflikte. Ulrich Konen, Elektromeister mit 25 Jahren Wärmepumpen-Erfahrung, rät bei Platzmangel und Streitpotential daher zum Einbau einer Erdwärmepumpe. Die Bohrung führe zwar zunächst zu höheren Kosten, die potenzielle Konfliktquelle verschwinde aber unter der Erde.

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Im Laufe des Jahres wird die Bauministerkonferenz eine einheitliche Regel veröffentlichen, an der sich die Länder mit ihren Bauordnungen anpassen können, erklärt eine Sprecherin des Bundesbauministeriums auf Anfrage. Demnach könnten zumindest in Vorgärten die Abstandsregeln für Außenanlagen entfallen.

Lesen Sie auch: So trifft das Heizungsverbot Vermieter

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