Tracking der Energiewende #13 Es gibt sie doch: Hier sollen Bayerns Windräder entstehen

Energiewende in Deutschland: Der Rückstand wächst. Quelle: imago images

Für den Verzug bei der Energiewende kann die aktuelle Bundesregierung nichts. Dennoch hat Klimaminister Habeck ein Problem: Auch die Zahl der geplanten Anlagen nimmt kaum zu, vor allem in einigen Regionen des Landes.

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Die Gemeinde Fuchstal liegt durchaus idyllisch ein paar Kilometer westlich des Ammersees, gleich ums Eck fließt der Lech, dessen leuchtend blaue Farbe und rasante Fließgeschwindigkeit die nahen Alpen erahnen lassen. Hier also soll bald der Aufbruch seinen Anfang nehmen, auf den Klimaminister Robert Habeck (Grüne) seit Amtsantritt drängt. Im Ortsteil Leeder, so ist es der Datensammlung der Bundesnetzagentur zu entnehmen, sollen bis zum Herbst des kommenden Jahres drei Windräder gebaut werden. Nabenhöhe der Geräte des Herstellers Enercon: Knapp 167 Meter, Leistung pro Stück: 5,56 Megawatt. Anlagen des neuesten verfügbaren Typs werden das sein, beeindruckend in ihrer Effizienz und schieren Größe. Und nicht nur das: Sie sind auch weithin allein in ihrem Bundesland. Nur ein einziges weiteres Windrad wurde seit Jahresbeginn in ganz Bayern genehmigt, das nahe Treuchtlingen in Mittelfranken entstehen soll.

Damit steht Deutschlands größtes Bundesland stellvertretend für das doppelte Problem beim Ausbau der Windkraft: Die aktuelle Bautätigkeit ist mau – und die Planungswerte lassen kaum Besserung erwarten. Für Klimaminister Robert Habeck ist das eine durchaus bedrohliche Entwicklung. Eine der Ursachen für die geringe Bautätigkeit bei der Windkraft liegt darin, dass zwischen Planung und Anschluss gerne 12 oder 18 Monaten vergehen – und dies geht allein auf das Konto der Vorgängerregierung.

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Bei der Planung sieht es anders aus: Zwar wird es noch dauern, bis die kurz vor Ostern vorgestellten gesetzlichen Neuregelungen ihre Wirkung entfalten können. Ein erster Habeck-Effekt aber müsste sich dennoch so langsam bemerkbar machen: Seit seinem ersten Tag im Amt mahnt der Minister, wie dringend es sei, den Ausbau jetzt zu beschleunigen. Es wäre zu erwarten gewesen, dass allein das zumindest in den von der Ampel mitregierten Bundesländern zu einer neuen Planungsdynamik führt: Bei strittigen Projekten kann der politische Wille genügen, um das Pendel in Richtung Genehmigung ausschlagen zu lassen. Und allein die Hoffnung auf ein günstigeres politisches Klima sollte genügen, um die Betreiber und Baugesellschaften zu zusätzlichen Anträgen zu animieren.



In den Genehmigungszahlen aber ist davon wenig zu sehen. Seit Jahresbeginn pendelt die Summe der pro Woche genehmigten Windkraftkapazitäten zumeist irgendwo zwischen 50 und 100 Megawatt. Alle paar Wochen gibt es mal Ausschläge nach oben, den größten Ende März, als die Marke innerhalb einer Woche plötzlich auf 382 Megawatt sprang.

Wer hier nun aber den Habeck-Turbo vermutet, der wurde schon in der folgenden Woche enttäuscht, als die Werte wieder rasant absanken. Nicht die Dynamik des Ministers, das auf die Mitte der besagten Woche fallende Quartalsende dürfte die Ursache für die Dynamik gewesen sein. Und so muss sich die Hoffnung des Klimaministeriums darauf stützen, dass die Summe der genehmigten Anlagen auf den Monat und ohne Sondereffekte gerechnet zumindest im niedrigen zweistelligen Prozentbereich ansteigt. Oder aber sie richtet sich gleich auf die Solarenergie.



Die aktuellen Zubauzahlen nämlich zeigen, dass bei der Solarenergie genau das passiert, was bei der Windkraft notwendig wäre. Mit einigen wenigen Ausreißern nach unten steigt die Leistung der neu installierten Solaranlagen seit Monaten stabil an.

Zuletzt kamen in zwei aufeinanderfolgenden Wochen jeweils rund 200 Megawatt zusammen, das ist sogar deutlich mehr, als für das Erreichen der Jahresziele durchschnittlich notwendig wäre.





Sogar die eher schwachen Werte aus den ersten Wochen des Jahres werden dadurch zunehmend kompensiert. Hier dürfte die Kunst auf mittlere Sicht wohl darin bestehen, das Tempo beizubehalten. Denn in den aktuellen positiven Werten dürfte neben einem ordentlichen saisonalen Bonus auch eine Sonderkonjunktur aufgrund des Ukrainekriegs und der zunehmend skeptisch beäugten Versorgungslage bei fossilen Energien stecken. Dieser Effekt aber könnte auch wieder verpuffen.

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Bei der Verteilung des Zubaus auf die Bundesländer zeigt sich die bekannte Verteilung. Die neuen Windräder entstehen jeweils in Ländern, in denen seit Jahresbeginn bereits einige Anlagen entstanden sind (Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein), während die im Jahr 2022 noch windkraftfreien Bundesländer (Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt) es auch weiterhin bleiben.



Im Verhältnis zur Landesfläche wird die Solarkraft vor allem in Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Bayern derzeit stark ausgebaut, die Windkraft entwickelt sich am stärksten in Schleswig-Holstein, Brandenburg und Rheinland-Pfalz. Aus den Planzahlen der Länder geht hervor, dass in den kommenden Monaten vor allem in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein größere Kontingente von Windkraftanlagen ans Netz gehen dürften.

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