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Wirtschaft von oben #262 – KupferAbgekupfertes Spiel: Deshalb will BHP seinen Konkurrenten übernehmen

Satellitenbilder zeigen, wie Minenmultis rund um den Globus versuchen, die Vorherrschaft im Kupfergeschäft zu gewinnen, um von der Energiewende zu profitieren. Wirtschaft von oben ist eine Kooperation mit LiveEO.Nele Antonia Höfler 18.05.2024 - 10:03 Uhr

Objekt der Begierde: Anglo Americans neuste Kupfermine Quellaveco.

Foto: LiveEO/Airbus

Es ist eine prägnante Formel, die aktuell die Weltmärkte bewegt: Ohne Kupfer keine Energiewende. Das Metall leitet hervorragend Strom und Wärme und ist deshalb für den Bau von E-Autos, Wind- und Solarparks unabdingbar. Experten des Finanzdienstleisters S&P Global gehen davon aus, dass sich die jährliche Kupfernachfrage bis 2035 auf 50 Millionen Tonnen fast verdoppeln wird.

Das ruft Bergbaukonzerne rund um den Globus auf den Plan, die von potenziell steigenden Preisen profitieren wollen. Satellitenbilder zeigen jetzt, wie die Schatzsuche nach dem roten Gold an Tempo gewinnt. Eine Suche, die alles andere als einfach ist: Kupfer liegt viele Meter tief in der Erde. Neue Vorkommen werden nur selten entdeckt. Eine Mine einzurichten und alle notwendigen Genehmigungen zu erhalten, ist aufwendig, teuer und dauert viele Jahre.

Branchengrößen versuchen deshalb, ihr Kupferportfolio mithilfe von Übernahmen schneller zu vergrößern: Zuletzt hat der australische Bergbauriese BHP Interesse am britischen Konkurrenten Anglo American bekundet. Das erste Angebot lag bei 39 Milliarden US-Dollar. Anglo American lehnte ab, BHP legte nach. Die neue Offerte bewertet Anglo American mit umgerechnet 43 Milliarden Dollar. Doch auch das kam in London nicht gut an.

Vorstandschef Duncan Wanblad will den Übernahmeversuch abwehren, indem er die Aktionäre stattdessen mit einem Abspaltungsplan zu überzeugen versucht: Am vergangenen Dienstag kündigte der Konzern an, sich von seinem Diamantengeschäft De Beers, seinem Platingeschäft und seiner Kokskohlesparte in Australien zu trennen. Stattdessen will sich Anglo American künftig auf die Geschäftsbereiche Kupfer, Eisenerz und Pflanzennährstoffe konzentrieren.

„Das Ergebnis von Anglos strategischer Überprüfung wird BHPs Pläne nicht verändert haben“, sagte Lachlan Shaw, ein Analyst der UBS der Nachrichtenagentur Bloomberg. Laut Bloomberg ist BHP zudem womöglich nicht der einzige Interessent an Anglo American: Konkurrierende Bergbauunternehmen prüften, ob sie ein konkurrierendes Angebot abgeben sollten. Auch Analysten der Investmentbank Jefferies schrieben, es könnte einen Bieterwettkampf um Anglo American geben.

Escondia-Kupfermine, Antofagasta, Chile 02.05.2024 Links oben: In der Siedlung finden Arbeiter eine Kantine, einen Pub und eine Polizeistation. Links unten: Flugzeuglandebahn – Wer es eilig hat, reist mit einer Propeller Maschine an. Rechts oben: Auf dieser Fläche lösen Chemikalien das Kupfer aus dem Erz. Links oben: In den runden Becken wird das Erz von anderen Gesteinsteilen getrennt. Bild: LiveEO/Sentinel Foto: WirtschaftsWoche

BHPs bislang größtes Kupferprojekt befindet sich mitten in der Atacama-Wüste Chiles. Die Mine trägt den Namen Escondida. Auf dem Gelände baut BHP schon seit Ende des Jahres 1990 Kupfer ab. Seither wird hier rund um die Uhr gearbeitet, die Abbaustätte hat sich kontinuierlich erweitert. Inzwischen gehört der Tagebau zu den größten Zinkminen der Welt.

