VW-Abgas-Skandal Die wichtigsten Fragen zum Dieselgate bei Volkswagen

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Die Kosten sind kaum absehbar

Welche Folgen hat das Dieselgate für das Unternehmen Volkswagen?

Der Chef ist weg, mit dem ehemaligen Porsche-Chef Matthias Müller steht jetzt ein Neuer an der Spitze des Vorstands. Auch der Aufsichtsratsvorsitz hat gewechselt, Interims-Lösung Berthold Huber hat an den ehemaligen Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch übergeben – dieser Wechsel hätte früher oder später aber auch ohne den Skandal stattgefunden. Außerdem wurden die Entwicklungschefs von Volkswagen (Heinz-Jakob Neußer), Audi (Ulrich Hackenberg) und Porsche (Wolfgang Hatz) beurlaubt – alle drei waren während des Zeitraums des Betrugs entweder in der Motoren- oder der Gesamtentwicklung verantwortlich. Ob – und wenn ja zu welchem Zeitpunkt – sie von dem Einbau der Manipulations-Software wussten, müssen jetzt interne Revision und US-Anwälte klären.

Der VW-Abgas-Skandal im Überblick

Darüber hinaus hat Volkswagen im Zuge der Wechsel im Vorstand den eigentlich für Mitte Oktober angesetzten Konzernumbau bereits Ende September vollzogen. Der Konzern ist jetzt in vier Markengruppen unterteilt: Die Volumenmarken Volkswagen Pkw, Skoda und Seat, die Audi-Gruppe mit Lamborghini und Ducati, die Luxusmarken mit Porsche, Bentley und Bugatti sowie die Nutzfahrzeuge mit Volkswagen Nfz, MAN und Scania können ab sofort unabhängiger von der Wolfsburger Konzernzentrale agieren.

Das zentrale Produktionsressort auf Konzernebene wurde abgeschafft, Vertriebsvorstand Christian Klingler hat den Konzern verlassen. Dafür wurde für das Nordamerika-Geschäft eine neue Verantwortlichkeit geschaffen, die mit dem ehemaligen Skoda-Chef Winfried Vahland besetzt wurde.

Was kostet der Skandal?

Die gesamten finanziellen Folgen des Dieselgates sind noch nicht absehbar. Im dritten Quartal hat der Autobauer bereits 6,5 Milliarden Euro zurückgestellt. Doch Experten sind sich einig, dass diese Summe bei weitem nicht ausreichen wird. Es gibt derzeit zu viele Unwägbarkeiten, um eine belastbare Summe nennen zu können. Wie hoch wird die Strafe, die die EPA verhängt? Wie teuer werden die Schadenersatzklagen von Investoren und Kunden? Was kostet der gesamte Rückruf am Ende? Und nicht zuletzt: Wie viele Kunden – und damit Umsatz – verliert der Konzern, weil ein Teil der Autokäufer das Vertrauen verloren hat und zur Konkurrenz wechselt? Bis diese Fragen nicht beantwortet sind oder sich zumindest eine Lösung abzeichnet, können die Kosten vom niedrigen zweistelligen bis hin zum dreistelligen Milliardenbereich reichen – je nach dem, welchen Experten man fragt.

Kommt jetzt eine Kapitalerhöhung, um die Kosten das Skandals zu decken?

Zwar stehen dem Konzern auch andere Möglichkeiten offen, sich Kapital zu beschaffen – er könnte Anleihen refinanzieren oder sich bei Banken Geld leihen – doch zunächst gilt ein Verkauf von Aktien als wahrscheinlicher. Diese Wahrscheinlichkeit steigt noch, wenn die Kosten für die Beseitigung des Skandals höher als 32 Milliarden Euro ausfallen, sagt der Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler der Nachrichtenagentur "Bloomberg".

So könnte VW die "Dieselgate"-Kosten schultern

"Die Wahrscheinlichkeit einer Kapitalerhöhung liegt bei über 50 Prozent," sagte Pieper. "Volkswagen muss das in seinem Schlachtplan vorsehen. Bevor sie daran gehen würden, Geschäftsbereiche zu verkaufen, würden sie mit Sicherheit das Kapital erhöhen. Das ist ein eleganter Weg, an Geld zu kommen ohne auf der Stimmrechts-Seite etwas zu ändern."

Eine Kapitalerhöhung würde den Wert der viel stärker gehandelten Vorzugsaktien verwässern - und das wissen die Investoren. Die Titel werden am Montagvormittag gegen 10 Uhr gegenüber den Stimmrechtsaktien mit einem Abschlag von mehr als 23 Euro gehandelt. Vor dem Skandal war es umgekehrt – die Vorzüge waren mehr wert.

