Tweet über Börsenrückzug US-Börsenaufsicht verklagt Elon Musk

Elon Musk Quelle: REUTERS

Der Ärger für Tesla-Chef Elon Musk nimmt kein Ende: Die US-Börsenaufsicht macht Ernst und verklagt den umtriebigen Tech-Milliardär wegen Marktmanipulation. Die Regulierer fordern harte Konsequenzen.

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Tesla-Chef Elon Musk ist von der US-Regierung verklagt worden und könnte wegen ein paar halbgarer Tweets lebenslang aus Chefetagen börsennotierter Unternehmen verbannt werden. Zum Verhängnis werden könnte ihm die überraschende Ankündigung, den Elektroautobauer von der Börse nehmen zu wollen. Die Börsenaufsicht SEC wirft Musk in ihrer Klage vor, er habe dabei falsche und irreführende Angaben gemacht. Musk bezeichnete die Klage als ungerechtfertigt, das Vorgehen der SEC mache ihn „tieftraurig und enttäuscht“. Die Aktie des Elektroauto-Herstellers fiel vorbörslich um rund zehn Prozent.

Musk hatte Anfang August in einer Serie von Tweets angekündigt, er erwäge, Tesla zum Preis von 420 Dollar pro Aktie von der Börse zu nehmen. „Finanzierung gesichert“, fügte er hinzu. Der Plan sorgte sofort für Argwohn, da er völlig überraschend kam und dafür sehr viel Kapital erforderlich gewesen wäre, das Tesla nicht hatte.

Nach nur gut zwei Wochen wurde das Projekt dann genauso unerwartet, wie es angekündigt wurde - wieder abgeblasen. Wegen des Verdachts auf Marktmanipulation folgten Sammelklagen von Investoren und Ermittlungen der SEC. Laut US-Medienberichten prüft auch das Justizministerium den Fall.

Tesla-Chef Elon Musk zieht öffentlich an einem Joint – eigentlich keine Riesensache, könnte man meinen. Doch in der aktuellen Situation wirkt der skurrile Auftritt fast, als lege es der Unternehmer drauf an.

Das „Wall Street Journal“ berichtete, die SEC habe eigentlich eine Einigung mit Musk ausgehandelt - am Donnerstagmorgen hätten aber seine Anwälte den Deal überraschend abgelehnt. Die Behörde habe dann im Eiltempo die Klage vorbereitet und in New York eingereicht.
Die Aufseher wollen Musk unter anderem richterlich verbieten lassen, Posten in der Chefetage oder in Verwaltungsräten börsennotierter Unternehmen zu halten. Musk konterte, er habe im Sinne von Wahrheit und Transparenz stets im besten Interesse der Anleger gehandelt. Der Verwaltungsrat von Tesla stellte sich hinter ihn. Musk ist auch Gründer und Chef der Weltraumfirma SpaceX und des Tunnel-Start-ups Boring Company, die nicht an der Börse notiert sind.

Die SEC beschuldigt Musk, Investoren wissentlich oder durch Leichtsinn in die Irre geführt zu haben. Während er öffentlich behauptet habe, einen Deal für einen Börsenabgang in der Tasche zu haben, seien Eckpunkte eines solchen Vorhabens wie der Kaufpreis in Wirklichkeit mit potenziellen Geldgebern noch nicht einmal diskutiert worden. Auch habe er nie recherchiert, ob eine größere Zahl von Anlegern tatsächlich nach dem Rückzug von der Börse an Bord bleiben könnte - wie Musk es in seinen Tweets in Aussicht gestellt hatte.

Visionäre wie Elon Musk treiben den Fortschritt – und werden oft zur Gefahr für die eigene Firma: Nachdem der Tesla-Chef offenbar in einem Interview kiffte, sackt die Aktie ab. So gelingt der Umgang mit besessenen Chefs.
von Daniel Rettig, Varinia Bernau, Christopher Schwarz

Musk hielt zwar bis zuletzt an seiner Behauptung fest, dass „mehr als genug“ Finanzmittel vorhanden gewesen wären, um Tesla von der Börse zu nehmen. Eine Antwort darauf, wo das Geld hätte herkommen sollen, blieb aber aus. Es habe nur informelle Gespräche mit dem staatlichen Investitionsfonds von Saudi-Arabien gegeben, betonte die SEC in der Klage. Dabei sei auch der Bau einer Tesla-Fabrik im Nahen Osten als mögliche Voraussetzung genannt worden. Das alles mache Musks Behauptung unwahr, dass für den Deal nur noch die Zustimmung der Aktionäre notwendig sei.
Die Klage zeigt zudem, wie schlecht vorbereitet die Ankündigung war: So habe Teslas Finanzchef Musk erst eine halbe Stunde nach dem ersten Tweet angeboten, einen entsprechenden Blogpost und eine E-Mail an die Mitarbeiter zu entwerfen, zitiert die SEC aus internen Mitteilung der Firma.

Auch abgesehen vom Chaos um die Privatisierungspläne von Tesla hatte sich Musk zuletzt vom größten Hoffnungsträger zur größten Belastung seiner Firma entwickelt. Der umtriebige Tech-Milliardär stieß die Finanzwelt in den vergangenen Monaten oft genug mit seinen Eskapaden vor den Kopf. Erst räumte er in einem emotionalen Zeitungsinterview gesundheitliche Probleme und Schlafmittelkonsum ein, dann rauchte er auch noch vor laufender Kamera einen Marihuana-Joint.
Marihuana spielte der SEC zufolge auch eine Rolle bei der Festlegung auf einen Kaufkurs von 420 Dollar. Musk sei davon ausgegangen, dass der saudi-arabische Fonds einen Aufpreis von 20 Prozent zahlen würde und sei auf 419 Dollar gekommen. Dann habe er auf 420 Dollar aufgerundet - weil die Zahl in der amerikanischen Pop-Kultur ein Synonym für regelmäßigen Marihuana-Konsum sei und er gedacht habe, dass seine Freundin dies lustig finden würde.

Zum merkwürdigen Verhalten Musks gehört auch eine Fehde mit einem britischen Taucher. Dieser hatte im Juli bei der dramatischen Rettung eines thailändischen Fußball-Teams mitgeholfen, das tagelang in einer überschwemmten Höhle eingeschlossen war. Musk hatte ihn als Pädophilen geschimpft und brockte sich damit eine Verleumdungsklage ein. Und zu allem Überfluss läuft es auch bei Tesla alles andere als rund: In den vergangenen Monaten verließen viele Top-Manager das Unternehmen, und die Produktionsziele beim neuen günstigeren Model 3 wurden erst Monate später erreicht.

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