Elektroauto Mit dem EQXX will Mercedes zeigen, dass es die Technologie besser beherrscht als Tesla

Das Konzeptfahrzeug Mecedes-Benz Vision EQXX während seiner Fahrt von Sindelfingen über die Schweizer Alpen nach Cassis an der Côte d·Azur. Quelle: Mercedes-Benz AG/dpa

Weiter als jedes andere E-Auto: Der EQXX-Prototyp schafft mehr als 1000 Kilometer mit nur einer Batterieladung. Damit ist Mercedes Vorreiter – vor Tesla.

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Ein Elektroauto von Mercedes-Benz ist mit einer einzigen Batterieladung mehr als 1000 Kilometer gefahren. Der Kampf gegen Tesla um die Technologiekrone wird durch die Fahrt von Sindelfingen in Baden-Württemberg bis an die französische Riviera auf die nächste Stufe gehievt. Mercedes war mit der Einführung von Elektroautos spät dran, hat aber nun mit der Einführung des EQS Boden gut gemacht. In diesem Jahr geht es mit der vollelektrischen Limousine EQE und dem SUV EQB weiter.

Das leichte Chassis und das aerodynamische Design der Limousine ermöglichten die Fahrt ohne Nachladen, obwohl die Batterie des Fahrzeugs nur die halb so groß ist wie die des Flaggschiffs von Mercedes, dem EQS.

Der EQXX „ist der effizienteste Mercedes, der je gebaut wurde“, sagte Vorstandschef Ola Källenius in einer Mitteilung. „Das dahinterstehende Technologieprogramm ist ein Meilenstein in der Entwicklung von Elektrofahrzeugen.“

Bedenken über eine im Alltag zu geringe Reichweite sind nach Umfragen regelmäßig einer der wichtigsten Gründe, die Verbraucher noch vom Kauf reiner Elektroautos abhalten. Dabei ist es technisch schon länger möglich, E-Autos mit mehr als 1000 Kilometern Reichweite bei einer Akkuladung zu bauen. Der Nachteil: Das erfordert bisher sehr große Batterien, mit entsprechend hohem Rohstoffeinsatz und Preis. Das US-Start-up Our Next Energy fuhr vor kurzem mit einer neuen Batterie im Tesla Model S sogar 1210 Kilometer weit. Auch der chinesische Elektroautobauer Nio verspricht mehr als 1000 Kilometer pro Akkuladung mit seinem Serienmodell ET7; allerdings setzt Nio dafür eine Batterie mit 150 Kilowattstunden Kapazität ein – nochmals 50 Prozent mehr als die Tesla-Flaggschiffe Model S. In der Serie ist bisher bei knapp 800 Kilometern Schluss: Von den aktuellen Serien-Elektroautos kommt die Mercedes-Luxuslimousine EQS nach einer Übersicht des Vergleichsportals Carwow auf die größte Reichweite mit bis zu 768 Kilometer, gefolgt vom Tesla Model S Long Range mit bis zu 652 Kilometer. 

Mercedes plane, bis 2026 etwa 60 Milliarden Euro zu investieren, um zu Tesla technisch auszuholen und wieder mehr Autos zu verkaufen als der deutsche Erzrivale BMW. Mercedes will bis Ende dieses Jahrzehnts nach Möglichkeit nur noch Elektrofahrzeuge verkaufen und plant acht Batteriefabriken mit Partnern.

