Daimler-Hauptversammlung „12 Millionen für Källenius, 90 Cent für mich“

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Vorstandsvergütung: So schlecht kann es Daimler nicht gehen

Punkt drei und vier haben die „Entlastung der Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats“ zum Inhalt. Entlastung – im Sinne von weniger Arbeit? Direkt fallen mir Regelungen zur Teilzeit ein. Weit gefehlt. Bei der Entlastung sprechen die Mitglieder der Hauptversammlung dem Vorstand und Aufsichtsrat das Vertrauen aus und entbinden ihn damit von Bereicherungs- und Schadensersatzforderungen. Weiter geht’s: Punkt fünf beinhaltet die Bestellung des Abschlussprüfers – die Wahl fällt auf die Wirtschaftsprüfer von KPMG.

12 Millionen für Källenius

Jetzt wird es spannend. Denn in Tagesordnungspunkt sechs geht es um die Vergütung der Vorstandsmitglieder. Das jährliche Maximaleinkommen des Vorstandsvorsitzenden der Daimler AG beträgt 12 Millionen Euro. Seinen Vorstandskollegen ist er damit um knappe fünf Millionen Euro voraus – sie verdienen nur 7,2 Millionen. Für mich sind das unvorstellbare Summen. Interessant ist die Rechtfertigung der Gehälter. Sie stünden in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des Vorstandsmitglieds sowie zur Lage des Unternehmens. Wenn das stimmt, kann ich als Aktionärin ja beruhigt sein: So schlecht kann es Daimler nicht gehen.

Konkret setzt sich das Gehalt aus einer festen und einer variablen Vergütung zusammen. Erstere umfasst eine Grundvergütung, Nebenleistungen, wie zum Beispiel Ausgaben für Sicherheitsleistungen und Dienstwagen, sowie eine Versorgungszusage. Dabei, so heißt es weiter, handelt es sich um eine neue Form der betrieblichen Altersvorsorge für Führungskräfte.

Die variable Vergütung umfasst den Jahresbonus sowie den sogenannten „Performance Phantom Share Plan“ (PPSP), ein zu Planbeginn festgelegter Zuteilungswert in Euro, der durch den Durchschnittskurs der Aktien über einen festgelegten Zeitraum dividiert wird. Einfach gesagt handelt es sich um einen langfristig orientierten variablen Vergütungsbestandteil, der nach einer Periode von drei Jahren sowie einer einjährigen Haltepflicht ausbezahlt wird.

Höttges hat’s geschafft

Der nächste Punkt auf der Tagesordnung ist leichter zugänglich. Timotheus Höttges, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, stellt sich zur Wahl in den Aufsichtsrat. Auch diesmal legen sich die Techniker ins Zeug. Höttges wird eingeblendet, erneut in einer anderen Kulisse, und stellt sich vor. Dabei setzt er voll auf Emotionen und gibt sich bodenständig. Seine Frau sei Ärztin und er lebe mit ihr, seinen beiden Söhnen und einem Dackel in Bonn. Schließlich wird er mit 80 Prozent der abgegebenen Stimmen in den Aufsichtsrat gewählt. Die Kandidaturen Jürgen Richard Seligers und Paul Grünzners „haben sich damit erledigt“, wie Bischoff unmissverständlich zu erkennen gibt. Die Herren scheinen mutige Privatanleger zu sein.

Von Aktienrückkäufen, Derivaten und Co.

Punkt acht und neun sind ein wenig komplizierter. Ich brauche wieder mehrere Anläufe, um zu verstehen, worum es geht – zum einen um die „Beschlussfassung über die Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien“ und zum anderen die „Beschlussfassung über die Ermächtigung zum Einsatz von Derivaten im Rahmen des Erwerbs eigener Aktien“.

Eigentlich ist es ganz einfach. Daimler möchte Aktien „zurückkaufen“ und kann dies entweder über die Börse oder in einem öffentlichen Kaufangebot an die Aktionäre tun. Erlaubt sind maximal 10 Prozent des Grundkapitals. Bei 963 Millionen Euro zum Ende des Geschäftsjahres 2019 sind das 96,3 Millionen Aktien zum Nennwert von einem Euro.

Weniger Aktien verknappen das Angebot und erhöhen den Gewinn pro Aktie. Das treibt den Kurs in die Höhe und hält die Aktionäre bei Laune. Das Problem: Viele Unternehmen geben mehr Geld aus, als sie eigentlich verdient haben, nur um die Aktionäre zufriedenzustellen. Hohe Rückkäufe sind also ein Warnsignal. Das Unternehmen weiß nicht, welche zukunftsträchtigen Innovationen es fördern soll und steckt das Geld lieber in eigene Aktien, statt Rücklagen zu bilden, um die Anleger zu überzeugen. In Krisenzeiten würden Reserven jedoch helfen, um nicht auf Staatshilfen angewiesen zu sein. Auf Hauptversammlungen ist es häufig reine Formsache, dass Unternehmen sich Aktienrückkäufe auf Vorrat von den Aktionären genehmigen lassen. Wie das „Handelsblatt“ berichtete, wurden diese selbst auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise 2009 gewährt – und oftmals gar nicht eingelöst.

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