Aber BHP will mehr. Der Konzern versucht schon mehrere Jahre, sein Geschäft an die Energiewende anzupassen. 2022 hatte BHP sein Öl- und Gasgeschäft an Woodside Energy verkauft. Vergangenes Jahr erwarb das Unternehmen den australischen Rivalen Oz Minerals für 6,4 Milliarden Dollar, um sein Kupfergeschäft zu stärken. Jetzt folgten die beiden Übernahme-Angebote für das in Südafrika gegründete und in London ansässige Unternehmen Anglo American. BHP hat vor allem die Kupferminen des Konzerns im Visier.

Bilder: LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/SPOT

Eines der neusten Kupferprojekte von Anglo American liegt in der Region Moquegua im Süden Perus. Mehr als fünf Milliarden Dollar hat der Konzern in das Projekt Quellaveco investiert, vor zwei Jahren ging die Mine in Betrieb. Im kommenden Jahren sollen hier 300.000 Tonnen Kupfer pro Jahr produziert werden.

Im Falle einer Übernahme durch BHP würden künftig zehn Prozent der globalen Kupferproduktion auf den Bergbaukonzern entfallen. BHP würde das zum größten Kupferförderer der Welt machen. Bislang gilt der chilenische Staatskonzern Codelco mit einem Marktanteil von acht Prozent als größter Kupferproduzent der Welt.

Auch Codelco ist in der Atacama-Wüste aktiv. Seit 1915 betreibt der Konzern dort eine gigantische Kupfermine: die Chuquicamata-Mine, von Mitarbeitern nur „Chuqui“ genannt. Das Gelände erstreckt sich über 120 Quadratkilometer.

Bis Ende der 80er lebten in der gleichnamigen Stadt noch Zehntausende Menschen gleich neben dem Tagebau. Wer bei Codelco Arbeit fand, bekam ein Haus. Drum herum baute das Unternehmen Schulen, Supermärkte und Sportplätze. Teile davon lassen sich noch heute auf Satellitenbildern erkennen. Inzwischen musste jedoch ein Großteil des Ortes dem wachsenden Tagebau weichen. Die Abraumhalden brauchten im Laufe der Jahre immer mehr Platz. Die Mitarbeiter mussten sich in der nördlich vom Tagebau gelegenen Stadt Calama ein neues Zuhause suchen.

Bilder: LiveEO/Google Earth/Airbus, LiveEO/Google Earth/Maxar, LiveEO/Sentinel

Nach über einem Jahrhundert Bergbau ist das Kupfervorkommen der Chuquicamata-Mine weitgehend erschöpft. In den vergangenen Jahren sind die Erträge immer weiter geschrumpft. Codelco hofft, noch tiefer unter der Erdoberfläche auf mehr Kupfer zu stoßen und hat den Tagebau deshalb zuletzt in einen Untertagebau umgebaut. Über fünf Milliarden Dollar kostete die Umwandlung. Seit 2019 bauen die Mitarbeiter unter Tage ab. Weitere Entwicklungen lassen sich auf Satellitenbildern deshalb nicht mehr erkennen.

Es sind jedoch nicht nur die alteingesessenen Minen-Multis, die von dem hohen Kupfer-Bedarf profitieren wollen. Erst Anfang des Jahres sorgte das Start-up Kobold Metals aus den USA für Schlagzeilen: Mithilfe von künstlicher Intelligenz will das Unternehmen in Sambia ein riesiges Kupfervorkommen aufgespürt haben. Das Start-up, zu dessen Investoren Bill Gates und Jeff Bezos gehören, setzt KI-Algorithmen ein, die Muster in der Erdoberfläche erkennen sollen, die auf bestimmte Rohstoffe hinweisen.