Das neue Who is Who im VW-Konzern
Stefan Knirsch Quelle: Audi
Hinrich Woebcken Quelle: dpa
Neuer Generalbevollmächtigter für die Aggregate-Entwicklung: Ulrich EichhornVolkswagen hat einen neuen Koordinator für die Aggregate-Entwicklung auf Konzernebene. Der WirtschaftsWoche bestätigte Ulrich Eichhorn, dass er im Frühjahr zu VW zurückkehrt. Der 54-Jährige kommt vom Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA), wo er die Verantwortung für die Bereiche Technik und Umwelt inne hatte. Zuvor war Eichhorn neun Jahre lang Entwicklungsvorstand bei der VW-Tochter Bentley. Eichhorn wird nicht Mitglied des Vorstands, sondern berichtet als Generalbevollmächtigter direkt an VW-Chef Matthias Müller – ähnlich wie der neue Chef-Stratege Thomas Sedran. Quelle: Presse
Der neue Generalbevollmächtigte für Außen- und Regierungsbeziehungen: Thomas StegEs ist kein Wechsel der Funktion, sondern der Zuordnung: Thomas Steg ist seit 2012 Generalbevollmächtigter des Volkswagen-Konzerns für Außen- und Regierungsbeziehungen. Bislang war dieser Bereich Bestandteil der Konzernkommunikation. Jetzt ist das Team um Steg als eigenständiger Bereich in das Ressort von VW-Chef Matthias Müller zugeordnet, an den Steg persönlich berichtet. Der diplomierte Sozialwissenschaftler wird zusätzlich das Thema Nachhaltigkeit verantworten. „Mit der Bündelung der Konzernzuständigkeiten und der neuen Zuordnung des Themas Nachhaltigkeit trägt Volkswagen dessen wachsendem Gewicht Rechnung“, teilte der Konzern mit. Steg begann seine berufliche Laufbahn 1986 als Redakteur der Braunschweiger Zeitung. Danach war er Pressesprecher zunächst des DGB Niedersachsen/Bremen, ab 1991 des Niedersächsischen Sozialministeriums und ab 1995 der SPD-Landtagsfraktion Niedersachsen. 1998 übernahm er im Bundeskanzleramt die stellvertretende Leitung des Büros von Bundeskanzler Gerhard Schröder, ab 2002 war er stellvertretender Regierungssprecher, ab 2009 selbstständiger Kommunikationsberater. Quelle: Presse
Der neue VW-Entwicklungsvorstand: Frank WelschKurz nach dem Bekanntwerden von Dieselgate wurde der Entwicklungsvorstand der Marke VW, Heinz-Jakob Neußer, beurlaubt. Bei der Aufsichtsratssitzung am 9. Dezember ernannte das Kontrollgremium Frank Welsch zu seinem Nachfolger. Der promovierte Maschinenbau-Ingenieur ist seit 1994 im Konzern. Über verschiedene Stationen in der Karosserie-Entwicklung, als Entwicklungsleiter in Shanghai und Leiter der Entwicklung Karosserie, Ausstattung und Sicherheit der Marke Volkswagen arbeitete er sich zum Entwicklungsvorstand von Skoda hoch. Diesen Posten hatte Welsch seit 2012 inne.Sein Vorgänger Neußer verlässt den Konzern allerdings nicht, sondern steht laut VW-Mitteilung "dem Unternehmen für eine andere Aufgabe zur Verfügung". Quelle: Volkswagen
Der neue VW-Beschaffungsvorstand: Ralf BrandstätterRalf Brandstätter wird Vorstand für Beschaffung der Marke Volkswagen. Der 47-Jährige folgt in seiner neuen Funktion auf Francisco Javier Garcia Sanz, der die Aufgabe als Markenvorstand in Personalunion zusätzlich zu seiner Funktion als Konzernvorstand für den Geschäftsbereich Beschaffung wahrgenommen hatte. In Zukunft wird Garcia Sanz zusätzlich zu seinen Aufgaben als Konzernvorstand Beschaffung die Aufarbeitung der Diesel-Thematik betreuen. Brandstätter kam 1993 in den Konzern. Seit dem ist der Wirtschaftsingenieur in verschiedensten Posten für die Beschaffung verantwortlich gewesen, zuletzt als Leiter Beschaffung neue Produktanläufe. Zwischenzeitlich war er auch Mitglied des Seat-Vorstands. Seit Oktober 2015 ist Brandstätter auch Generalbevollmächtigter der Volkswagen AG. Brandstätter berichtet wie der ebenfalls neu berufene Entwicklungschef Frank Welsch direkt an VW-Markenvorstand Herbert Diess. Quelle: Volkswagen
Neuer VW-Personalvorstand: Karlheinz BlessingMitten in der größten Krise der Konzerngeschichte bekommt Volkswagen mit dem Stahlmanager Karlheinz Blessing einen neuen Personalvorstand. Der Aufsichtsrat stimmte am 9. Dezember bei seiner Sitzung dem Vorschlag der Arbeitnehmerseite für den vakanten Spitzenposten bei Europas größtem Autobauer zu. Blessing folgt damit auf den bisherigen Personalvorstand Horst Neumann, dieser war Ende November in den Ruhestand gegangen. Der Ernennung war eine lange Suche nach einem geeigneten Kandidaten vorausgegangen. Blessing (58) ist seit 2011 Vorstandsvorsitzender der Stahlherstellers Dillinger Hütte. Zuvor war er Büroleiter des damaligen IG Metall-Vorsitzenden Franz Steinkühler und Anfang der 1990er Jahre Bundesgeschäftsführer der SPD. 1993 ersetzte er als Arbeitsdirektor bei der Dillinger Hütte Peter Hartz, der damals zu VW nach Wolfsburg ging. Blessing sei gut in der IG Metall vernetzt, habe aber auch unternehmerische Erfahrung, hieß es in den Konzernkreisen. Quelle: dpa

Die Vorzugsaktien, die im Dax geführt werden, waren an fast jedem einzelnen Börsentag seit 2010 höher bewertet als die Stimmrechtstitel. Letztere werden kaum gehandelt – fast 90 Prozent davon sind in festen Händen: bei der Porsche-Piech-Familie, beim Land Niedersachsen und beim Staatsfonds von Katar.

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