99,99 Euro pro Monat – so viel verlangte Peugeot zwischenzeitlich für einen Kleinwagen 208. Zusammen mit dem Mobilfunkanbieter 1&1 und Sixt Leasing hatte der deutsche Importeur ein Angebot geschaffen, das für weniger als 100 Euro im Monat neben einem Handyvertrag auch ein Leasingauto umfasste. Ohne Anzahlung oder Überführungskosten, dafür inklusive Steuer und Versicherung. Ein beispiellos günstiges Angebot für einen Neuwagen – satte 40 Prozent unter dem Listenpreis.
Und auch beispiellos kurzlebig: Rund 5000 Kunden griffen bei dem als Marketingaktion gedachten Deal zu – viel mehr, als Peugeot erwartet hatte. Die Vertragshändler waren angesichts der hauseigenen Billig-Konkurrenz erbost. Das Ergebnis: Die drei obersten Deutschland-Manager von Peugeot – obwohl erst ein halbes Jahr auf dem Posten – mussten gehen, das Billig-Angebot wurde eingestellt. Ein Unternehmenssprecher erklärte, im Mittelpunkt des Handelns von PSA stehe „immer die Sicherheit der Verlässlichkeit gegenüber den Partnern“.
Diese Episode zeigt, wie schwer sich die Autobauer mit neuen Konzepten beim Vertrieb tun. Neue Vertriebswege am klassischen Autohändler vorbei werden immer gefragter. Doch das dichte Netz an Autohäusern und Werkstätten ist gerade bei deutschen Herstellern einer der größten Wettbewerbsvorteile – und der damit verbundene enge Kontakt zum Kunden. Doch wie baut man einen eigenen Internetvertrieb auf, ohne wie bei Peugeot die eigenen Vertragshändler zu vergraulen?
Deutsche bevorzugen das Autohaus – noch
Befragte: 600
Hierzulande erfahren Autohäuser nach wie vor eine hohe Wertschätzung: 46 Prozent der befragten Deutschen würden ihr nächstes Auto wieder bei einem herkömmlichen Händler kaufen; 61 Prozent würden es auch am liebsten dort abholen. Dennoch haben viele deutsche Autofahrer Interesse an neuen Kanälen: 20 Prozent würden ihren nächsten Pkw bevorzugt bei einem „Virtual Dealer“ kaufen – also einem Händler, der über Augmented- und Virtual-Reality-Gadgets verfügt; 10 Prozent könnten sich vorstellen, ihr Auto in einem Online-Shop zu erwerben.
Quelle: „Auto Retail 2025“ von Accenture
Befragte: 1.509
Chinesische Kunden zeigen in der Umfrage die größte Präferenz für „Flagship-Stores“ in Innenstadtlage. 37 Prozent der Befragten gaben an, ihr nächstes Auto in einem solchen Geschäft kaufen zu wollen. 28 Prozent wollen ihr Auto in einem herkömmlichen Autohaus entgegennehmen. Und nur 15 Prozent wären bereit, ihr nächstes Auto vollständig online zu erwerben.
Befragte: 628
US-Kunden zeigen die stärkste Präferenz für einen reinen Internet-Autokauf: 19 Prozent würden ihr nächstes Fahrzeug online erwerben. 14 Prozent der Befragten bevorzugen einen Flagship-Store, 35 Prozent einen herkömmlichen Händler.
Fakt ist: Für Privatkunden wird der Neuwagen immer unerschwinglicher. Die Preise für Autos mit stärkerer Motorisierung, Premium-Anspruch und verbesserter Serienausstattung sind immer weiter gestiegen. Wie das CAR-Institut der Universität Duisburg-Essen berechnet hat, betrug 2016 der durchschnittliche Listenpreis der verkauften Neuwagen 31.400 Euro – ohne teure Sonderausstattung wohlgemerkt. 1980 stand der Durchschnittswagen noch mit 8420 Euro in der Liste, was unter Berücksichtigung der Inflation einem heutigen Wert von gut 18.000 Euro entspräche.
Sonderausstattung im Gegenwert eines Kleinwagens
Zum Vergleich: Laut dem Onlineportal „Mobile.de“ lag der Durchschnittspreis für Gebrauchtwagen im April bei 22.000 Euro, inklusive sämtlicher Extras. Der Durchschnitts-Gebrauchte ist dabei 43 Monate alt und hat eine Laufleistung von 56.330 Kilometern.
Wer sich dann noch das fabrikneue Auto nach eigenen Vorstellungen zusammenstellen will, muss selbst bei einem Mittelklasse-Kombi für die Sonderausstattungen den Gegenwert eines Kleinwagens einkalkulieren. Ein solches Preisgefüge bleibt natürlich nicht ohne Folgen auf den Automarkt: Der Anteil der Privatkunden ist über die Jahre stark geschmolzen.
Von den über drei Millionen Neuwagen, die jedes Jahr in Deutschland verkauft werden, gehen nur rund eine Million an private Halter – die überwiegende Mehrheit wird auf Firmen zugelassen. Die Deutschen sind ein Volk der Gebrauchtwagenkäufer geworden, wie die Statistik des Kraftfahrtbundesamtes zeigt. Den privaten Neukäufen stehen rund sieben Millionen Besitzumschreibungen gegenüber – so wird in Beamtendeutsch ein Gebrauchtwagenkauf bezeichnet.
Doch diese Statistik verzerrt etwas: Jeder Fünfte dieser „Gebrauchtwagen“ war im vergangenen Jahr beim Verkauf höchstens zwölf Monate alt – also rund 1,4 Millionen Exemplare. Es sind Tageszulassungen und Vorführwagen, oft auch als Jungwagen oder Hausangebot bezeichnet.
Diese quasi fabrikneuen Autos, die oft weniger als 100 Kilometer auf dem Tacho haben, stellen das Geschäftsmodell der Autohäuser in Frage: Wenn der Kunde auf den Luxus verzichtet, sein Auto individuell zusammenzustellen, kann er mit diesen Angeboten bis zu 30 Prozent auf den Listenpreis sparen. Meist ist die Auswahl auf dem Hof eines einzigen Händlers so groß, dass man neben dem gewünschten Motor auch noch die Farbe auswählen kann.