Das ist der Mercedes EQXX
Nach der ersten Vorstellung des EQXX zur CES in Las Vegas gibt Mercedes tiefere Einblicke in die Innereien und den Serienansatz seines Technologieträgers. So ist es längst kein Geheimnis mehr, dass unter dem spektakulären Kleid die Blaupause für die nächste, kompakte MMA-Plattform steckt, also für die dann vollelektrischen EQA und EQB. Zumindest was die technologische Basis für Leichtbau, Antrieb und Aerodynamik angeht. Der Radstand von knapp 2,80 Meter ist dabei bereits gesetzt.   Quelle: imago images
Effizienz dürfte bei der nächsten Generation des Einsteiger-Mercedes absolut im Fokus stehen. Wie beim EQXX, der mit einer Batterieladung über 1000 Kilometer schaffen soll. Intelligente Reichweite wird die neue Währung der Stuttgarter.   Quelle: imago images
Und die soll nicht über immer größere und schwerere Batterien erkauft werden, sondern über clevere technische Ansätze. Ausgehend von internen Studien, wonach 62 Prozent der Kraft dafür aufgewendet wird, um Luft, also den Fahrtwind, aus dem Weg zu schaffen, spielt die Aerodynamik dabei die entscheidende Rolle. Weitere 20 Prozent frisst der Rollwiderstand. Beim EQXX hat es die Crew um Entwicklungschef Markus Schäfer geschafft, mit „der Power aus allen Ecken des Mercedes-Kosmos, inklusive der Formel 1“ einen cW-Wert von 0,17 zu realisieren. Ohne dass dabei ein hässlicher, vollverkleideter Vogel herausgekommen ist. In nur 18 Monaten Entwicklungszeit und ständigen gegenseitigem Challenging, konnte ein Wirkungsgrad von 95 Prozent realisiert werden. Also: 95 Prozent der Energie aus der Batterie kommt an den Rädern an. Verbrenner erreichen rund 30 Prozent.   Quelle: imago images
Auch das Layout der EQXX-Batterie, die mit einer hohen Systemspannung von 920 Volt in 15 Minuten Energie für 300 Kilometer nachladen kann, wird es in die Serie schaffen. Sitzt der Akku heute zumeist in einem soliden, aber auch schweren Hilfsrahmen, nimmt ihn künftig ein deutlich dünnerer und leichterer Träger auf. Ohne, dass die Crashsicherheit darunter leidet. Der Batterie-Körper wird ebenfalls filigraner und leichter. Er wiegt weniger als 500 Kilo und ist nur noch knapp 20 Zentimeter hoch. Unter einem Gehäuse aus Kohlefaser befinden sich ausschließlich die rund 200 Zellen, entwickelt vom chinesischen Batteriehersteller CATL. Alle Kabel und die komplette Regelelektronik wandern in die One-Box, die oben wie ein Schuhkarton auf dem knapp 100 kWh großen Akku sitzt. Wartung und Reparaturfreundlichkeit sollen so deutlich verbessert werden, künftig könnten in die Batterie neue, leistungsstärkere Zellen einfacherer „nachgerüstet“ werden.   Quelle: imago images
Eine große Rolle für künftige Modelle dürfte auch die sogenannte „bionische Entwicklung“ spielen. Hierbei geht es um Erkenntnisse, die man aus dem Aufbau des menschlichen Skeletts gewonnen hat. Anhand von topologischen Berechnungen am Computer wurde in einem aufwendigen Prozess – außer an der Karosserie – jegliches Material, das keine Kraft aufnimmt, herausgeschnitten. Das spart 15-20 Prozent an Gewicht. Einige Bauteile sind nach der Sonderbehandlung allerdings so löchrig wie ein Schweizer Käse. Kaum vorstellbar, dass wir derart perforierte Gebilde kurzfristig in der Serie wiedersehen. Quelle: imago images

Mit großen, schweren Batterien sehr weit zu fahren, sei keine Kunst, sagte Mercedes-Entwicklungschef Markus Schäfer. Wichtiger sei der Verbrauch je Kilometer. Der Durchschnittsverbrauch des EQXX-Prototyps, der mit einer halben Tonne eine relativ leichte Batterien besitzt, habe auf der elfeinhalb Stunden langen Fahrt von Sindelfingen über die Alpen an die Cote d'Azur nur 8,7 Kilowattstunden (kWh) pro 100 Kilometer betragen. Das ist die Energie, die in nur einem Liter Diesel steckt. Derzeit brauchen Elektroautos laut Mobilitätsdienstleister DKV im Schnitt 15 kWh pro 100 Kilometer. Mit dem EQXX versucht Mercedes zu zeigen, dass es die Technologie besser beherrscht als Tesla. Der Prototyp fuhr bis zu 140 km/h und die Batterie verfügte bei der Ankunft noch über 15 Prozent ihrer Kapazität. Bei der Batterie setzt man auf neue Inhaltsstoffe; sie wurde mit Hilfe von Formel-1-Experten von AMG in Großbritannien entwickelt. Die Zellen sollen ab 2024 in Kompaktwagen eingesetzt werden.

Mercedes entwickelte den EQXX in knapp dreieinhalb Jahren anstatt knapp fünf Jahren unter Verwendung von Simulationen und digitalen Konstruktionswerkzeugen anstatt physischer Tests.

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„Wir müssen mit dem Schritt halten, was auf der Software- und Technologieseite vor sich geht, und das ist eine sich schnell verändernde Branche“, sagte Mercedes-Entwicklungschef Schäfer. „Wir müssen schnell in unseren Entwicklungen sein, viel schneller als in der Vergangenheit.“

Mit Material von Bloomberg

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