Nach der Festnahme von Renault-Chef Carlos Ghosn wegen des Verdachts der Veruntreuung von Firmengeldern in Japan läuft es bei dem französischen Autobauer auf eine interne Nachfolgelösung hinaus. Der bislang für das operative Geschäft zuständige Vorstand Thierry Bolloré solle Ghosn kommissarisch als Chef ersetzen, sagten mit den Plänen vertraute Personen am Dienstagabend nach einer Sitzung des Verwaltungsrats. Bolloré galt schon bislang als Nummer zwei bei Renault hinter Ghosn.
Verwaltungsratsmitglied Philippe Lagayette solle vorübergehend an der Spitze der Verwaltungsrats stehen. Der Verwaltungsrat habe Ghosn aber nicht entlassen, da der Autobauer auf weitere Informationen zu den Beschuldigungen warte, verlautete aus den Kreisen.
Die französische Regierung pocht als 15-prozentiger Renault-Eigner auf eine schnelle Ablösung von Ghosn. Ein Renault-Sprecher wollte sich nicht dazu äußern. Ghosn war am Montag in Japan unter dem Verdacht der Veruntreuung von Firmengeldern festgenommen worden.
Automanager Carlos Ghosn: Frankreichs „Kostenkiller“
Nissan kennt Ghosn, der sieben Sprachen sprechen soll, bestens. 1999, also vor knapp 20 Jahren, managte er den Einstieg von Renault bei dem japanischen Autobauer. Das Unternehmen hatte damals große finanzielle Schwierigkeiten und schlug dann einen Sanierungskurs ein. Die Konzerne sind durch Überkreuz-Beteiligungen miteinander verbunden.
Bei Renault übernahm Ghosn dann 2005 den Chefposten von Vorgänger Louis Schweitzer. Sein Umbauplan führte in Frankreich zu viel Widerspruch. Der französische Staat hat bei dem Unternehmen immer noch gewichtigen Einfluss, er hält 15 Prozent der Anteile.
Die Hauptaufgaben des 64-Jährigen mit Wurzeln im Libanon: die Strategie des Konzerns lenken, einen Nachfolge-Plan vorantreiben und die komplexe Allianz mit den japanischen Autobauern Nissan und Mitsubishi absichern. Ghosn ist bisher insbesondere für dieses globale Bündnis der Dreh- und Angelpunkt.
Erst zu Beginn 2018 bekam der in Brasilien geborene Vorstandschef eine Vertragsverlängerung bis 2022. Die Hauptaufgaben des 64-Jährigen mit Wurzeln im Libanon: die Strategie des Konzerns lenken, einen Nachfolge-Plan vorantreiben und die komplexe Allianz mit den japanischen Autobauern Nissan und Mitsubishi absichern. Ghosn ist bisher insbesondere für dieses globale Bündnis der Dreh- und Angelpunkt.
Mit der jüngsten Vertragsverlängerung akzeptierte Ghosn, dass sein Gehalt um 30 Prozent gekürzt wird. Der Manager selbst begründete dies damit, dass er die Steuerung des operativen Geschäfts abgebe. Der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire sagte seinerzeit jedoch in einem Interview: „Ich habe Herrn Ghosn sehr klar gesagt, dass wir nicht für einen Chef stimmen können, der eine so hohe Vergütung bekommt.“
Ghosns Gehalt war in der Vergangenheit immer wieder Anlass zu Reibereien mit der Regierung in Paris gewesen. Die Nachrichtenagentur AFP zitierte eine Expertenschätzung, wonach Ghosn im vergangenen Jahr an der Spitze der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz rund 13 Millionen Euro erhalten habe.
Derweil hat Japan sein Bekenntnis zu der Auto-Allianz mit Nissan und Mitsubishi bekräftigt. Ein Regierungssprecher sagte in Tokio, es sei wichtig, weiter für ein stabiles Bündnis zu sorgen. Zuvor hatte sich bereits der französische Finanzminister Bruno Le Maire für einen Erhalt der Kooperation starkgemacht.
Ghosn war am Montag in Japan unter dem Verdacht der Veruntreuung von Nissan-Firmengeldern festgenommen worden und soll zunächst für zehn weitere Tage festgehalten werden. Das entschied ein Bezirksgericht in Tokio am Mittwoch auf Antrag der Ermittler. Auch sein mutmaßlicher Komplize und ebenfalls verhaftete Nissan-Direktor Greg Kelly dürfe zunächst weiter in Haft gehalten werden.
Der Topmanager gilt als Architekt der Allianz aus Renault, Nissan und Mitsubishi, die den weltgrößten Autoherstellern Volkswagen und Toyota den Rang ablaufen will. Es gibt Befürchtungen, das Bündnis könnte zerbrechen, wenn Ghosn nicht mehr die Fäden in der Hand hält. Ghosn ist auch Verwaltungsratsvorsitzender von Nissan und Mitsubishi Motors. Seines Postens bei Nissan soll er am Donnerstag enthoben werden.