Hier will Kobold Metals innerhalb des nächsten Jahrzehnts für zwei Milliarden Dollar eine neue Untertage-Kupfermine errichten. Die Produktion soll in den 2030er-Jahren starten. Laut Kobold Metals ist das Potenzial der Entdeckung vergleichbar mit dem der Kamoa-Kakula-Mine, die bei ihrer Entdeckung im Jahr 2009 branchenweit für Aufsehen sorgte.

Die Mine in der Demokratischen Republik Kongo produziert derzeit – drei Jahre nach Inbetriebnahme – fast 400.000 Tonnen Kupfer im Jahr. Binnen acht Jahren soll die maximale Jahresproduktion von 800.000 Tonnen Kupfer erreicht werden. Von ihrem Erfolg profitieren sowohl das US-Unternehmen Ivanhoe Mines als auch das chinesische Unternehmen Zijin Mining, die sich die Mine teilen.

Ivanhoe-Mines-Gründer Robert Friedland gilt in der Bergbau-Branche als Legende. Als Student betrieb Friedland verschiedene Unternehmen mit seinem Kommilitonen Steve Jobs. Heute ist der Unternehmer für seine Erfolgsbilanz beim Aufspüren von Rohstoffen bekannt. Im Nordosten Kanadas entdeckte Friedland 1993 das riesige Nickelvorkommen Voisey Bay, in der Mongolei entwickelte der Minenmilliardär anschließend die gewaltige Kupfer- und Goldlagerstätte Oyu Tolgoi. Dann stieß er auf Kamoa-Kakula.


Auch in der Lausitz zwischen dem brandenburgischen Spremberg und der sächsischen Gemeinde Schleife soll tief unter der Erde jede Menge Kupfer liegen. 130 Millionen Tonnen Kupfererz werden dort vermutet. Daraus könnten 1,9 Millionen Tonnen reines Kupfermetall entstehen.

Obwohl das Vorkommen seit Jahrzehnten bekannt ist, ist das Lager bislang völlig unberührt. Ende der Achtzigerjahre stoppte die DDR die Erforschung der Erzvorkommen, weil der Marktpreis für Kupfer gering war und das Geschäft somit als unrentabel galt.

Einen zweiten Anlauf gab es Anfang der 2000er: Der panamaische Bergwerk-Konzern Minera witterte ein Milliardengeschäft und gründete das Tochterunternehmen Kupferschiefer Lausitz, kurz KSL, die das Bergwerk in der Lausitz betreiben sollte. Doch 2014 stagnierten die Kupferpreise und der Plan wurde auf Eis gelegt.

Spremberg, Brandenburg, Deutschland 31.03.2024: In der Lausitz werden 130 Millionen Tonnen Kupfererz vermutet. Bild: LiveEO/Google Earth/Airbus Foto: WirtschaftsWoche

Jetzt, wo die Kupferpreise steigen und in den kommenden Jahren ein Mangel prognostiziert wird, hat Minera die Pläne erneut hervorgeholt. Das US-Unternehmen plant eine Renaissance des Bergbaus in Deutschland. Mit „modernem Bergbau“ will KSL das Metall aus dem Boden holen. Es soll ein neues Kupferbergwerk entstehen, das in den 2030ern mit der Produktion beginnen soll.

Ob dieser Plan aufgeht, ist bislang ungewiss. Im September letzten Jahres ist KSL im Raumordnungsverfahren gescheitert. Die gemeinsame Landesplanung war von den Umwelt- und Sicherheitsplänen der KSL nicht überzeugt. Auch bei Anwohnern sorgt das Vorhaben immer wieder für Proteste. Sie fürchten Umweltzerstörungen und eine zu hohe Verkehrsbelastung.

Doch dieses Mal will KSL nicht so schnell aufgeben. Das Unternehmen will an seinen Plänen festhalten und weitere 50 Millionen Euro investieren.

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Die Rubrik entsteht in Kooperation mit dem Erdobservations-Start-up LiveEO – dieses ist eine Beteiligung der DvH Ventures, einer Schwestergesellschaft der Holding DvH Medien, ihrerseits alleiniger Anteilseigner der Handelsblatt Media Group, zu der auch die WirtschaftsWoche gehört.

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