Am frühen Morgen prüfen Fahrer und Beifahrer Reifendruck, Ölstand, Blinker, Hupe, sogar die Schrauben am Nummernschild, und wärmen sich anschließend mit Rumpf- und Kniebeugen gründlich auf. Dann klappen die Autotüren zu, die Motoren werden angelassen. Schließlich setzt sich die kleine Karawane aus Fortuner-Geländewagen, RAV4-Crossovers und Hilux-Pickups in Bewegung und quält sich die gewundene Passstraße in den Anden hoch. Willkommen zur 5-Kontinente-Fahrt von Toyota – 200.000 Kilometer in sechs Jahren über die wildesten Straßen der Welt!
Was so aussieht wie eine PR-Nummer im Stil der Camel Trophy, ist in Wirklichkeit eine Investition in das Personal von Toyota: Gewöhnliche Mitarbeiter aus Vertrieb, Verwaltung, Entwicklung und Produktion erleben die realen Bedingungen für Autofahrer auf der ganzen Welt live – von verschlammten Dschungelpisten bis zu steinigen Bergstraßen voller Schlaglöcher.
Das Projekt hat sich Toyota-Chef Akio Toyoda selbst ausgedacht. „Straßen machen Autos“, lautet seine Überzeugung. Wer bessere Autos bauen wolle, predigt der Konzernchef, müsse alle Straßen kennen. Die geplanten 1.000 Teilnehmer der 5-Kontinente-Fahrt, die Ende 2014 in Australien begann und im November 2016 Südamerika erreichte, sollen nach ihrer Rückkehr in den Arbeitsalltag sein Credo predigen.
Die profitabelsten Autobauer der Welt
General Motors
Ebit-Marge 2016: 7,5 Prozent
Ebit-Marge 2015: 7,1 Prozent
Quelle: CAM
Toyota
Ebit-Marge 2016: 7,8 Prozent
Ebit-Marge 2015: 10,0 Prozent
Bei japanischen Autobauern wird das Kalenderjahr abgebildet
Daimler
Ebit-Marge 2016: 8,4 Prozent
Ebit-Marge 2015: 9,0 Prozent
BMW
Ebit-Marge 2016: 10,0 Prozent
Ebit-Marge 2015: 10,4 Prozent
Subaru
Ebit-Marge 2016: 13,5 Prozent
Ebit-Marge 2015: 17,5 Prozent
Denn wie kein anderer Automanager der Welt wird Toyoda von der Angst gequält, sein Unternehmen könne zum Dinosaurier werden, der wegen des zu schnellen Wandels seiner Umgebung ausstirbt. Sein Krisenbewusstsein wird inzwischen von vielen Führern der japanischen Autoindustrie geteilt. Die Branche produziert zwar seit zwanzig Jahren einen konstant hohen Anteil von rund 30 Prozent aller Fahrzeuge weltweit. Aber Analysten warnen Japans Fahrzeughersteller vor einem ähnlichen Niedergang wie ihn die Konsumelektronik-Produzenten erlebten, falls sie den Wandel zu autonomen, elektrischen und vernetzten Autos verschlafen.
Japan leistete sich bis vor Kurzem acht Fahrzeughersteller, während in den weit größeren USA mit Ford, General Motors und Tesla nur noch drei Autobauer unabhängig sind. Im Autoland Deutschland gibt es ebenfalls nur noch drei – BMW, Daimler und Volkswagen. Daher ist eine Konsolidierung in Japan unvermeidlich und hat im abgelaufenen Jahr auch schon begonnen: Toyota schluckte Daihatsu komplett, Nissan setzte sich bei Mitsubishi ans Steuer.
Doch es wird noch mehr Kooperationen und Kapitalallianzen geben. Branchenexperten gehen von nur noch vier Autobauern in zehn Jahren aus. Die australische Investmentbank Jeffries sagt eine Schrumpfung auf drei Gruppen bis 2020 voraus. „Japan hat einfach zu viele Hersteller, was Ressourcen verschwendet“, meint Analyst Takashi Nakanishi. „Eine Konsolidierung ist nur natürlich und hilft der Wettbewerbsfähigkeit.“
Mehr denn je fällt in der Autoindustrie der Größenvorteil ins Gewicht. Das gilt nicht nur für die Stückzahlen: So gibt Toyota im auslaufenden Geschäftsjahr knapp 1,1 Billionen Yen (8,8 Milliarden Euro) für Forschung und Entwicklung aus. Das ist so viel wie Nissan, Subaru, Suzuki, Mazda und Mitsubishi zusammen. Lange Zeit konnten die Kleinen trotzdem mithalten. Aber die Zahl der Entwicklungsprojekte ist stark gewachsen. Zum einen müssen die Hersteller ihre Benzin- und Diesel-Motoren verbessern – wegen der stetig verschärften Abgasvorgaben und der Käuferwünsche in Schwellenländern. Dazu kommt die parallele Entwicklung von verschiedenen elektrischen Antrieben – Hybrid, Plug-in-Hybrid, Brennstoffzellen, Hochleistungsbatterien.
Zum zweiten läuft die Standardisierung vieler Bauteile und Plattformen. Nur so kann ein Hersteller in vielen Märkten und Segmenten gleichzeitig präsent sein. Zum dritten verwandelt sich das Auto gerade in einen vernetzten Computer auf vier Rädern. Das Geld wird künftig vermehrt mit Daten und Diensten verdient, weniger mit dem Verkauf des Fahrzeugs. „Die kleinen Player können bei den notwendigen hohen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben nicht mithalten“, meint Karl Brauer vom US-Marktforscher Kelley Blue Book.