Tretroller mit Elektromotor So sieht die nächste Mobilitätsrevolution aus

Tretroller mit Elektromotor - die nächste Mobilitätsrevolution Quelle: Getty Images

Der Tretroller wird erwachsen - mit elektrischem Antrieb. In den USA sind die ersten Städte voll von den Rollern. Auch in Paris gibt es sie. Nur in Deutschland muss man auf den Stadtflitzer warten. Wie lange noch?

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Ich hab's getan, neulich in Paris. Am Straßenrand stand ein schwarzer Roller des US-Unternehmens Bird. Das Fahrzeug sieht aus wie ein herkömmlicher Tretroller. Und er funktioniert auch fast genauso. Mindestens ein- oder zweimal muss man ihn antreten. Doch dann läuft er von alleine, wenn man mit dem Daumen den kleinen Gashebel nach unten drückt. Ein eingebauter Elektromotor treibt ihn auf bis zu 25 Kilometer pro Stunde an. Die Geschwindigkeit lässt sich mit dem Daumen regulieren. Eine halbe Stunde Ausleihe kostet in der französischen Hauptstadt ein Euro. Abstellen kann man den Roller, wo gerade Platz ist. Cooles Teil. Großer Spaß. Super Nutzen.

In Paris und einigen US-Städten sind diese Fahrzeuge längst Alltag. Das Unternehmen Bird wurde von dem ehemaligen Uber-Manager Travis VanderZanden gegründet und startete vor rund einem Jahr mit dem E-Tretroller im kalifornischen Santa Monica. Und es gibt immer mehr Nachahmer: Sie heißen Lime, Scoot und Skip. Selbst die Fahrdienste Uber und Lyft mischen mit. Doch die Fahrzeuge spalten inzwischen die Gesellschaft. 

Denn die Roller sind vergleichsweise schnell und erhöhen die Zahl der Verkehrsteilnehmer, die um den knappen Platz auf der Straße und den Radwegen kämpfen. Mitunter sind die E-Roller auch nicht ganz ungefährlich. Eine Helmpflicht wird empfohlen, besteht aber nicht. Vor allem junge Städter sind begeistert, andere bleiben skeptisch. Die allgemeine öffentliche Verunsicherung zeigt sich etwa daran, dass Fernsehsender in den USA, wenn sie über den neuen Mobilitätstrend berichten, den Zuschauern gleich auch ein paar Ratschläge mit auf den Weg geben, wie man die Roller verkehrssicher nutzt.

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Die Behörden sind daher vorsichtig optimistisch. San Francisco etwa hatte vor wenigen Monaten fünf Lizenzen für ein Pilotprojekt ausgeschrieben. Zwölf Unternehmen haben sich um die begehrten Konzessionen beworben. Gerade hat die Stadtverwaltung zwei Anbietern den Zuschlag erteilt: Skip und Scoot dürfen sechs Monate lang je 625 elektrische Tretroller - auf englisch: Scooter - betreiben. Danach dürfen sie die Zahl der Scooter ein halbes Jahr lang verdoppeln. Am Ende wird Bilanz gezogen. Die kalifornische Nachbarstadt Santa Monica geht einen ähnlichen Weg. Sie hat vier Anbietern den Zuschlag erteilt: Bird, Lime, Lyft und die Uber-Tochter Jump. 

Inzwischen sind Unternehmen wie Lime und Bird jeweils mit rund einer Milliarde Euro bewertet. In Deutschland, wen überrascht's, muss man auf diese Innovation mal wieder warten. Die Verkehrsregeln verhindern sie, weil keiner weiß, was erlaubt ist und was nicht. Nicht einmal simple Pooling-Services, also Sammeltaxis, die unterwegs mehrere Fahrgäste aufgabeln und die sich den Fahrpreis teilen, sind heute grundsätzlich erlaubt. In Städten wie Hamburg, Berlin und Hannover gibt es erste Tests, mehr nicht. 

Doch immerhin hat die Bundesregierung offenbar erkannt, dass es Regelungslücken gibt, die sie schließen will. Zunächst die schlechte Nachricht: Zeitlich bleibt sie im Ungefähren. Auf Anfrage des FDP-Verkehrspolitikers Christian Jung, wann der Bund eine Neuregelung anstrebe, antwortete das Bundesverkehrsministerium, dass es für Elektrokleinstfahrzeuge - in diese Kategorie fallen Tretroller mit Elektromotor - „zukünftig“ eine Regelung geben werde. Auf Nachfrage der WirtschaftsWoche, was mit „zukünftig“ gemeint sei, antworteten die Beamten, dass die Neuregelung „in Kürze“ in die Anhörung der Länder und Verbände gehen werde. Konkreter geht es offenbar nicht. 

Immerhin zeigt sich, wie die Bundesregierung die Elektrotretroller bändigen will. Hier die Übersicht: 

Wo müssen sie fahren?

E-Tretroller müssen den Radweg benutzen, sofern einer vorhanden ist. Fehlt ein Radweg, dann können sie auf der Straße fahren. Im Prinzip ähnelt das den Vorgaben für Radfahrer, allerdings nicht ganz. Denn Radfahrer dürfen auch dann auf der Straße fahren, wenn es einen Radweg gibt, der nicht benutzungspflichtig ist - was meistens der Fall ist. Nur Radwege, die mit einem blauen Schild mit weißem Fahrrad (Verkehrszeichen 237, 240 oder 241) gekennzeichnet sind, zwingen Radfahrer zur Benutzung des Radweges. Für E-Tretroller-Fahrer gibt es keine Option: Existiert ein Radweg, ist er zu nutzen. Im Behördendeutsch heißt das: „Elektrokleinstfahrzeuge sind nach der neuen Verordnung generell auf vorhandene baulich angelegte Radwege oder Radfahrstreifen verwiesen. Bei den Radwegen wird daher nicht unterschieden, ob sie benutzungspflichtig oder nichtbenutzungspflichtig angeordnet sind.“

Was müssen E-Tretroller-Fahrer noch beachten? 

Eine Helmpflicht für E-Tretroller soll nicht bestehen, da „eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit bis maximal 20 Kilometer pro Stunde vorgesehen ist“. Auf gemeinsamen Geh- und Radwegen haben Fußgänger Vorrang. Das Nebeinanderfahren ist für „Elektrokleinstfahrzeuge grundsätzlich verboten“. Außerdem müssen sie auf Radwegen „auf den Radverkehr Rücksicht nehmen und erforderlichenfalls die Geschwindigkeit an den Radverkehr anpassen“. Schnellerem Radverkehr sei „das Überholen zu ermöglichen“. 

Die Planungen der Bundesregierung gehen nun also in den parlamentarischen Prozess. Zunächst gehe das Verordnungsvorhaben in die Anhörung der Länder und  Verbände. „Das Inkrafttreten der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung  (eKFV) ist nach der notwendigen Notifizierung und dem parlamentarischen  Verfahren geplant.“ Der Zeitpunkt bleibt also ungewiss. Bis dahin finden neue Mobilitätsformen also zunächst nur in den USA und anderen Ländern statt. Elektroskateboards sind von den geplanten Regelungen und Veränderungen übrigens nicht erfasst. Denn: „Fahrzeuge nach der eKFV müssen eine Lenkstange aufweisen.“

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